City of Lost Souls
löste sich von ihr und Clary stieß ihn weg und zerrte den Saum ihres Trägertops hinunter. Vollkommen ungerührt setzte Jace sich auf und grinste die Gestalt im Türrahmen an. »Also, echt«, meinte er leicht tadelnd. »Du hast wirklich das mieseste Timing, seit Napoleon auf die Idee kam, der tiefste Winter sei der richtige Zeitpunkt für eine Invasion Russlands.«
In der Tür stand Sebastian.
Aus der Nähe konnte Clary deutlich erkennen, dass er sich seit ihrer ersten Begegnung in Idris verändert hatte: Seine Haare waren papierweiß, seine Augen wie schwarze Tunnel, gesäumt von langen Wimpern, die an Spinnenbeine erinnerten. Er trug ein weißes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln und Clary entdeckte eine rote Narbe, die sich wie ein gerilltes Armband um sein rechtes Handgelenk wand, während in seiner Handfläche eine ziemlich frische, wulstige Narbe leuchtete.
»Dir ist schon klar, dass du da gerade meine Schwester schändest«, bemerkte er in Jace’ Richtung, wobei eine gewisse Belustigung aus seiner Miene sprach.
»Tut mir leid«, erwiderte Jace, aber er klang nicht so. Dann ließ er sich geschmeidig auf die Bettdecke zurücksinken. »Wir konnten uns einfach nicht mehr bremsen.«
Clary schnappte nach Luft, was selbst in ihren eigenen Ohren überlaut klang. »Raus!«, knurrte sie in Sebastians Richtung.
Doch dieser lehnte sich lässig an den Türrahmen, woraufhin Clary verblüfft die Ähnlichkeit zwischen Sebastians und Jace’ Bewegungen registrierte. Die beiden sahen einander zwar nicht ähnlich, aber sie bewegten sich auf die gleiche Weise … als ob …
Als ob sie von ein und derselben Person ausgebildet worden waren.
»Na, na, na«, tadelte Sebastian, »spricht man so mit seinem großen Bruder?«
»Magnus hätte dich nicht zurückverwandeln sollen – dann würdest du noch heute wie ein Kleiderständer in Ragnor Fells Hütte herumstehen«, fauchte Clary.
»Ach, das weißt du noch? Ich fand ja, dass wir an diesem Tag unheimlich viel Spaß zusammen hatten«, entgegnete Sebastian spöttisch und Clary erinnerte sich mit einem mulmigen Gefühl im Magen daran, wie er sie zu den niedergebrannten Mauern von Jocelyns Elternhaus geführt hatte, wie er sie inmitten der Ruinen geküsst hatte, obwohl er die ganze Zeit wusste, in welchem Verwandtschaftsverhältnis sie tatsächlich zueinander standen – und wie er sich darüber gefreut hatte, dass sie selbst vollkommen ahnungslos gewesen war.
Clary warf Jace einen raschen Seitenblick zu. Er wusste ganz genau, dass Sebastian sie geküsst hatte. Sebastian hatte ihn damit aufgezogen, woraufhin Jace ihn beinahe getötet hatte. Doch nun wirkte er nicht wütend; stattdessen schien er amüsiert und bestenfalls leicht verärgert darüber, dass man Clary und ihn unterbrochen hatte.
»Das sollten wir unbedingt noch mal machen«, schlug Sebastian vor und betrachtete eingehend seine Fingernägel. »Ein wenig Zeit mit der Familie verbringen.«
»Es interessiert mich nicht, was du denkst. Du bist nicht mein Bruder«, schnaubte Clary. »Du bist ein Mörder.«
»Ich wüsste wirklich nicht, wieso das eine das andere ausschließen sollte. War bei unserem guten alten Dad ja auch nicht der Fall«, erwiderte Sebastian und ließ seinen Blick wieder zu Jace schweifen. »Normalerweise mische ich mich ja höchst ungern in das Liebesleben eines Freundes ein, aber ich hab echt keine Lust, ewig lange hier draußen im Flur rumzustehen. Zumal ich kein Licht einschalten kann. Das ist total langweilig.«
Jace richtete sich auf und zog sein hochgerutschtes T-Shirt zurecht. »Gib uns fünf Minuten.«
Sebastian seufzte übertrieben und schloss dann die Tür.
Wütend starrte Clary Jace an: »Was zum Teu … «
»Achte auf deine Worte, Fray!« Jace’ Augen funkelten belustigt. »Und entspann dich.«
Doch Clary zeigte aufgebracht mit dem Finger auf die Tür. »Du hast gehört, was er gesagt hat. Über den Tag, als er mich geküsst hat. Damals hat er genau gewusst, dass ich seine Schwester bin. Jace … «
Plötzlich flammte etwas in Jace’ Augen auf und trübte ihren Goldton – doch es schien, als wären Clarys Worte von einer Teflonschicht abgeperlt, ohne den geringsten Eindruck zu hinterlassen.
Betroffen zog Clary sich zurück. »Jace, hast du überhaupt mitbekommen, was ich gesagt habe? Hörst du mir eigentlich zu?«
»Ich verstehe ja, dass du dich unwohl fühlst, während dein Bruder draußen im Flur wartet. Eigentlich hatte ich gar nicht vor, dich zu küssen.« Jace grinste auf
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