Clancy, Tom
die Region wieder vergessen hatte, als manche Leute jemals
wissen würden. Mary Pat nahm an, dass die Briten dort aktive Assets hatten,
war sich aber nicht sicher, ob Embling zu diesen Kontaktpersonen zählte.
Wahrscheinlich nicht. Da sie ihre Erkundigungen nicht über die offiziellen Kanäle,
sondern hinter den Kulissen eingeholt hatte, musste ihrem Kontakt klar sein,
dass sie im Moment in fremden Revieren wilderte; in diesem Fall würden die
Brahmanen beim SIS wohl kaum erfreut sein, wenn er ihr einen aktiven
Feldagenten genannt hätte.
Aber
natürlich war so ein Kontakt nur eine halbe Sache. Embling war ein älterer
Mann und hatte seine Tage im Feld längst hinter sich, was bedeutete, dass sie
wohl einen anderen Agenten entsandt hatten, der die Zuarbeit verrichtete.
Darüber musste Mary Pat nicht sehr lange nachdenken. Zwei Namen kamen ihr
sofort in den Sinn, und wenn die Klatschmühle recht hatte, dürften gerade diese
Personen durchaus an kleineren Auftragsjobs interessiert sein. Das NCTC hatte
gewisse Mittel, über die es frei verfügen konnte, und sie und Ben Margolin
waren der Meinung, dass diese Ausgaben sinnvoll sein könnten.
Nach nur
zwei Telefongesprächen hatte sie die Bestätigung, dass die Gerüchte stimmten,
und zwei weitere Telefonate benötigte sie, um eine aktuelle Telefonnummer
herauszufinden.
Clarks Mobiltelefon
lag in der obersten Schreibtischschublade; als es zu trillern begann, nahm er
es heraus und meldete sich beim dritten Zeichen. »Hallo?«
»John,
hier ist Mary Pat Foley.«
»Hi, Mary,
du stehst auf meiner Aufgabenliste.«
»Tatsächlich?«
»Ding und ich
haben uns grade von Rainbow verabschiedet. Wollte mich wieder mal melden und
Hallo sagen.«
»Na, dann
treffen wir uns hurtig. Ich habe da nämlich etwas, worüber ich mit dir sprechen
wollte.«
Clarks
interner Radar begann zu piepsen. »Gern. Wann und wo?«
»Möglichst
bald.«
Clark
blickte auf die Uhr. »Ich könnte mich jetzt gleich fürs Mittagessen frei
machen.«
»Gut -
kennst du Huck's in
Gainsville?«
»Ja, das
ist doch in der Nähe der Linton Hall Road?«
»Genau.
Wir treffen uns dort.«
Clark fuhr
den Computer herunter, ging zu Sam Grangers Büro und erzählte dem Ops-Chef von
dem Anruf. »Ich vermute mal, das wird kein Mittagessen unter alten Freunden«,
meinte Granger.
»Glaube
ich auch nicht. Sie hatte ihre Pokerstimme angeschaltet.«
»Weiß sie,
dass Sie bei der Agency ausgeschieden sind?«
»Mary Pat
entgeht nicht viel.«
Granger
dachte kurz darüber nach. »Okay, berichten Sie mir darüber, wenn Sie zurück
sind.«
Clark
kannte das Restaurant, hatte aber noch nie dort gegessen. Huck's servierte die besten Pies in Virginia, hatte er mal
gehört. Von außen merkt man allerdings nicht viel davon, dachte er, als er den
Wagen in eine der diagonal angelegten Parkflächen vor dem Restaurant steuerte.
Zwei große Glasfenster flankierten eine einfache Tür, über die sich eine
verblasste rot-weiß gestreifte Markise spannte. Eine leicht defekte
Neon-Leuchtreklame im Fenster pries »uck's« an. Klingt nach Schluckauf, dachte Clark, hoffentlich kein schlechtes Omen?
Eigentlich
verband er mit Gainesville recht gute Erinnerungen; schließlich hatte er hier
viele Stunden auf der Straße verbracht und zukünftigen Operationsleitern der
CIA die diversen Techniker, der Beschattung, Überwachung und Gegenüberwachung
beigebracht. So etwas konnte man eben in den Schulungsräumen von Camp Perry
nicht lernen. Die braven Bürger von Gainesville und einem Dutzend anderer
Städte in Maryland und Virginia hatten vermutlich keine Ahnung, dass in ihren
Straßen pausenlos der Schlapphut-Nachwuchs herumlief und »am Leben bleiben«
spielte, bevor die Leute es in der echten Welt tun mussten.
Er stieß
die Tür auf. Mary Pat saß bereits auf einem Hocker am Tresen. Sie umarmten sich
kurz; Clark setzte sich. Ein untersetzter Mann mit schütterem rotem Haar und
mehlstaubigen Händen kam herbei. »Was darf ich Ihnen bringen?«
»Apfel«,
sagte Mary Pat ohne Zögern. »Zum Mitnehmen.«
Clark hob
ein wenig ratlos die Schultern und bestellte dasselbe. »Wie geht es Ed?«
»Okay. Er
kriegt allmählich Hüttenkoller, glaube ich. Er schreibt an einem Buch.«
»Wie schön
für ihn.«
Als die
Pies kamen, fragte sie: »Wie wär's mit einem Spaziergang?«
»Gern.«
Draußen
schlenderten sie den Gehweg entlang und tauschten Belanglosigkeiten aus, bis
sie einen kaum fußballfeldgroßen Park erreichten, der vollständig mit
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