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Clancy, Tom

Clancy, Tom

Titel: Clancy, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dead or Alive
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jedenfalls im Hinblick auf die Phasen
der Infiltration und Vorbereitung. Studentenvisa konnte man sich relativ
leicht beschaffen, und noch leichter war es für jemand in Nayoans Position. Und
weil die Amerikaner in Bezug auf die Welt außerhalb ihrer eigenen Grenzen so
ignorant waren, hielten sie Indonesier schlicht für Asiaten oder »Orientalen«,
ohne sich klar darüber zu werden, dass dieser Staat die größte muslimische
Bevölkerung der Welt hatte. Fanatismus und Beschränktheit, dachte der Emir,
waren die Waffen, die der URC nur zu gern einsetzen wird.
    »Gut«,
sagte er. »Morgen werden wir die Ziele noch einmal genau durchsprechen. Wenn es
nötig ist, Veränderungen vorzunehmen, ist es besser, dies so früh wie möglich
zu tun. Was noch?«
    »Die
letzte Sache: Du hast die Berichte in den Nachrichten über die Botschaft in
Tripolis gesehen?«
    Der Emir
nickte. »Idiotische Sache. Reine Verschwendung.«
    »Der sie
geplant hat, war einer von uns.«
    Der Emir
richtete sich ruckartig auf und starrte Tariq durchdringend an. »Wie bitte?«
Acht Monate zuvor war eine Botschaft an alle URC-Zellen geschickt worden, dass
sämtliche Anschläge auf der Ebene der lokalen Zellen ab sofort und bis auf
Weiteres unterbleiben müssten, denn die laufende Operation hatte zu viele
Finessen, erforderte genaue Abstimmung und war zu komplex, um Kräfte mit
kleineren Operationen zu verzetteln. Kleinere Operationen - die meistens
knappe Fehlschläge oder Ereignisse mit wenig Opfern waren - hatten zwar ihre
Berechtigung, denn sie sollten die Illusion erzeugen, dass der URC schlecht
organisiert sei und sich nur immer weiter durchwurstle, aber etwas wie dieses
Projekt ...
    »Wie heißt
er?«, wollte der Emir wissen.
    »Dirar
al-Kariim.«
    »Sagt mir
nichts.«
    »Jordanier.
Wurde vor drei Jahren in der Hussein-Moschee in Amman rekrutiert. Ein Soldat,
nichts weiter. Dieselbe Mission war letztes Jahr von unseren Leuten in Benghasi
vorgeschlagen worden. Wir haben damals abgelehnt.«
    »Wie viele
Tote?«
    »Sechs bis
acht von unseren Leuten. Keine auf der anderen Seite.«
    »Allah sei
Dank.« Wenn keine Geiseln umkamen, würde die westliche Presse den Zwischenfall
bald wieder vergessen, und oft verschwand mit der nachlassenden
Aufmerksamkeit der Medien auch das Interesse der Geheimdienste. Das war die
Last, die sie im »globalen Krieg gegen den Terror« zu tragen hatten. Sie waren
wie der sprichwörtliche holländische Junge, der mit dem Finger ein Loch im
Deich zu stopfen versucht.
    »Wissen
wir, wen er rekrutierte?«
    »Wir
kümmern uns gerade darum. Und wir wissen auch noch nicht, wer den Überfall
überlebte - außer al-Kariim selbst«, sagte Tariq und fügte süffisant hinzu: »Er
hat nämlich gar nicht daran teilgenommen.«
    »Ist
dieser Mann wahnsinnig! Also hat dieser ... dieser unsägliche Idiot ohne
unsere Zustimmung einen Anschlag geplant, ihn gründlich vermasselt, und er hat
weder genug Vernunft noch genug Ehre im Leib, bei dem Versuch selbst zu
sterben. Wissen wir, wo er sich jetzt aufhält?«
    »Nein,
aber es sollte nicht schwer sein, ihn zu finden. Vor allem, wenn wir die Hand
helfend ausstrecken. Er ist wahrscheinlich auf der Flucht und sucht nach einem
sicheren Unterschlupf.«
    Der Emir
nickte nachdenklich. »Gut, tu das. Reiche ihm einen Olivenzweig, aber bleibe
auf Distanz. Lass Almasi die Sache regeln.«
    »Und wenn
wir ihn haben?«
    »Dann
statuieren wir ein Exempel an ihm für alle anderen Narren.«
     
     
    Im Pariser Montparnasse-Arrondissement trank Shasif Hadi
seinen Kaffee und tat sein Bestes, um nicht nervös zu wirken. Wie versprochen,
hatte sein Kontaktmann am Topanga Beach ihn am nächsten Tag angerufen und ihm
Anweisungen gegeben, wo er die nächsten Päckchen finden würde; sie waren auf
gemietete Postfächer im Großraum Los Angeles verteilt. Er war nicht
überrascht, dass jedes Päckchen eine nicht beschriftete CD-ROM enthielt, wohl
aber, an einem davon eine maschinenschriftliche Notiz zu finden: »Indiana
Café, Montparnasse, 77 Av Maine« mit einem Datum und einer Uhrzeit. Was Hadi
nicht wusste, war, ob das einfach eine weitere Kuriermission oder mehr war.
    Der in
Algerien geborene Hadi war als Jugendlicher mit der Familie nach Frankreich
gekommen, wo sein Vater Arbeit suchte. Hadi sprach gut Französisch. Sein
Akzent war der eines pied-noir, eines
»Schwarzfußes«. So wurden seit 200 Jahren die französischen Einwohner von
Französisch-Nordafrika genannt, das Anfang der Sechzigerjahre in einem

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