Clancy, Tom
Bestrafung sein?«, fragte Jack.
»Was
meinen Sie damit?«, fragte Rounds.
Clark
antwortete für ihn. »Es könnte eine Warnung sein. Bei der Sache im Libanon ...
Damals versuchte die Hamas zwei Wochen später, die britische Botschaft mit
einer Autobombe zu rammen, ungefähr einen Block von der Stelle entfernt, an der
der Bus explodierte. Der Anschlag ging schief, weil sie innerhalb der Hamas
wegen dieses Anschlags völlig zerstritten waren.«
»Vielleicht
haben wir es hier mit demselben Prinzip zu tun«, nickte Jack. »Damit teilen sie
den anderen Zellen mit, sie sollen sich gefälligst an die Befehle halten.«
»Ja, aber
welche größere Sache steckt dahinter?«, fragte Chavez.
Der Kiesweg, der vom Strand wegführte, sah fast unbenutzt aus
— vermutlich, weil es hier kaum Menschen gab, vielleicht auch gar keine. Sogar
Tiere, die darauf hätten herumlaufen können, waren selten, und jede Pflanze,
die im Kies wachsen wollte, wurde vom gnadenlosen Wetter entweder umgebracht
oder kleingehalten.
Musa
winkte Vitali, dem Kapitän, noch einmal zu, dann nickte er Idris, dem er
aufgetragen hatte zurückzubleiben, feierlich zu. Es war zwar sehr unwahrscheinlich,
aber sollte der Kapitän abzulegen versuchen, bevor sie zurückkamen, würde Idris
die beiden Russen umbringen. Das Boot ohne sie in den Hafen zurückzusteuern
würde schwierig werden, aber Allah würde ihnen gewiss beistehen.
Musa
kletterte in den Beifahrersitz. Fawwaz, der schon am Steuer saß, ließ den Motor
an, während Numair und Thabit in den Laderaum stiegen.
»Los«,
befahl Musa. »Je schneller wir hier fertig sind, desto eher kommen wir von
diesem verfluchten Ort wieder weg.«
Fawwaz
legte den Gang ein und begann den Hügel hinaufzufahren.
Der Leuchtturm und das Häuschen daneben waren nur einen
Kilometer entfernt, vielleicht 500 Meter hoch über dem Meer. Vitali und Wanja
saßen in den Drehstühlen im Steuerhaus und sahen ihnen durch die Ferngläser zu.
Sie tranken Tee, rauchten Zigaretten und wünschten sich mehr Essen, während
der Radioempfang immer schlechter wurde. Freds Wachhund stand an der Reling
und beobachtete sie beide. Im Osten lag giftgrüne Tundra, und die Aussicht war
genauso einförmig wie die einer Maus, die auf einen grünen Teppich hinaussah.
Vitali sah
zu, wie zwei seiner Charterkunden aus dem Lkw ausstiegen und ihn dann mit
Handzeichen rückwärts vor den Metallschuppen dirigierten.
Vitali
hatte noch nie einen der Generatoren gesehen, von denen die Leuchttürme
versorgt wurden. Es hieß, sie enthielten radioaktives Material, aber wie das
genau funktionierte, wusste er nicht. Er hatte außerdem gehört, dass einige
davon verschwunden seien, aber falls ja, war das zumindest noch bei keinem
wichtigen Leuchtturm an seinem Teil der Küste der Fall gewesen. Soweit er wusste,
konnten es auch einfach kleine Dieselgeneratoren sein. Das Leuchtfeuer selbst
war überraschend schwach - kaum mehr als hundert Watt, was Menschen, die das
nicht wussten, immer wieder erstaunte. Die Fresnel-Linsen des Glasgehäuses
konzentrierten es zu einem schmalen, kräftigen Lichtbalken, dessen Reichweite
nur durch die Höhe über dem Meeresspiegel bestimmt wurde, und in einer dunklen
Nacht sah man auch schwache Lichter deutlich. Leuchttürme waren, so sagte er
sich, sowieso ein obsoletes Überbleibsel und im Zeitalter der elektronischen
Navigation so gut wie überflüssig. Was für einen Schaden richteten sie also
hier schon an? Dieser Charterauftrag würde ihm selbst ein modernes GPS-System
finanzieren, wahrscheinlich eines von den neuen japanischen, die fünf- oder
sechshundert Euro kosteten, billiger als das neue Auto, das er gern gehabt
hätte. Und was zum Teufel machte es schon aus?
Dass seine
Fahrt Tausende von Menschen das Leben kosten könnte, dachte er keinen Moment.
Es dauerte nur vier Stunden, sehr viel weniger, als Fred
gedacht hatte. Es wäre sogar noch schneller gegangen, wenn sie den
Wellblechschuppen einfach abgerissen hätten, aber das sollte wohl vermieden
werden. Der Leuchtturm würde bei Tag ganz normal aussehen (bei Sonnenschein war
schwer zu sagen, ob das Leuchtfeuer funktionierte), und bei Nacht kamen nur
wenige Menschen in diese Bucht, denen etwas auffallen konnte. Und selbst wenn
- in Russland funktionierte so vieles nicht, dass das hier kaum Schlagzeilen
machen würde. Zwei Tassen Tee und fünf Zigaretten nach dem Aufbruch wurde der
Lkw schon wieder angelassen und begann den Abstieg auf dem Kiesweg zum
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