Clara
Wangen.
»Hör bloß
mit der Flennerei auf !« Aber es war nicht ihre Seele,
die sie weinen ließ. Es war der Schmerz. Der Schmerz, der nicht nur von dieser
Ohrfeige herrührte. Es war der Schmerz der Erkenntnis. Burger packte sie an den
Schultern und zog sie hoch. Er drückte sich fest an sie. Clara drehte ihren
Kopf zur Seite. Doch seine Pranken zerrten ihn wieder in seine Richtung.
»Also schön,
du kannst auf die Toilette gehen. Wäre doch schade um deine sexy Kleider .« Er strich über ihren Hintern. Dann begann er, ihre
Fesseln zu lösen. »Vielleicht hol ich mir ja wieder Appetit !« Clara war erneut in Trance. Es gab keinen Ausweg. Der Schrank war verschlossen.
Die Pistole nicht zu fassen. Und eine weitere Vergewaltigung drohte. Wie viel
konnte ein Mensch ertragen, bis er unter einer solchen Last zusammenbrach? Auf
Strümpfen ging sie zur Toilette. Burger pfiff sie zurück.
»Zieh die
verdammten Schuhe an !« , herrschte er sie an. »Das hebt
die Stimmung .«
Clara tat,
wie ihr geheißen und schlüpfte stehend in die Pumps. Wieder wölbte sich Burgers
Hosentür. Dieses Mal würde sie kämpfen. Den Spiegel in Scherben werfen und ihn
damit attackieren. Die Chancen standen schlecht. Und doch. Alles war besser,
als weiter diese Erniedrigungen über sich ergehen zu lassen. Alles war besser,
denn als versklavte Hure zu dienen. Die doch nur der Tod erwartete.
Sie schloss
den Vorhang hinter sich. Jederzeit darauf gefasst, dass er geöffnet wurde. Sie
sah seinen Schatten herumschleichen. Er erwartete sie bereits. Sie bereute es,
sich nicht schon beim ersten Mal heftiger gewehrt zu haben. Nun, da hatte sie
einen Plan verfolgt, der fehlschlug. Dieses Mal würde es anders sein. Sie würde
sich verteidigen. Wenn nötig bis zum Tod. Michael würde das alles mit großer
Begeisterung über die Kameras verfolgen. Die Kameras, die ihren Untergang
dokumentierten. Die Kameras! Plötzlich kam ihr eine Idee. Damit würde sie
womöglich Zeit gewinnen. Sie atmete tief durch, überdachte den Einfall nochmals
und beendete ihr Geschäft. Als sie den Vorhang wieder öffnete, stand er direkt
vor ihr. Keinen Meter entfernt. Doch sie hatte keine Angst mehr. Sie hatte die
Angst verloren. Irgendwann in dieser unseligen Nacht, die hinter ihr lag. Und
sich doch auf ewig einbrennen würde.
8
»Einen
Moment noch«, sagte sie. »Ich will mich noch zurechtmachen .« Wieder dieses Grinsen. Aber sie beachtete es nicht weiter. Clara drückte sich
an ihm vorbei. Dann begann sie zu laufen. Brachte Stuhl und Tisch zwischen sich
und Burger. Er wirbelte herum und begann, ihr zu folgen. Eher gemächlich.
Schließlich konnte sie ihm ja nicht entrinnen. Ja, es schien ihm sogar Spaß zu
machen. Heiter gluckste er vor sich hin.
Clara schrie
ihn an. »Die Kameras!« Er stellte ihr unbeeindruckt nach. Sie liefen im Kreis.
»Wir werden gefilmt !« Er packte den Tisch und begann,
ihn in Richtung Gitter zu schieben. Clara schrie weiter. »Verstehst du nicht?
Er hat alles aufgezeichnet !« Burger blieb mit einem
Mal stehen. Wie vom Donner gerührt. Langsam kapierte er. Verwirrt blickte er in
Richtung der Kameras.
»Ja! Er hat
dich dabei gefilmt, wie du mich vergewaltigt hast !« Erst jetzt wurde auch ihr einiges bewusst. Hätte sie nur eher daran gedacht.
Vielleicht hätte sie ihn dann abbringen können. Bevor er etwas entgegnen
konnte, sprach sie weiter. »Und er wird das verwenden. Ganz sicher. Er hat mit
so einem Film meinen Vater ins Grab gebracht .« Sie
hielt kurz inne. Wieder kam der Schmerz hoch. Doch nun war dafür keine Zeit.
Sie bezwang sich. »Und er wird auch dich nicht schonen !«
Burger wurde
blass. Völlig entgeistert sank er in den Sessel.
Seine ganze Aggressivität war mit einem Mal verschwunden. Das hatte er nicht
bedacht. Clara musste aufs Tempo drücken. Sie wusste nicht, wie lange dieser
Zustand vorhielt. Bis er begriff, dass es auch für ihn vorbei war. Und ihm
alles egal wurde.
»Er wird es
an die Presse weitergeben, wenn wir nichts unternehmen .« Burger sah sie nun beinahe demütig an. Sie versuchte, ihm nicht ihren ganzen
Hass zu zeigen. Gänzlich konnte sie ihn freilich nicht unterdrücken. Dennoch.
Sie sprach bedacht höflich weiter. »Geben Sie mir den Schlüssel zum
Kleiderschrank. Vielleicht finden wir ja doch etwas, wie wir hier rauskommen .« Burger fuhr sich mit beiden Händen durch Gesicht und
Haare.
»Was soll
das bringen ?« Clara spürte die Zeit davonrinnen . Bald schon würde er die Ausweglosigkeit
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