Clara
das drohende Unheil abwenden. Sie
stemmte einen der großen Wasserbehälter hoch und schenkte das neben der Wanne
stehende Glas voll.
»Danke,
Süße!« Er gab ihr einen mächtigen Klaps auf den Hintern, trank das Glas in
einem Zug aus und befahl ihr dann, den Abwasch zu machen. Seit seinem Erwachen
waren keine drei Stunden vergangen. Drei Stunden, in denen die Angst ständig
gestiegen war. Drei Stunden. Und sie war von der Gefangenen zur Sklavin
geworden.
5
Burger lag
auf der Pritsche und sah sich eine DVD an, während Clara sauber machte. Ja, das
war eine Rollenverteilung ganz nach seinem Geschmack. Claras Gedanken kreisten,
während sie mit dem Lappen hantierte. Sie war Burger körperlich nicht gewachsen.
Also blieb nur die Pistole. Damit konnte sie ihn zumindest in Schach halten.
Aber sie musste schließlich auch einmal schlafen. Dieser Plan führte also zu
nichts. Und doch hatte sie kaum eine andere Wahl. Nur eine. Und die hieß Mord.
Mord, den sie über kurz oder lang doch begehen musste. Um nicht zu sterben.
Michael hatte das Gesetz des Dschungels freigesetzt. Inmitten eines Kellerraums
im Nirgendwo. Leben oder sterben. Dazwischen gab es nichts. Bloß endloses
Siechtum. Clara hielt es nicht mehr aus. Sie eilte zur Nottoilette. Zog den
Vorhang zu und hockte sich nieder. Es war unendlich erniedrigend. Trotz ihres
unbändigen Dranges dauerte es sehr lange, bis sie endlich ihr Geschäft
verrichtet hatte und der Sand die Spuren ihres Auswurfs oberflächlich
verdeckte. Ständig in der Angst, Burger würde den Vorhang zur Seite reißen. Ständig
in der Angst, dass er sich an ihrer Schmach ergötzte. Burger, der scheinbar
kein Gewissen hatte. Der seine eigene Notlage verkannte und ihre schamlos
ausnutzte. Wie weit würde er noch gehen? Als sie den Vorhang wieder öffnete,
sah sie ihn im Kleiderschrank herumkramen.
»Was suchen
Sie denn ?« , fragte sie. Er drehte sich zu ihr hin.
»Das hier !« , sagte er. Burger hielt ihren kurzen, schwarzen Rock in
den Händen. Ihre schwarzen Nylons. Ihre goldenen High Heels .
Ihre weiße Bluse. Den breiten Designergürtel. Nur den Pelzmantel hatte er
hängen gelassen. Ihr Weihnachtsoutfit vom Tag ihrer Entführung. Clara sah ihn
entsetzt an. Sie würde handeln müssen. Denn diese Situation war eindeutig. Er
warf die Sachen aufs Bett.
»Zieh das an !« , befahl er in gebieterischem Ton. »Und dann trag noch
etwas davon auf !« Er legte den Schminkkasten auf den
Tisch. Wie hatte Michael gesagt? » Er wird Sie vergewaltigen. Schon sehr
bald. « Clara blickte ihn an. Die Ausbeulung im Schritt seiner Hose war
unverkennbar. Er schien völlig von dem Gedanken besessen zu sein, mit ihr ins
Bett zu gehen. Von Anfang an war das zu spüren gewesen. Und er hatte auch keine
Zeit verloren. Ihr Gang zur Toilette hatte es letztlich besiegelt. Ihm den
ultimativen Kick versetzt. Sie musste unbedingt zur Waffe gelangen. Doch wie
nur? Er blockierte den Weg dahin. Vielleicht konnte sie ihn ablenken.
»Warum soll
ich das anziehen ?« , fragte sie unschuldig. Ihre Lippen
zitterten vor Angst.
»Warum wohl,
du dumme Kuh?« Wieder diese Verachtung. War es das Bild, welches von ihr in die
Öffentlichkeit getragen wurde? An welchem sie selbst gearbeitet hatte? Dieser
Mann hier kannte sie. Wusste um ihr Schicksal Bescheid. Und hatte dennoch nicht
die geringsten Skrupel, ganz offen ihre Vergewaltigung anzukünden. Sie hatte
keine Chance, dem zu entrinnen, und fasste einen Entschluss. Zu unausweichlich
hatte die Situation sich in kürzester Zeit zugespitzt. Weinend begann sie,
ihren Jogginganzug abzulegen. Burger fielen die Augäpfel beinahe heraus. Er
stand kurz davor, gleich über sie herzufallen. Aber er zügelte sich. Wollte das
ganze Paket. Clara drehte sich ab, als sie die halterlosen Strümpfe anlegte,
die Bluse anzog und schließlich den Minirock hochzog. Sie schlüpfte in die
Pumps und ging zum Tisch. Das Klacken der Absätze unterbrach die gespenstische
Stille. Wo war eigentlich Jerry? Lag er immer noch unterm Bett? Darauf wartend,
dass das Licht ausging und Burger keine Gefahr mehr für ihn darstellte? Clara
legte etwas Rouge und Lidschatten auf, bestrich ihren Mund mit rotem Lippenstift
und durchkämmte schließlich ihr blondes Haar. Sie konnte Burger im Spiegel
beobachten. Er starrte sie mit weit aufgerissenem Maul an. Lechzte nach ihrem
jungen, makellosen Körper. Clara tat all diese Verrichtungen wie in Trance.
Kaum in der Lage, richtig zu denken. Kaum imstande, die Tragweite
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