Clancy, Tom
Normalerweise würde ich
mich direkt an den Verteidigungsminister wenden, aber das wäre reine
Zeitverschwendung.«
»Haben Sie
schon mit Präsident Kealty gesprochen?«
»Wäre
ebenfalls Zeitverschwendung, Sir. Er legt keinen Wert darauf, mit Männern in
Uniform zu sprechen.«
»Aber ich
lege Wert darauf?«
»Jawohl,
Sir. An Sie konnten wir uns immer wenden.«
»Und was
soll ich Ihrer Meinung nach unternehmen?«
»Sir,
Sergeant Driscoll verdient eine faire Behandlung. Wir haben ihn mit einer
Mission in die Berge geschickt. Die Mission war nicht erfolgreich, aber das
war nicht seine Schuld. Wir haben dort oben schon viele Löcher gestürmt, die
leider leer waren. Das hier war nur eine weitere Höhle, aber verdammt, Sir,
wenn wir diesen Burschen dafür bestrafen und anschließend weitere Truppen in
die Berge schicken, dann werden unsere Soldaten in Zukunft eben immer nur
leere Höhlen finden.«
»Okay,
General, ich habe Sie verstanden. Wir müssen unsere Leute unterstützen. Gibt es
etwas, das dieser Bursche anders hätte machen sollen?«
»Nein,
Sir. Driscoll hält sich immer an die Vorschriften. Alles, was er bei dieser
Mission tat, stimmt mit seinem Training und seiner Erfahrung überein. Das Ranger-Regiment
— nun ja, es mögen bezahlte Killer sein, aber manchmal ist es gut, sie in der
Hinterhand zu haben. Krieg hat nun mal mit Töten zu tun. Wir schicken vorher
keine Warnungen. Wir versuchen nicht, unsere Feinde zu erziehen. Wenn wir ins
Feld ziehen, ist es unser Job, die Feinde zu töten. Manchen Leuten mag das
nicht gefallen, aber es ist eben so, und wir werden dafür bezahlt.«
»Okay, ich
schaue mir die Sache genauer an. Vielleicht kann ich ein bisschen Staub
aufwirbeln. Wie lautete die Order genau?«
»Ich habe
Ihnen eine Kopie von Sergeant Driscolls Bericht mitgebracht, außerdem eine
Notiz mit dem Namen des Stellvertretenden Generalbundesanwalts, der versucht
hat, mir den Bericht in den Hintern zu rammen. Verdammt, Sir, Driscoll ist ein
guter Soldat!«
»Schon
gut, General. Gibt es sonst noch was?«
»Nein,
Sir. Vielen Dank für das Mittagessen.«
Er hatte nur
einen Bissen von seinem Sandwich gegessen, wie Pyan erst jetzt bemerkte. Diggs
ging hinaus und stieg in das Auto.
Der Flug verlief ohne besondere Vorkommnisse. Nach achteinhalb
Stunden rollte das Flugzeug aus. Ein Transferbus näherte sich und hielt neben
der linken Vordertür der 777 an. Clark war längst aufgestanden. Er hatte lange
genug gesessen. Seine Beine waren ganz steif. Dasselbe galt für seinen Enkel,
der aufgeregt aus dem Fenster sein Heimatland betrachtete. Tatsächlich war er
zwar in Großbritannien geboren worden, aber er besaß trotzdem bereits einen
Baseball und seinen ersten Handschuh. In etwa sechs Monaten würde er T-Ball
spielen und echte Hotdogs essen, wie es sich für einen amerikanischen Jungen
gehörte. In einem runden Brötchen, mit Senf und vielleicht noch etwas Relish
und ein paar Zwiebeln.
»Froh,
wieder zu Hause zu sein, Baby?«, wollte Ding von Patsy wissen.
»Es hat
mir drüben wirklich gefallen, und ich werde meine Freunde vermissen, aber
daheim ist eben daheim.«
Gegen den
Willen von Clark und Chavez waren ihre Frauen in Heathrow ebenfalls wieder
ausgestiegen. Kein Argument konnte sie vom Gegenteil überzeugen. »Wir fliegen
alle zusammen heim«, hatte Sandy erklärt und die Diskussion damit beendet.
Der
Einsatz in Tripolis war fast reibungslos über die Bühne gegangen. Nur ein paar
Geiseln hatten leichte Verletzungen erlitten. Acht Besetzer waren getötet
worden.
Fünf
Minuten nachdem Clark Masudi vom Erfolg des Einsatzes informiert hatte, standen
libysche Krankenwagen vor der Botschaft, um die Geiseln zu verarzten. Die
meisten von ihnen litten nur unter Flüssigkeitsverlust und waren sonst
weitgehend unversehrt. Nach ein paar weiteren Minuten trafen die schwedischen
Säkerhetspolisen und Rikskriminalpolisen ein und übernahmen die Botschaft.
Zwei Stunden später saß das Rainbow-Team wieder in derselben Piaggio PI80
Avanti, die sie bereits hergebracht hatte. Nach einem erneuten Zwischenstopp
in Tarent flogen sie weiter nach London.
Die
offizielle Nachbesprechung zu dem Einsatz mit Stanley, Weber und den anderen
würde erst später, wahrscheinlich mittels einer gesicherten Webcam, stattfinden,
wenn sich Clark und Chavez wieder in den Vereinigten Staaten eingelebt haben
würden. Sie an diesem Nachklapp überhaupt noch zu beteiligen war wahrscheinlich
eher eine Frage der Höflichkeit als
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