Clancy, Tom
zusätzlichen
Durchsuchung unterzogen wurde, wie sie die meisten arabisch aussehenden Männer
heutzutage erwartete, und ging zum Flugsteig durch. Zwanzig Minuten später
saß er in der Maschine und schnallte sich an.
Seine
Reisezeit würde insgesamt nur zwölf Stunden betragen, und das umfasste schon
die Autofahrt zum Abflughafen. Und jetzt saß er also im hintersten
Erste-Klasse-Sitz auf der rechten Seite des Airbus, spielte sein hirnloses
Ballerspiel und überlegte, ob er sich den im Flugpreis inbegriffenen Film
ansehen sollte. Aber er war kurz davor, seinen persönlichen Rekord bei diesem
Spiel zu knacken, und ließ den Film erst einmal Film sein. Ein Glas Wein verbesserte
seine Spielergebnisse, wie er bemerkte. Wahrscheinlich entspannte ihn der Wein
gerade so weit, dass seine Hände auf dem Trackpad des Laptops ruhiger wurden
...
Stabschef
Wesley McMullen eilte durch den Flur, achtete kaum auf das ermunternde Nicken
der Sekretärin und öffnete die Tür zum Oval Office. Er war spät dran, um nicht
ganz eine Minute, aber der Präsident war im Hinblick auf Pünktlichkeit penibel.
Die Runde hatte sich bereits versammelt; Kealty saß im Lehnsessel vor dem
kleinen runden Kaffeetisch, während Ann Reynolds und Scott Kilborn auf den
beiden Couchs saßen, die zu beiden Seiten des Tisches standen. McMullen nahm
dem Präsidenten gegenüber auf einem Besucherstuhl Platz.
»Auto wohl
wieder mal nicht angesprungen, Wes?«, witzelte der Präsident. Das Lächeln
wirkte echt, aber McMullen kannte seinen Boss gut genug, um die versteckte
Ermahnung zu hören.
»Ich bitte
um Entschuldigung, Mr. President.« Wie jeden Tag mit Ausnahme des Sonntags
hatte McMullen auch an diesem Tag seit 5.00 Uhr früh in seinem Büro gesessen.
An Sonntagen arbeitete er nur einen halben Tag, normalerweise von 9.00 bis
15.00 Uhr. So war eben das Leben in der Kealty-Regierung, wie überhaupt im
einzigartigen Arbeitsklima der Exekutive.
Heute war
Dienstag, der Tag der Besprechung, die Kealty alle zwei Wochen mit dem Direktor
der Central Intelligence Agency, Scott Kilborn, führte. Im Gegensatz zu seinem
Vorgänger hatte der Präsident keinerlei praktische Erfahrung in diesem Bereich
und vertraute darauf, dass ihn Kilborn auf dem Laufenden hielt.
Kilborn
hatte Kealty seit seiner Zeit als Senator unterstützt. Als dieser Präsident
wurde, hatte er seinen Job als Dekan der Fakultät für Politikwissenschaft der
Universität Harvard aufgegeben, um zunächst Kealtys außenpolitischer Berater
zu werden; später wurde er für den Posten in Langley nominiert. Nach McMullens
Ansicht war Kilborn für den Posten ausreichend kompetent, neigte aber dazu,
die Fundamente der Außenpolitik der Vorgängerregierung in überzogener Weise zu
demontieren, die sowohl er als auch Kealty als irregeleitet und
kontraproduktiv missbilligten. Zwar stimmte McMullen diesem Urteil
grundsätzlich zu, aber Kilborn hatte das Pendel zu stark in die
entgegengesetzte Richtung gestoßen. Er hatte die CIA bei einigen Operationen
in Übersee zurückgepfiffen, obwohl sie gerade erst begonnen hatten, Früchte zu
tragen. McMullen wusste aus zuverlässigen Quellen, dass diese Vorgehensweise in
Geheimdienstkreisen starke Verärgerung ausgelöst hatte. Das galt besonders für
seinen Umgang mit den Operationsleitern, die in Übersee arbeiteten und immer
für fünf oder sechs Monate von ihren Familien getrennt in Städten lebten, in
denen ein weißes Gesicht auf manche Leute praktisch so wirkte wie das Schwarze
in einer Zielscheibe auf einen Scharfschützen. Vor Kurzem hatte man ihnen
lapidar mitgeteilt: »Danke für Ihren harten Einsatz, aber wir haben
beschlossen, jetzt einen anderen Kurs einzuschlagen.« Gerüchten zufolge stand
Langley in den nächsten paar Monaten ein wahrer Aderlass von erfahrenen
Mitarbeitern im oder nahe dem Pensionsalter bevor, die ihre Schlapphüte
vorzeitig an den Nagel hängen wollten. Wenn es so kommen sollte, würde der
Geheimdienst durch diesen Erfahrungsverlust um ein gutes Jahrzehnt
zurückgeworfen werden.
Und was
noch schlimmer war: Mit Kealtys Billigung mischte sich Kilborn oft auch in die
Arbeit des Außenministeriums ein und wilderte in Bereichen, die in der
angeblichen Grauzone zwischen Diplomatie und Geheimdienstarbeit lagen.
Ann
Reynolds war Kealtys Nationale Sicherheitsberaterin. Auch sie war clever
genug, aber grauenhaft unerfahren. Kealty hatte sie schon in ihrer ersten
Legislaturperiode als Mitglied des Repräsentantenhauses in den Job
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