Clancy, Tom
suchte den Horizont ab. Nichts in Sicht, was Gott nicht
selbst dort hingestellt hatte, außer einer oder zwei Bojen. Das Wintereis riss
sie oft weg oder zermalmte und versenkte sie, und die Marine ersetzte sie eher
nachlässig, weil hierher sowieso niemand in einem Tiefwasserschiff kam. Ein weiteres
Anzeichen, wie weit sie in die Wildnis vorgedrungen waren.
Vier Stunden später öffnete er das Seitenfenster und rief
hinaus: »Achtung! Landung in fünf Minuten!« Er zeigte auf seine Uhr und hielt
fünf Finger hoch. Fred winkte als Antwort. Zwei seiner Leute ließen den Lkw an,
während zwei andere die Taschen mit ihrem Gepäck in den Laderaum warfen.
Er spähte
nach einem Landeplatz für das Boot und kam mit etwa fünf Knoten herein, genug,
um ordentlich anzulanden, aber nicht so schnell, dass er den Bug an den Steinen
beschädigen würde.
Ungefähr
fünfzig Meter vom Ufer entfernt wappnete er sich gegen den Aufprall und
kuppelte aus. Er hätte sich keine Sorgen machen müssen. Das T-4 lief nicht zu
fest auf Grund, kam schnell zum Stehen und ließ nur ein sanftes Mahlen von
Stahl auf Kies hören.
»Anker
werfen?«, fragte Wanja. Sie hatten einen ziemlich schweren Anker am Heck, um
sich bei Bedarf selbst von einem schlammigen Ufer wegziehen zu können.
»Nein. Es
ist doch Ebbe, oder?«, erwiderte Vitali.
Sie
schalteten die Diesel auf Leerlauf und ließen mit dem Rampenkontrollhebel den
Druck aus der Hydraulik. Die Rampe klappte unter ihrem eigenen Gewicht auf und
krachte auf den Strand. Das Ufer war wohl ziemlich steil, denn es gab kaum
Wasserspritzer, als die Rampe fiel. Einer der Männer stieg in die Fahrerkabine
des GAZ und fuhr los. Die Bremslichter flackerten, als er über die Rampe
rollte, dann war er auf dem Kies. Die Kette am Ende des Krans pendelte hin und
her wie der Rüssel eines Zirkuselefanten. Der Lkw hielt knirschend an. Fred
und der Rest der Männer stiegen die Rampe hinunter auf den Strand — außer
einem, wie Vitali jetzt bemerkte, der oben an der Rampe stehen geblieben war.
Vitali kam
aus dem Steuerhaus. »Den nehmen Sie nicht mit?«, rief er Fred zu.
»Er bleibt
bei Ihnen, falls Sie Hilfe brauchen.«
»Danke,
aber wir brauchen niemanden.«
Als
Antwort lächelte Fred nur und hob seine Hand. »Bis bald.«
Clark nahm
es als ein Zeichen seines fortgeschrittenen Alters, dass ihm Flugreisen immer
mehr zusetzten. Die engen Sitze, das schlechte Essen, der Lärm ... Das Einzige,
was diesen Flug einigermaßen erträglich machte, waren die
Bose-Lärmschutzkopfhörer, das hufeisenförmige Nackenkissen, das er zu
Weihnachten bekommen hatte, und ein paar Ativan-Tabletten, die ihm Sandy
mitgegeben hatte. Auf dem Fenstersitz saß Chavez mit geschlossenen Augen und
hörte seinem iPad Nano zu. Wenigstens war der Sitz zwischen ihnen frei, was beiden
etwas mehr Ellbogenraum gab.
Nach
seinem Gespräch mit Hendley und Granger hatte er zuerst Ding auf Trab gebracht.
Danach hatte er Mary Pat auf dem Handy angerufen. Sie hatten ausgemacht, sich
später am Nachmittag bei ihr daheim zu treffen. Auf ihr Drängen hin kam er
etwas früher und plauderte vor ihrem Eintreffen ein Stündchen mit Ed. Während
Ed sich danach dem Abendessen widmete, zogen Clark und Pat sich mit zwei
Flaschen Bier in ihr Arbeitszimmer zurück.
Entgegen
Hendleys Warnung, nicht gleich mit der Tür ins Haus zu fallen, legte Clark
sofort die Karten auf den Tisch. Sie beide kannten sich inzwischen so lange,
dass für ihn nichts anderes infrage kam. Mary Pat zuckte mit keiner Wimper.
»Also hat Jack es doch gemacht. Ich habe mich immer gefragt, ob er es wirklich
durchziehen würde. Gut für ihn. Also, sie haben ja nicht gerade viel Zeit
vergeudet, um euch beide anzuheuern. Wer hat euch angesprochen?«
»Jimmy
Hardesty, etwa zehn Minuten nachdem uns Alden gefeuert hatte. Mary Pat, ich
glaube, wir arbeiten hier am selben Puzzle. Haben Sie etwas dagegen, dass wir
alle Informationen, die wir ausgraben, austauschen ...«
»Warum
sollte ich?«
»Zunächst
einmal, weil wir dabei wenigstens drei Bundesgesetze brechen. Und den Zorn der
Aldens in Langley riskieren.«
»Wenn wir
dieses Arschloch beim Kanthaken kriegen oder ihm wenigstens eins auswischen
könnten, wäre mir das nur recht.« Mary Pat nippte an ihrem Bier und schaute
dann Clark von der Seite an. »Heißt das, Hendley bezahlt die Rechnung?«
Clark
musste kichern. »Man könnte es als Zeichen guten Willens betrachten. Also, was
wird das Ganze? Eine Eintagsfliege oder der Beginn
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