City of Lost Souls
Finsternis wird kommen. Und sie wird die Menschheit mit Feuer und Schatten von der Erde vertilgen, und wenn sie sich gelegt hat, wird von deinen heißgeliebten Schattenjägern keiner mehr übrig sein. Wir, die Kinder der Nacht, werden die Finsternis überstehen, denn wir leben in der Dunkelheit. Aber wenn du weiterhin verleugnest, wer du bist, wirst auch du vernichtet werden und niemand wird einen Finger rühren, um dir zu helfen.«
Ohne darüber nachzudenken, griff Simon sich an die Stirn und berührte das Kainsmal.
Doch Raphael lachte freudlos. »Ah ja, das Engelszeichen auf deiner Haut. Doch im Zeitalter der Finsternis werden sogar die Engel vernichtet werden. Ihre Macht wird dir nicht helfen. Also fang besser schon einmal an zu beten, Tageslichtler, dass du dieses Zeichen nicht verlierst, ehe der Krieg beginnt. Denn solltest du es verlieren, werden deine Feinde Schlange stehen, um dich zu töten. Und ich werde in vorderster Front dabei sein.«
Clary hatte eine ganze Weile auf Magnus’ Bettsofa gelegen, die Hände im Nacken verschränkt. Sie hatte gehört, wie ihre Mutter den Flur zu einem der angrenzenden Gästezimmer durchquert und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Durch die Zimmertür konnte Clary Magnus und Alec hören, die sich mit gesenkten Stimmen im Wohnzimmer unterhielten. Natürlich konnte sie warten, bis die beiden schlafen gegangen waren, aber Alec hatte erzählt, dass Magnus die letzten Nächte immer lange aufgeblieben war, um Liliths Runen zu entziffern. Und obwohl Bruder Zachariah deren Bedeutung offenbar entschlüsselt hatte, konnte sie nicht darauf vertrauen, dass Alec und Magnus sich bald zurückziehen würden.
Entschlossen setzte Clary sich auf, woraufhin Miau Tse-tung schläfrig protestierte. Nachdem sie eine Weile in ihrem Rucksack gewühlt hatte, holte sie eine transparente Plastikbox hervor und klappte sie auf. Darin lagen ihre Zeichenstifte, ein paar Kreidestummel – und ihre Stele.
Clary stand auf, schob die Stele in ihre Jackentasche, nahm ihr Mobiltelefon vom Tisch und tippte eine SMS: KOMM ZU TAKI’S. WARTE DORT AUF DICH. Dann sah sie zu, wie die Nachricht gesendet wurde, ließ das Handy in ihre Jeans gleiten und holte tief Luft.
Sie wusste, dass dies Magnus gegenüber nicht fair war. Schließlich hatte er ihrer Mutter versprochen, auf sie aufzupassen – und dazu zählte nicht, dass sie sich heimlich aus seiner Wohnung stahl. Aber sie selbst hatte bewusst den Mund gehalten, hatte nichts versprochen. Und außerdem ging es hier um Jace.
Du würdest alles tun, um ihm zu helfen. Ganz gleich, was es dich kosten würde, ganz gleich, was du dem Himmel oder der Hölle dafür schulden würdest, habe ich recht?
Clary holte ihre Stele hervor, setzte die Spitze auf die orange gestrichene Wand und begann, ein Portal zu zeichnen.
Ein lautes, wummerndes Hämmern riss Jordan aus dem Schlaf. Instinktiv fuhr er hoch, rollte sich zur Seite und landete in der Hocke auf dem Boden neben dem Bett. Das jahrelange Training bei den Praetor hatte ihm schnelle Reflexe beschert und einen besonders leichten Schlaf. Ein rascher Blick in den Raum verriet ihm, dass er leer war – lediglich der Mond warf einen Lichtkegel auf den Fußboden.
Das Wummern ertönte erneut und dieses Mal erkannte Jordan, worum es sich dabei handelte: Jemand hämmerte gegen die Wohnungstür. Da er wie immer nur mit Boxershorts bekleidet geschlafen hatte, sprang er hastig in seine Jeans, streifte ein T-Shirt über, riss die Tür seines Zimmers auf und marschierte in den Flur. Falls da draußen eine Horde betrunkener Studenten herumlief und sich einen Spaß daraus machte, an jeder einzelnen Wohnung im Haus zu hämmern, konnten sie sich auf einen stinkwütenden Werwolf gefasst machen.
Jordan streckte die Hand nach der Tür aus – und hielt inne. Vor seinem inneren Auge tauchte wieder dieses Bild auf, genau wie in den langen Stunden, bevor er endlich eingeschlafen war: Maia, die auf dem Gelände der alten Marinewerft vor ihm weggelaufen war; der Ausdruck auf ihrem Gesicht, als sie sich von ihm gelöst hatte. Er hatte sie zu sehr bedrängt, das wusste er, hatte zu viel verlangt, zu früh. Hatte wahrscheinlich alles vermasselt. Es sei denn … vielleicht hatte sie es sich ja anders überlegt. Als sie noch zusammen gewesen waren, hatte es eine Zeit gegeben, in der ihre Beziehung fast nur aus leidenschaftlichen Streitereien und gleichermaßen leidenschaftlichen Versöhnungen bestanden hatte.
Jordans Herz begann, wie wild zu
Weitere Kostenlose Bücher