City of Lost Souls
Pentagrammen und Runenkreisen besprüht war.
»Das Werk von Irdischen«, sagte Magnus und hielt einen Zweig für Isabelle beiseite. »Sie treiben ihre kleinen Spielchen mit der Magie, ohne wirklich zu verstehen, was sie da tun. Häufig fühlen sie sich von kraftvollen Orten – Zentren der Macht – wie diesem hier magisch angezogen, ohne sagen zu können, wieso. Und dann lungern sie eine Weile herum, betrinken sich und besprühen die Mauern mit ihren Zeichen, als könnte man der Magie einen menschlichen Stempel aufdrücken … « Inzwischen hatten sie eine mit Brettern zugenagelte Tür in der Außenmauer der Abtei erreicht. »Da wären wir.«
Angestrengt starrte Isabelle auf die Tür. Auch dieses Mal konnte sie auf den ersten Blick keinen Zauberglanz erkennen, doch als sie sich konzentrierte, kam ein schwacher Schimmer zum Vorschein – wie Sonnenstrahlen, die von einer Wasserfläche reflektiert wurden.
Jocelyn und Magnus tauschten einen Blick, dann wandte Jocelyn sich an Isabelle: »Bist du bereit?«
Als Isabelle nickte, ging Clarys Mutter kurzerhand voraus und verschwand durch die Bretter der Tür.
Erwartungsvoll schaute Magnus Isabelle an, während Alec sich zu ihr vorbeugte und seine Schwester leicht an der Schulter berührte. »Keine Sorge«, meinte er. »Es wird schon gut gehen, Izzy.«
Entschlossen hob Isabelle das Kinn. »Ich weiß«, erwiderte sie und folgte dann Jocelyn.
Erschrocken hielt Clary die Luft an, doch bevor sie etwas erwidern konnte, hörte sie Schritte auf der Treppe und Jace tauchte am anderen Ende des Flurs auf.
Sofort ließ Sebastian sie los, wirbelte sie herum und fuhr ihr mit einem wolfsartigen Lächeln durch die Haare. »Schön, dich wiederzusehen, Schwesterherz.«
Clary war sprachlos – im Gegensatz zu Jace. Er trug Jeans, ein weißes T-Shirt und darüber eine schwarze Lederjacke, aber keine Schuhe. Lautlos kam er auf sie zu. »Hast du Clary gerade umarmt?«, fragte er und schaute Sebastian verwundert an.
Sebastian zuckte die Achseln. »Sie ist meine Schwester. Ich freu mich, sie wiederzusehen.«
»Aber du bist nicht gerade der Typ, der andere umarmt«, stellte Jace fest.
»Ich hatte keine Zeit, ein Willkommensgeschenk zu kaufen.«
»Es ist alles in Ordnung«, pflichtete Clary ihrem Bruder mit einer abwiegelnden Handbewegung bei. »Ich bin gestolpert. Und er hat mich aufgefangen … damit ich nicht hinfalle.«
Falls es Sebastian überraschte, dass sie ihn verteidigte, ließ er es sich nicht anmerken. Mit ausdrucksloser Miene sah er zu, wie Clary auf Jace zuging, der sie zur Begrüßung auf die Wange küsste, seine Finger kühl auf ihrer Haut. »Was hast du hier oben gemacht?«, fragte er.
»Ich hab dich gesucht«, erklärte Clary achselzuckend. »Ich bin aufgewacht und konnte dich nirgends finden. Und da dachte ich, du würdest vielleicht noch schlafen.«
»Wie ich sehe, hast du den Kleiderschrank entdeckt.« Sebastian deutete auf Clarys grüne Bluse. »Gefallen dir die Sachen?«
Jace warf ihm einen scharfen Blick zu. »Wir waren kurz draußen, um was fürs Mittagessen einzukaufen«, erklärte er Clary. »Nichts Besonderes. Nur ein bisschen Brot und Käse. Hast du Hunger?«
Wenige Minuten später fand sich Clary an dem großen Glastisch wieder. Anhand der aufgetischten Lebensmittel – Brot, verschiedene italienische Käsesorten, Salami, Prosciutto, Trauben, Feigenkonfitüre und mehrere Flaschen Rotwein – schloss sie, dass sie mit ihrer zweiten Vermutung richtig gelegen hatte: Sie befanden sich in Venedig. Jace saß ihr gegenüber und Sebastian am Kopf des Tischs. Der Anblick erinnerte Clary auf unheimliche Weise an jenen Abend in Renwicks Ruine, als sie Valentin kennengelernt hatte und dieser sich zwischen Jace und sie ans Kopfende des großen Tischs gesetzt, ihnen Wein angeboten und dann eröffnet hatte, sie seien Bruder und Schwester.
Verstohlen warf sie ihrem leiblichen Bruder einen Blick zu und musste dabei an den Ausdruck auf dem Gesicht ihrer Mutter denken, als sie ihn gesehen hatte. Valentin. Aber Sebastian war nicht das exakte Ebenbild ihres gemeinsamen Vaters. Clary hatte Bilder von Valentin gesehen, als er so alt war wie sie jetzt. Die harten Kanten ihres Vaters wirkten in Sebastians Gesicht durch die feinen Züge ihrer Mutter abgemildert; außerdem war er zwar groß, aber nicht so breitschultrig, sondern anmutiger, raubtierartiger. Er besaß Jocelyns hohe Wangenknochen und fein geschwungene Lippen sowie Valentins dunkle Augen und weißblonde Haare.
Im
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