City of Lost Souls
Brust höllisch wehtun musste. »Der Plan, Lilith heraufzubeschwören und einen neuen Kelch anzufertigen, um eine dunkle Armee zu erschaffen … dieser Plan stammt nicht von Sebastian. Er stammt von mir.«
Clary erstarrte. »Was?«
»Sebastian wusste zwar, was er wollte, aber ich war derjenige, der herausgefunden hat, wie sich das erreichen lässt. Dieser zweite Engelskelch – ich hab ihn auf diese Idee gebracht.« Jace krümmte sich vor Schmerzen; Clary konnte sich ausmalen, was unter dem Gewebe seines Hemds gerade geschah: Seine Haut, die sich wieder schloss, Liliths Rune, die verheilte und in neuem Glanz erstrahlte. »Oder sollte ich lieber sagen, er war es … dieses Wesen, das aussieht wie ich, aber nicht ich selbst bin? Er würde die ganze Welt niederbrennen, wenn Sebastian es von ihm verlangt, und lachend zusehen, wie sie untergeht. Und dieses Wesen rettest du, Clary. Dieses Wesen. Verstehst du es denn nicht? Ich wäre lieber tot … « Jace verstummte abrupt und krümmte sich; seine Schultermuskulatur verkrampfte sich, während er vom Schmerz überrollt wurde.
Clary erinnerte sich daran, wie sie ihn in der Stadt der Stille in den Armen gehalten hatte, als die Stillen Brüder sein Gehirn durchforstet hatten, auf der Suche nach Antworten …
Plötzlich schaute Jace auf, ein verwirrter Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Seine Augen suchten nicht sie, sondern Sebastian. Clarys Herz fühlte sich mit einem Mal schwer an, obwohl sie wusste, dass es ihre eigene Schuld war.
»Was ist los?«, fragte Jace.
Sebastian grinste ihn an. »Willkommen daheim.«
Jace blinzelte einen Moment verwundert und wirkte plötzlich in sich gekehrt – wie jedes Mal, wenn Clary etwas zur Sprache gebracht hatte, das er nicht verarbeiten konnte: Max’ Ermordung, die Schlacht in Alicante, der Kummer, den er seiner Familie bereitete. »Ist es schon so weit?«, fragte er.
Mit einer theatralischen Geste warf Sebastian einen Blick auf seine Uhr. »Beinahe. Warum gehst du nicht schon vor und wir kommen nach? Du könntest die ersten Vorbereitungen treffen.«
Rasch schaute Jace sich um. »Der Kelch – wo ist er?«
Sebastian nahm den Kelch von der Küchentheke. »Hier steht er doch. Sind wir heute ein wenig geistesabwesend?«
Ein Lächeln umspielte Jace’ Mund und er schnappte sich den Kelch, entspannt und gut gelaunt. Nichts erinnerte an den jungen Mann, der sich wenige Momente zuvor vor Sebastian aufgebaut und ihm mitgeteilt hatte, dass er ihn hassen würde. »Okay, ich treff dich dann dort«, sagte er, drehte sich anschließend zu Clary um, die noch immer wie erstarrt war, und küsste sie auf die Wange. »Dich natürlich auch.«
Als er sich von ihr löste und ihr zum Abschied zuwinkte, erkannte Clary aufrichtige Zuneigung in seinen Augen – doch das spielte keine Rolle. Dies hier war nicht ihr Jace, ganz eindeutig nicht. Sie schaute ihm benommen nach, während er sich vor die Wand stellte und seine Stele zückte. Im nächsten Moment öffnete sich eine Tür in der Wand und Clary konnte einen kurzen Blick auf den Himmel und eine felsige Landschaft werfen. Dann schloss sich die Tür hinter ihm und er war verschwunden.
Clary grub die Fingernägel in die Handflächen.
Dieses Wesen, das aussieht wie ich, aber nicht ich selbst bin? Er würde die ganze Welt niederbrennen, wenn Sebastian es von ihm verlangt, und lachend zusehen, wie sie untergeht. Und dieses Wesen rettest du, Clary. Dieses Wesen. Verstehst du es denn nicht? Ich wäre lieber tot …
Ein Kloß brannte in ihrer Kehle und sie zwang sich mühsam, die Tränen hinunterzuschlucken, als ihr Bruder sie auch schon mit leuchtenden schwarzen Augen betrachtete. »Du hast mich gerufen«, sagte er.
»Jace wollte sich dem Rat stellen«, wisperte Clary, wobei sie nicht wusste, wem gegenüber sie sich eigentlich verteidigte. Sie hatte getan, was getan werden musste, mit der einzigen Waffe, die ihr zur Verfügung stand – auch wenn sie diese abgrundtief verabscheute. »Der Rat hätte ihn getötet.«
»Du hast tatsächlich mich gerufen«, wiederholte Sebastian und trat einen Schritt auf sie zu. Langsam nahm er eine von Clarys Haarsträhnen, die ihr ins Gesicht gefallen war, und schob sie ihr hinters Ohr. »Dann hat er dich also eingeweiht? Dir den ganzen Plan erzählt?«
Clary musste sich beherrschen, um nicht vor Abscheu zurückzuzucken. »Nein, nicht den ganzen Plan. Ich weiß zum Beispiel nicht, was heute Abend passieren soll. Was hat Jace mit ›Ist es schon so weit?‹
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