Clancy, Tom
Regierung
aufgegeben hatte - eine Idiotie, die beinahe dazu geführt hätte, dass seine
Tochter und seine Enkelin, die kleine Sally, bei einem Autounfall ihr Leben
verloren. Wenn sein Schwiegersohn nicht diesen Irrtum, die Rückkehr zur CIA,
begangen hätte, wäre es zu dem Unfall gar nicht erst gekommen. Natürlich
glaubte das niemand außer Opa Muller, nicht einmal Mom und Sally.
Jack jr.
hatte es auch als hilfreich empfunden, dass Brian und Dominic selbst in diesem
Geschäft noch relativ neu waren. Nicht im Hinblick auf die Gefahr — Brian war
Soldat gewesen und Dominic FBI-Agent —, aber hinsichtlich dieser »Wilderness
of Mirrors«, wie es James Jesus Angleton, ein früherer Chef der Spionageabwehr
der CIA, bezeichnet hatte. Sie hatten sich schnell und gut angepasst und kurz
hintereinander drei URC-Soldaten liquidiert - vier bei einer Schießerei im
Charlotteville Mall und drei in Europa mit dem Magic Pen. Aber Hendley hatte
sie bestimmt nicht eingestellt, weil sie bloß gute Schützen waren, sondern
»clevere Schützen« - ein Ausdruck, den Mike Brennan, Jacks USSS-Vorgesetzter,
oft benutzt hatte, und er passte tatsächlich höllisch gut auf seine Cousins.
»Lass doch
mal deine eigene
Vermutung hören«, sagte Brian gerade.
»Er ist in
Pakistan, aber so nahe an der Grenze, dass seine Leute jederzeit darüberhüpfen
können. Irgendein Ort mit vielen Fluchtwegen. Wo es Elektrizität gibt, obwohl
natürlich auch tragbare Stromgeneratoren heutzutage leicht zu bekommen sind,
das bedeutet also nicht so viel. Vielleicht auch in der Nähe einer
Telefonleitung. Sie scheinen keine Mobiltelefone mehr benutzen zu wollen. Nach
allem, was sie am eigenen Leib zu spüren bekamen ...«
»Ja, klar,
weil sie das in der Times lesen
konnten«, knurrte Brian.
Journalisten
denken immer, sie könnten alles drucken, was sie wollen. Wenn jemand nur vor
der Tastatur hockte, konnte er sich natürlich nicht vorstellen, was er mit
seiner Schreiberei anrichten konnte.
»Unterm
Strich steht doch nur fest, dass wir keine Ahnung haben, wo sich Seine Hoheit
derzeit aufhält. Selbst meine beste Vermutung ist eben nur eine Vermutung,
aber seien wir doch mal ehrlich: Das trifft doch auch für das gesamte
Aufklärungsgeschäft zu - lauter Vermutungen, die auf den verfügbaren
Informationen beruhen. Manchmal sind sie so hart wie Stein, manchmal so dünn
wie Luft. Aber die gute Nachricht lautet, dass wir eine Menge Mails zu lesen
bekommen haben.«
»Wie
viele?«, wollte Dominic wissen.
»Vermutlich
fünfzehn bis zwanzig Prozent.« Zwar war das schiere Volumen einfach überwältigend,
aber mit dem Volumen ergaben sich auch Möglichkeiten. So ähnlich wie bei einem
Baseballspiel mit Ryan Howard, dachte Jack. Eine Menge guter Pitches, viele
Strikeouts und massenhaft Home Runs. Wenn es optimal läuft.
»Wir
müssen nur mal kräftig auf den Busch klopfen, dann sehen wir, was rauskommt.«
Brian, ganz der Soldat, war immer bereit zum Sturm auf den Brückenkopf.
»Greifen wir uns doch jemanden und bringen ihn zum Singen.«
»Wir
wollen unser Blatt nicht aufdecken«, sagte Jack. »So was spart man sich für
eine Operation auf, die es wert ist, dass man alles auf eine Karte setzt.«
Beide
wussten, worüber man nicht sprach: wie zurückhaltend man in der
Nachrichtengemeinschaft mit verfügbaren Daten spielte. Eine Menge Informationen
blieb im Haus, wurde nicht einmal an die eigenen Direktoren weitergeleitet,
die gewöhnlich aus politischen Gründen ernannt worden waren, immer loyal gegenüber
den Leuten, die sie berufen hatten, aber nicht immer gegenüber dem Eid, den
sie vor dem Bezug ihrer Büros abgelegt hatten. Der Präsident - der als NCA, als
National Command Authority, die höchste militärische Befehlsgewalt ausübte -
hatte seinen Stab, dem er vertraute, obwohl sich das Vertrauen auf das bezog,
was er nach außen durchsickern lassen wollte, und auf nichts anderes, und auch
dann nur zu Reportern, denen man zutraute, den ganzen Wirbel aushalten zu
können, der auf solche Indiskretionen folgte. Also enthielt die
Schlapphut-Gemeinde dem Präsidenten Informationen vor, ein Vergehen, für das
man gefeuert werden konnte, wenn man sich dabei erwischen ließ. Auch den Endverbrauchern
im Feld wurden Daten vorenthalten, auch das war eine lange Geschichte und
erklärte, warum die Special-Ops-Leute den Geheimdienstlern selten vertrauten.
Immer ging es um das Wissenmüssen. Selbst wenn man die höchste Stufe der
Informationsberechtigung erreicht hatte,
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