Clara
Herzproblemen gehört und diesen teuflischen Plan
geschmiedet. Ich glaube, er konnte es nicht ertragen, dass mich ein anderer
Mann liebt. Und sei es mein Vater. Aber das ist natürlich nur Spekulation .« Thomas nickte mehrmals.
»Und deine
plötzliche Freilassung? Wie denkst du darüber ?« Ja,
wie dachte sie darüber? Sie hatte eine Vermutung, die sie aber wiederum nicht
äußern konnte. Deshalb musste sie ihn erneut im Dunkeln lassen. Clara legte
ihre manikürte Hand zärtlich auf seine rechte Wange. Sie konnte und wollte
nicht mehr. Es war vorbei. Beendet. Abgeschlossen. Bis auf das Damoklesschwert,
das über ihr thronte. Clara flüsterte ihm leise und sanft zu.
»Danke, dass
du für mich da bist .« Thomas errötete unmerklich. Das
war das Zeichen. Sie konnte seine Liebe ganz deutlich spüren. Langsam bewegten
sich ihre Lippen aufeinander zu. Bis sie sich endlich in glutvollen Küssen
vereinten.
Kapitel 18 –
Bekenntnis
1
Wilhelm Bach
lag auf einer schäbigen Pritsche im Zimmer eines schäbigen Wiener Hotels. Er
blätterte zahlreiche Tageszeitungen und Illustrierte durch. Clara hatte ihren
Mund gehalten. Hatte kein Sterbenswort über Burger, Gruber oder Bach verlauten
lassen. Zumindest gab es keinerlei Anzeichen dafür. Er hatte das Zimmer im
Voraus bezahlt. Das war üblich in Etablissements, die nach keinem Ausweis
fragten. Noch zwei Tage, dann würde er sein Quartier wechseln. Und auch die
Ansprüche. Zunächst galt es aber noch, vorsichtig zu sein. Denn man konnte nie
wissen. Wenn Clara dichtgehalten hatte, war das schon, auf kurze Sicht gesehen,
nicht sehr klug von ihr. Sicherlich. Ihr blieben sehr unangenehme Fragen und
noch unangenehmere öffentliche Bekenntnisse erspart. Aber mit der Wahrheit wäre
sie letztendlich nicht angreifbar gewesen. Nicht für ihn. Aber so. Die Reichen
würden es nie lernen.
Clara war
frei. Konnte sich allerorts bewegen. Und war doch seiner Gnade ausgesetzt. Das
war ein wundervolles Gefühl. Und nur noch durch jenes zu steigern, das ihre
Vernichtung auslösen würde. Ihre Vernichtung, die den Zyklus abschließen würde.
Den Zyklus der Rache, die nach einem letzten Opfer schrie. Um den Schwur zu
vollziehen. Bach erhob sich von seiner Liegestatt, schlüpfte in seinen grauen
Anzug, nahm den kleinen Aktenkoffer an sich und verließ den Raum. Nachdem er
die Tür unverschlossen hinter sich gelassen hatte, wischte er sich mit einem
Taschentuch die Hände ab. Selbst die Türklinke erfüllte ihn hier mit Ekel. Aber
er musste durchhalten. Nur noch zwei Tage. Er überquerte am Zebrastreifen den
verkehrsreichen »Gürtel« und stieg die Treppen zur U-Bahn hinab. Schritt vorbei
an den gesichtslosen Gestalten, die sich in endloser Reihe an den
Begrenzungsmauern des Bahnsteiges herumdrückten. Der Zug brauste heran, die
Türen öffneten sich automatisch. Bach tauchte hinein. In die grelle Welt der
U-Bahn-Waggons.
2
Thomas
Liebherr ging zügig aus dem Bürogebäude. Das Handy am Ohr. Es war später
Freitagnachmittag. Das Wochenende stand vor der Tür. Er sah wirklich gut aus.
Schwarzer Nadelstreif. Designerhemd. Modekrawatte. Gucci-Schuhe. Kleider
machten Leute. Wenngleich er auch in Sack und Asche noch akzeptabel gewirkt
hätte. Er besaß etwas, das Bach stets fremd geblieben
war. Ausstrahlung.
Die
Klatschpresse hatte ausführlich über die Reunion von Clara und Thomas
geschrieben. Hatte sich über der Bergmann-Tochter schnelle Erholung
unterschwellig mokiert. Wahrscheinlich hätten sie sie lieber als nervliches
Wrack beschrieben, das sich in Alkohol und Drogen flüchtete, um zu vergessen.
Doch nichts dergleichen war passiert. Ganz im Gegenteil. Clara präsentierte
sich als ganz normale junge Frau, die sich neu verliebt hatte. Nur hatten die
Medien dieses Mal keinen Zutritt zu ihrem Glück. Und das machte sie anscheinend
wütend. Also stocherten sie im Trüben und konstruierten ihre eigenen
Geschichten. Wer nicht kooperierte, wurde eben mit Dreck beworfen. Die
Entführung, der Tod ihrer Eltern spielten da keine Rolle. Die Trauerzeit war
vorüber. Der Waffenstillstand beendet. Und da Clara gegen die goldene Regel der
immerwährenden Zusammenarbeit verstoßen hatte, wurde durchgeladen.
Schonungslos.
Liebherr
durchquerte die halbe Innenstadt. Mittlerweile hatte er sein Gespräch beendet.
Er kämpfte sich durch die Ströme von Touristen, die sämtliche Plätze und
Straßen in Beschlag genommen hatten und selbst über die zahlreichen
Würstchenbuden hergefallen waren.
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