City of Lost Souls
bei fünfzehn Jahren. Aber im Grunde kümmert sich niemand darum. Ich hab schon als kleines Kind bei Familienfeiern mit Wasser verdünnten Wein getrunken«, erklärte Isabelle und zuckte die Achseln, doch diese Geste wirkte etwas unkoordinierter als sonst.
»Okay. Also, falls du eine Nachricht für Simon hinterlassen willst oder ich ihm was ausrichten soll oder … «
»Nein.« Isabelle trank einen weiteren Schluck aus der Flasche. »Ich hab ordentlich vorgeglüht und bin extra hierhergekommen, um mit ihm zu reden, und natürlich steckt er bei Clary. War ja klar!«
»Ich hab gedacht, du wärst diejenige gewesen, die ihn überhaupt auf die Idee gebracht hat.«
»Ja.« Isabelle knibbelte am Etikett der Tequila-Flasche. »Stimmt.«
»Na, dann sag ihm doch einfach, er soll damit wieder aufhören«, schlug Jordan in einem Ton vor, der in seinen Ohren ganz vernünftig klang.
»Das kann ich nicht machen«, erwiderte Isabelle erschöpft. »Ich bin es ihr schuldig.«
Jordan stützte sich auf die Theke. Er kam sich vor wie ein Barkeeper aus einer dieser Fernsehserien, der seinen Gästen weise Ratschläge erteilt. »Was schuldest du ihr denn?«
»Mein Leben«, sagte Isabelle.
Verwundert starrte Jordan sie an. Das ging jetzt über seine Barkeeperfähigkeiten und Kummerkasten-Ratschläge weit hinaus. »Clary hat dir das Leben gerettet?«
»Sie hat Jace das Leben gerettet. Dabei hätte sie vom Erzengel Raziel alles verlangen können, aber sie hat meinen Bruder gerettet. Ich hab in meinem ganzen Leben bisher nur einer Handvoll Leuten vertraut. Wirklich vertraut. Meiner Mutter, Alec, Jace und Max. Und einen davon hab ich bereits verloren. Clary ist der einzige Grund, warum ich nicht noch einen verloren habe.«
»Meinst du, du wirst jemals jemandem wirklich vertrauen können, der nicht mit dir verwandt ist?«
»Mit Jace bin ich nicht verwandt. Jedenfalls nicht richtig«, bemerkte Isabelle, vermied aber jeden Blickkontakt mit Jordan.
»Du weißt, was ich meine«, erwiderte Jordan und warf einen bedeutungsvollen Blick auf Simons Zimmertür.
Izzy runzelte die Stirn. »Schattenjäger leben nach einem Ehrenkodex, Werwolf«, sagte sie und klang dabei wie eine typische arrogante Nephilim – was Jordan wieder daran erinnerte, warum so viele Schattenweltler die Nephilim nicht ausstehen konnten. »Clary hat einen Lightwood gerettet. Ich schulde ihr dafür mein Leben. Wenn ich ihr das nicht geben kann – und ich wüsste nicht, welche Verwendung sie dafür hätte – , dann sollte ich ihr zumindest etwas geben, das dafür sorgt, dass sie weniger unglücklich ist.«
»Du kannst ihr nicht Simon geben. Simon ist eine eigenständige Person, Isabelle. Er geht, wohin er will.«
»Sieht so aus«, bestätigte Isabelle. »Aber es scheint ihm nichts auszumachen, dahin zu gehen, wo sie ist, oder?«
Jordan zögerte. Irgendetwas an Isabelles Worten wirkte nicht ganz stimmig – andererseits hatte sie nicht vollkommen unrecht: Simon ging mit Clary auf eine lockere, entspannte Weise um, die er bei niemandem sonst zeigte. Da er selbst bisher nur ein einziges Mal verliebt gewesen war und dieses Mädchen nach wie vor liebte, fühlte Jordan sich nicht qualifiziert, zu diesem Thema Ratschläge zu erteilen; allerdings erinnerte er sich daran, wie Simon ihn leicht sarkastisch gewarnt hatte, dass Clary »einen richtigen, festen Freund, den Inbegriff eines festen Freundes« besitze. Jordan konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob sich hinter diesem Sarkasmus vielleicht Eifersucht verborgen hatte, aber er war sich auch nicht sicher, ob man seine erste große Liebe jemals vergessen konnte – insbesondere dann, wenn man dieses Mädchen tagtäglich vor der Nase hatte.
In dem Moment schnippte Isabelle ungeduldig mit den Fingern. »He, du! Hörst du mir überhaupt zu?« Sie neigte den Kopf leicht zu Seite, blies sich eine dunkle Haarsträhne aus dem Gesicht und warf Jordan einen scharfen Blick zu. »Was läuft da eigentlich zwischen dir und Maia?«
»Nichts.« Dieses einzelne Wort sprach Bände. »Ich bin mir nicht sicher, ob sie mich irgendwann mal nicht mehr hassen wird.«
»Möglicherweise nie«, erwiderte Isabelle. »Schließlich hat sie gute Gründe dafür.«
»Vielen Dank!«
»Ich halte nichts von Beschönigungen«, erklärte Izzy und schob die Tequila-Flasche von sich fort. Dann heftete sie ihre dunklen, funkelnden Augen auf Jordan und meinte mit gesenkter, verführerischer Stimme: »Komm mal her, Werwolf.«
Jordan musste schlucken; seine Kehle
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