City of Lost Souls
prustend gegen eine Hauswand sinken, Seite an Seite, mit verschränkten Händen. Einen kurzen Augenblick lang war Clary einfach nur glücklich. Sie musste den Kopf an Jace’ Schulter drücken und sich in scharfem Ton ermahnen, dass dieser Junge nicht der richtige Jace war, bevor ihr Lachen schließlich verstummte.
Jace schien ihr plötzliches Schweigen als Zeichen von Müdigkeit zu deuten. Er hielt Clary locker an der Hand, während sie sich auf den Rückweg machten – zu dem schmalen Kanal mit einer Brücke an beiden Enden. Zwischen den beiden Brücken erkannte Clary das kahle, unauffällige Stadthaus wieder, das sie Stunden zuvor verlassen hatten, und sie spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief.
»Ist dir kalt?«, fragte Jace, zog sie an sich und küsste sie. Er war so viel größer als Clary, dass er sich dafür entweder bücken oder sie hochheben musste – was er in diesem Fall tat. Clary unterdrückte ein Keuchen, als er sie um sich herumwirbelte und einfach durch die Hausmauer hindurchschwang . Erst dann setzte er sie ab, trat die Tür, die wie aus dem Nichts hinter ihnen erschienen war, mit Schwung zu und wollte gerade seine Jacke abstreifen, als ein gedämpftes Lachen aus der Dunkelheit erklang.
Sofort löste sich Clary von Jace, während der Raum in helles Licht getaucht wurde.
Sebastian lümmelte auf dem Sofa, die Füße auf dem Couchtisch. Sein blondes Haar war zerzaust und seine Augen glänzten dunkel. Er war nicht allein. Zwei Mädchen saßen links und rechts von ihm: eine spärlich bekleidete Blondine in einem glitzernden Minirock und einem tief ausgeschnittenen paillettenbesetzten Top, die eine Hand auf Sebastians Brust gelegt hatte, und ein etwas jüngeres, sanfter wirkendes Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren, einem roten Stirnband und einem schwarzen Spitzenkleid.
Clary spürte, wie ihre innere Anspannung beim Anblick der Dunkelhaarigen wuchs. Eine Vampirin, schoss es ihr durch den Kopf. Sie konnte nicht sagen, woher sie das wusste, aber es gab überhaupt keinen Zweifel. Vielleicht hatte sie es am wächsernen weißen Glanz der Haut oder den leeren Augen erkannt. Oder vielleicht lernte sie auch einfach nur, solche Dinge zu spüren – so wie alle Nephilim die Anwesenheit von Schattenwesen instinktiv erfassten.
Und die Dunkelhaarige wusste, dass Clary Bescheid wusste, denn sie grinste und zeigte ihre kleinen spitzen Zähne. Dann beugte sie sich vor und fuhr mit den Fangzähnen über Sebastians Schlüsselbein. Dessen Lider senkten sich daraufhin flatternd, blonde Wimpern über dunklen Augen. Er ignorierte Jace und warf Clary einen lasziven Blick zu.
»Und, hast du dein kleines Date genossen?«, fragte er sie träge.
Clary wünschte, sie hätte darauf eine unfreundliche Antwort geben können; stattdessen nickte sie nur stumm.
»Na dann, willst du dich nicht zu uns setzen?«, fragte Sebastian und deutete auf sich und die beiden Mädchen. »Auf ein Glas Wein?«
Die Dunkelhaarige lachte und wandte sich auf Italienisch und in fragendem Ton an Sebastian.
»No«, erklärte Sebastian. »Lei è mia sorella.«
Das Mädchen richtete sich wieder auf und musterte Clary enttäuscht. Clary spürte, wie ihr Mund trocken wurde. Und dann fühlte sie plötzlich Jace’ Hand – seine rauen schwieligen Fingerspitzen an ihrer Handfläche. »Nein, ich denke, wir gehen besser nach oben. Bis morgen früh dann«, sagte er.
Sebastian hob die Hand und winkte zum Abschied mit den Fingern, wobei sein Morgenstern-Ring im Licht der Deckenlampe wie ein Leuchtfeuer funkelte. »Ci vediamo.«
Jace führte Clary aus dem Raum und die Glastreppe hinauf. Erst als sie den oberen Flur erreichten, hatte Clary das Gefühl, wieder frei atmen zu können. Der veränderte Jace war eine Sache, aber Sebastian war etwas völlig anderes – eine Aura immanenter Bedrohung ging ständig von ihm aus wie Rauch von einem Feuer.
»Was hat er gesagt?«, fragte Clary. »Ich meine das auf Italienisch.«
»Er hat gesagt, ›Nein, sie ist meine Schwester‹«, erläuterte Jace, übersetzte aber nicht, was das Mädchen Sebastian gefragt hatte.
»Macht er das oft?«, erkundigte Clary sich. Inzwischen standen sie vor Jace’ Zimmer. »Irgendwelche Mädchen mit nach Hause bringen?«
Sanft berührte Jace Clarys Gesicht. »Sebastian tut, was er will, und ich stelle keine Fragen«, sagte er. »Von mir aus könnte er ein baumhohes rosa Kaninchen im Bikini mit nach Hause bringen – es geht mich nichts an. Aber falls du wissen willst, ob
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