City of Lost Souls
entschuldigendem Ton. »Sie lebt allein, deshalb war man sich nicht sicher … Aber wir haben uns gedacht, wo du doch ihren Bruder kennst … «
Ohne große Umschweife drückte Alec die Tür der Bibliothek auf. Isabelle drängte sich hinter ihn und warf einen Blick auf ihre Mutter, die hinter dem wuchtigen Mahagonischreibtisch in der Mitte des Raums thronte. Vor dem Tisch standen zwei vertraute Gestalten, die sich überrascht umschauten: Aline Penhallow in Schattenjägerkluft und neben ihr Helen Blackthorn mit zerzausten Ringellocken und bleichem Gesicht unter den zahlreichen Sommersprossen. Auch sie trug die schwarze Kampfmontur, wodurch ihre Haut noch blasser wirkte.
»Isabelle«, stieß Maryse hervor und stand auf. »Alexander. Was ist passiert?«
Aline tastete nach Helens Hand. Silberne Ringe blitzten an den Fingern der beiden jungen Frauen auf: an Helens Finger der Penhallow-Ring mit der Gravur einer Gebirgslandschaft, und das kunstvoll verwobene Dornendesign des Blackthorn-Familienrings an Alines Hand.
Isabelle zog die Augenbrauen hoch: Der Tausch der Familienringe war eine ernsthafte Angelegenheit.
»Falls wir ungelegen kommen, können wir auch später … «, setzte Aline an.
»Nein, bitte bleibt«, erklärte Izzy und trat an den Schreibtisch. »Möglicherweise brauchen wir euch.«
Maryse setzte sich wieder auf ihren Bürostuhl und lehnte sich zurück. »Sieh mal einer an«, sagte sie, »meine Kinder beehren mich mit ihrer Anwesenheit. Wo habt ihr beide gesteckt?«
»Das hab ich dir doch geschrieben«, erwiderte Isabelle. »Wir waren bei Magnus.«
»Warum?«, hakte Maryse fordernd nach. »Und diese Frage stelle ich nicht dir, Alexander, sondern meiner Tochter.«
»Weil die Ratsmitglieder die Suche nach Jace eingestellt haben – aber wir nicht«, erwiderte Isabelle.
»Magnus war bereit, uns zu helfen«, fügte Alec hinzu. »Er hat sich die letzten Nächte um die Ohren geschlagen und zig Zauberbücher durchgeforstet, um herauszufinden, wo Jace sein könnte. Mithilfe einer Beschwörungsformel hat er sogar … «
»Warte!« Maryse hob rasch eine Hand hoch, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Nein, sag es mir nicht. Ich will es gar nicht wissen.«
Plötzlich begann das schwarze Telefon auf dem schweren Schreibtisch zu läuten und alle Anwesenden starrten wie gebannt darauf – der Anruf konnte nur aus Idris kommen. Doch niemand rührte sich, bis das Klingeln wenige Sekunden später wieder aufhörte.
»Und warum seid ihr jetzt hier?« Maryse widmete ihre Aufmerksamkeit wieder ihren Kindern und musterte sie stirnrunzelnd.
»Wir haben nach Jace gesucht … «, setzte Isabelle erneut an.
»Das ist die Aufgabe des Rats«, fauchte Maryse. Sie sah erschöpft aus: Die Haut unter ihren Augen wirkte dünn und durchscheinend und die Falten an ihrem Mund verliehen ihren Lippen eine grimmige Note. Außerdem war sie so mager, dass die Knöchel ihrer Handgelenke sich deutlich unter der Haut abzeichneten. »Und nicht eure!«, fügte sie hinzu.
Bei diesen Worten schlug Alec so fest mit der Hand auf den Tisch, dass die Schubladen klapperten. »Hörst du jetzt endlich mal zu?! Die Ratsmitglieder haben Jace nicht gefunden, aber wir schon. Und Sebastian gleich dazu. Wir wissen jetzt, was sie vorhaben, und uns bleibt … « Er warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. »…kaum noch Zeit, sie aufzuhalten. Wirst du uns nun helfen oder nicht?«
Das schwarze Telefon läutete erneut. Und ein weiteres Mal rührte Maryse keinen Finger, um das Gespräch anzunehmen. Stattdessen starrte sie Alec an, mit kreidebleichem Gesicht. »Ihr habt was?«
»Wir haben Jace gefunden, Mom, oder zumindest wissen wir, wo er sich bald aufhalten wird. Und was er vorhat«, sprudelte Isabelle hervor. »Wir kennen jetzt Sebastians Plan – und er muss unbedingt daran gehindert werden. Und, ach ja, wir wissen übrigens auch, wie wir Sebastian töten können, ohne Jace zu verletzen … «
»Halt.« Maryse schüttelte den Kopf. »Alexander, erklär du mir das Ganze. Knapp und präzise und ohne hysterische Anflüge. Danke.«
Mit wenigen Worten fasste Alec die Ereignisse zusammen. Dabei ließ er nach Isabelles Meinung zwar alle interessanten Details aus, aber am Ende seines Berichts starrten Aline und Helen ihn sprachlos an, während Maryse vollkommen reglos dasaß und ihn mit unbewegter Miene musterte.
»Warum habt ihr das alles getan?«, brachte sie schließlich mit tonloser Stimme hervor.
Alec schaute sie verwirrt an.
»Für Jace«, warf
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