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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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Gürkchen hängt, das selbst eine Klosterschwester ermüden
würde!« Clara sah, wie ihm das Blut in den Kopf schoss. Das konnte er sich
unmöglich bieten lassen. Wutentbrannt stürmte er los.
    »Du Nut…«
Weiter kam er nicht. Der Knall dröhnte durchs Verlies. Breitete sich wie eine
Welle aus. Und wurde von den Wänden zurückgeworfen. Burger fiel. Plumpste
seitlich neben ihr zu Boden. Das Echo des Schusses übertönte den Aufprall.
    Clara drehte
sich zu ihm. Sie hakte einen ihrer Stöckelschuhe in seinen Oberkörper und
beförderte ihn mit einem kräftigen Ruck auf den Rücken. Eine Pfütze bildete
sich im Bereich seines Schädels. Sie hatte ihm direkt ins Gesicht geschossen.
Clara stieg über die Leiche und spuckte in das Loch, das nun anstelle von Franz
Burgers einstigem Antlitz klaffte. Nun, vor Gericht würde das alles hier wenig
vorteilhaft wirken. Aber das war ihr in diesem Moment völlig egal. Sie war im
Recht. Und würde das auch für immer bleiben. Sie stöckelte einen Schritt
zurück. Dann trat sie zu. Bohrte ihre Schuhspitzen, ihre Pfennigabsätze in
seine Geschlechtsteile. Immer und immer wieder. Bis sie nur noch Brei spürte.
Bis das Blut durch die Jeans weichte und ihre Schuhe, ihre Nylons benetzte. Bis
ihre Schreie in den Ohren zu schmerzen begannen.

Kapitel 14 –
Kälte

 
    1

 
    Ich machte
den Monitor aus, stellte das Aufnahmegerät ab und atmete tief durch. Ich blieb
sitzen und blickte durch den Raum.
    Die Regale
waren beinahe leer. Es war an der Zeit, sie abzubauen und durch andere Möbel zu
ersetzen. Möbel, die keinen Verdacht erregen würden. Möbel, die die Bodenklappe
verdeckten. Es wäre jetzt nicht ratsam gewesen, zu Clara in den Keller hinabzusteigen . Zu aufgewühlt war sie. Sie hatte einen
Menschen getötet. Entschlossen, stark und unbeugsam. Clara war so weit. Von nun
an musste ich sehr vorsichtig sein. Denn sie hatte die Grenze überschritten.
Hatte ihre Seele für das Unwiderrufliche geöffnet. Hatte die Ketten gesprengt,
die sie vor dem Bösen in ihr schützten.
    Meine
Gedanken begannen zu kreisen. Ich hatte Angst. Angst vor mir. Angst vor dem,
was ich ihr angetan hatte. Angst vor meinem Schöpfer. Meine Mission war
ausgeufert. Hatte auch das Böse in mir geweckt. Und doch. Ich hatte das höchste
Gebot nicht gebrochen. Obgleich ich eine moralische Mitschuld besaß. Doch das
spielte jetzt keine Rolle mehr. Was bedeutete schon Moral in dieser Welt? Was
bedeuteten schon Werte wie Mitgefühl und Menschlichkeit? Ich erhob mich und
verließ die Hütte. Erst abends würde ich zurückkehren, wenn sich die Wogen
vielleicht etwas geglättet hatten und ich Burger im Schutze der Dunkelheit zu
seinem letzten Bestimmungsort befördern würde.
    Ich
schlurfte auf dem engen Pfad in Richtung Tor. Die Natur hatte wieder ganze
Arbeit geleistet und Bäume, Sträucher, Wiesen zum Erblühen gebracht. Hatte eine
dichte Vegetation geschaffen, die alles verhüllte, was sich hinter ihr verbarg.
Ich spürte eine Träne über meine rechte Wange laufen, während ich das Tor
hinter mir schloss. Ich brachte Verderben über die Menschen. Über die
Bergmanns. Über die Burgers. Und letztlich auch über die Grubers, die nur noch
durch mich existierten. Zumindest so lange, bis auch mein Schicksal besiegelt
war. Und alles ausgelöscht wurde. Nur noch Leere und Vergessen existierten. Bis
der Staub verschwunden war und nichts mehr übrig blieb. Nicht einmal
Erinnerungen.

 
    2

 
    Ich stand in
der Schleuse, gegen die Leiter gelehnt. Meine Augen waren geschlossen. Ich hatte
Clara zuvor über den Monitor beobachtet. Sie saß vor Burgers Leichnam auf dem
Stuhl. Hatte ihn unentwegt angestarrt. Mit der Waffe auf ihrem Schoß liegend.
Ich vermutete, dass sie schon lange dort verweilte. Denn der Raum schien
unverändert. Und sie hatte sich auch nicht umgekleidet. Stierte einfach nur.
Ihr blondes Haar hing über die Schultern. Ich drückte die Klinke runter.
Durchbrach die bedrückende Stille. Selbst die Ratte schien zur Salzsäule
erstarrt. Verharrte stocksteif auf dem Tisch sitzend. Ich ging leise und
langsam zum Klappstuhl und nahm darauf Platz. Clara saß weiterhin reglos da.
Ich wartete ab, was passierte. Ich wollte, dass sie mich zuerst ansprach. Und
das tat sie auch. Eher als ich dachte.
    »Dafür werde
ich Sie töten .« Ihre Stimme klang völlig ruhig. Ja,
beinahe sachlich. Sie kehrte mir weiterhin den Rücken zu. Blickte weiterhin auf
Burger hinab. Ich hörte kurz ein seltsames Geräusch. So als drückte

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