City of Lost Souls
das.« Isabelle strich ihm die Haare aus der Stirn. Ihr Ton war bestimmt: wild entschlossen wie eine Bärenmutter, die ihr Junges verteidigt.
Jace fielen bereits die Augen zu. »Aber ihr lasst mich nicht allein?«
»Nein«, sagte Alec. »Nein, wir werden dich niemals allein lassen. Das weißt du doch.«
»Niemals«, bestätigte Isabelle, nahm Jace’ andere Hand und drückte sie fest. »Lightwood, auf immer vereint«, flüsterte sie.
Jace spürte, dass sich seine Hand plötzlich feucht anfühlte, und erkannte, dass Isabelle Tränen übers Gesicht liefen … sie weinte seinetwegen, weil sie ihn liebte, selbst nach allem, was passiert war.
Beide liebten ihn – Alec und Isabelle.
Mit diesem Gedanken schlief er ein, Isabelle zu seiner Linken und Alec zu seiner Rechten, während in der Ferne die Morgensonne über dem Horizont aufstieg.
»Was soll das heißen, ich kann ihn noch immer nicht besuchen?«, fragte Clary aufgebracht. Sie saß auf dem Rand der Couch in Lukes Wohnzimmer und hatte die Telefonschnur so fest um ihre Finger gewickelt, dass die Kuppen sich bereits weiß verfärbten.
»Es sind doch gerade erst drei Tage vergangen und davon hat er zwei im Koma gelegen«, erwiderte Isabelle.
Hinter ihr ertönten Stimmen und Clary spitzte die Ohren. Sie glaubte, Maryses Stimme zu erkennen, aber redete sie mit Jace? Oder mit Alec?
»Die Brüder der Stille führen noch immer Untersuchungen durch und lassen keine Besucher zu ihm«, fügte Isabelle hinzu.
»Die Stillen Brüder können mich mal kreuzweise.«
»Igitt! Nein danke! Ich hab ja nichts gegen Typen von der Sorte ›stark, aber schweigsam‹, doch das geht selbst mir zu weit … «
»Isabelle!« Clary setzte sich auf und lehnte sich gegen die weichen Kissen. Es war ein strahlender Herbsttag und die Sonne schien hell durch das Wohnzimmerfenster, aber auch das konnte Clarys Stimmung nicht aufheitern. »Ich möchte doch einfach nur wissen, ob es ihm gut geht … dass er keine bleibenden Schäden zurückbehält und nicht angeschwollen ist wie ein Kürbis … «
»Selbstverständlich ist er nicht angeschwollen wie ein Kürbis! Sei doch nicht albern.«
»Aber woher soll ich das denn wissen? Mir erzählt doch keiner was!«
»Es geht ihm gut«, erklärte Isabelle, doch ein seltsamer Unterton in ihrer Stimme verriet Clary, dass sie ihr etwas verschwieg. »Alec schläft nachts im Bett neben Jace und Mom und ich leisten ihm abwechselnd tagsüber Gesellschaft. Die Stillen Brüder haben ihn nicht gefoltert. Sie wollen einfach nur alles erfahren, was er weiß: Über Sebastian, die Wohnung, einfach alles.«
»Aber ich kann nicht glauben, dass Jace mich nicht wenigstens anrufen würde, wenn er dazu in der Lage wäre. Es sei denn, er will mich gar nicht sehen.«
»Vielleicht will er das ja wirklich nicht«, sagte Isabelle. »Was möglicherweise damit zusammenhängt, dass du ihn niedergestochen hast.«
»Isabelle … «
»Das war nur ein Scherz. Aber beim Erzengel, Clary, kannst du nicht etwas geduldiger sein?«, seufzte Isabelle und fügte dann hinzu: »Ach, schon gut. Ich hatte ganz vergessen, mit wem ich hier rede. Hör zu, auch wenn ich dir das jetzt eigentlich nicht erzählen sollte: Jace hat gesagt, dass er mit dir persönlich reden muss. Wenn du dich also einfach gedulden könntest … «
»Genau das tu ich doch! Seit Tagen mach ich nichts anderes, als mich zu gedulden«, entgegnete Clary. Und das entsprach der Wahrheit: Die letzten beiden Nächte hatte sie in ihrem Zimmer in Lukes Haus stundenlang wach gelegen, auf Neuigkeiten über Jace’ Zustand gewartet und die vergangene Woche in allen qualvollen Details wieder und wieder Revue passieren lassen: Die Wilde Jagd; der Trödelladen in Prag; Brunnen voller Blut; Sebastians nachtschwarze Augen; Jace’ Körper an ihrem; Sebastian, der ihr den Höllenkelch an die Lippen presst und versucht, sie zum Trinken zu zwingen; der bittere Gestank von Dämonensekret. Glorious, das Schwert des Erzengels, das Jace wie ein Flammenstrahl durchbohrt hatte; Jace’ Herzschlag unter ihren Fingerspitzen. Er hatte die Augen nicht geöffnet, aber Clary hatte trotzdem laut gebrüllt, dass er noch lebte, dass sein Herz schlug, woraufhin Jace’ Familie herbeigestürmt war, inklusive Alec, der einen leichenblassen Magnus stützte. »Seit Tagen drehen sich meine Gedanken im Kreis und ich kann an nichts anderes denken. Das macht mich noch wahnsinnig.«
»Das versteh ich. Weißt du was, Clary?«
»Was?«
Einen Moment herrschte
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