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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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Medienexperte geworden«, versuchte sie loszuscherzen. Doch es zog nicht.
Thomas hielt nichts von derlei Spielchen. Ernster sprach sie weiter. »Du hast
vermutlich recht . Aber ich kann nicht. Und ich will
nicht. Dieser ganze Rummel hat meine Familie zerstört. Und nicht erst seit
Vaters Tod.« Thomas hielt an einer roten Ampel. Er sah sie nachdenklich an.
Ließ seine Blicke über ihr Haar schweifen.
    »Das ist
nicht mehr zu ändern. Menschen machen Fehler. Die Konsequenzen sind sehr oft
nicht absehbar. Du darfst dich nicht dafür verantwortlich machen. Diese Welt
hat dich fasziniert. Und du bist Teil davon geworden. Das rechtfertigt keine
Entführung. Keinen Todesfall.« Clara wusste, wie lieb das gemeint war. Aber er
kannte nicht die volle Wahrheit. Und sie wollte sie ihm auch nicht anvertrauen.
So sehr sie ihn auch mochte.

 
    5

 
    Thomas
schenkte zwei Gläser Chardonnay ein und setzte sich
dann zu ihr auf die Ledercouch. Clara lächelte leicht. Es tat ihr unendlich
gut. Sie wunderte sich selbst, noch immer nicht zusammengeklappt zu sein. Sie
blickte Thomas etwas verstohlen an. Er war wie immer
ganz Gentleman. Zurückhaltend. Verständnisvoll. Edelmütig. Während all ihre
anderen Freunde und Bekannten sie mit unaufhörlichen Fragen über die Entführung
nervten, vermied er das Thema weitgehend. Er hatte sie noch nicht einmal nach
dem Verlies gefragt. Nur sie selbst schien ihm wichtig. Wie es ihr ging. Wie
sie sich fühlte. Vermutlich wartete er darauf, bis sie selber davon sprach. Sie
waren allein in seiner stilvoll eingerichteten Wohnung. Mussorgskis »Bilder einer Ausstellung« klangen schwach im Hintergrund.
    »Du hast
mich bislang über nichts, was mein Verschwinden betrifft, gefragt. Wie kommt
das ?« Thomas wandte seine ganze Aufmerksamkeit auf
sie.
    »Ich dachte,
dass es dir vielleicht unangenehm ist, darüber zu sprechen. Und in der
Veröffentlichung stehen ja ohnehin die wesentlichen Fakten. Aber natürlich
interessieren mich schon ein paar Aspekte .« Clara
musterte ihn kurz. Er war so süß. Sie hatte den Drang, ihn auf der Stelle zu
küssen. Nur mühsam unterdrückte sie dieses Gefühl.
    »Na, dann
frag doch .« Ihr Kavalier räusperte sich, trank von
seinem Glas und rückte sich die perfekt sitzende Krawatte zurecht.
    »Was für ein
Mensch ist dieser Michael, oder wie er sich nennt? Ich meine, ihr werdet doch
irgendwann miteinander gesprochen haben .« Oh ja, das
hatten sie. Mehr als ihr lieb gewesen war. Es lief ihr kalt über den Rücken.
Schon der Gedanke an seine Worte, die stets harmlos begannen und in
Bösartigkeit endeten, verursachte ein tiefes Unbehagen in ihr. Worte, die als
Wein serviert und als Gift getrunken wurden. Clara überlegte, wie sie Thomas
antworten sollte. Im Hinterkopf stets das Lügengebilde, das sie sich selbst
auferlegt hatte. Sie verfluchte sich dafür. Da sie das drohende Unheil förmlich
spürte.
    »Nun, er hat
sich sehr rar gemacht. Mit dieser komischen Maske auf dem Kopf. Aber er war
stets sehr höflich. Fast zuvorkommend. Aber auch sehr bestimmt. Das klingt nach
Stockholm-Syndrom, nicht wahr ?« Thomas blickte sie
aufmunternd an. »Ich glaube, er war sehr einsam. Er sah mich als Kompensation
für seine emotionale Leere. Und er war feige. Denn obwohl ich in seiner Hand
war, hat er Angst vor mir gehabt. Angst vor dem, was hinter der bloßen Fassade
steckt. Angst vor dem Menschen Clara, der sein Gewissen zu sehr belastet hätte.
Also hat er sich damit zufriedengegeben , mich dort zu
wissen, wo ich für ihn erreichbar war .« Clara wusste,
dass das nur zum Teil stimmte. Aber was konnte sie anderes sagen? Dass er sie
Bücher lesen ließ, die sie auf ihr Ende vorbereiten sollten. Dass er sie
vergewaltigen ließ. Dass er ihr eine geladene Pistole anvertraut hatte. Dass er
auf einem krankhaften Rachefeldzug gegen ihre Familie war. Dass sie zwei
Menschen getötet hatte und von einem Unbekannten in den Wald gelegt wurde. Mit
der Drohung im Gepäck, ja den Mund zu halten. Das klang genauso verrückt wie
die Tatsache, dass sie nun all das verschwieg. Sie steckte in einem Dilemma,
aus dem sie nie mehr wieder rauskommen würde. Nur hoffen konnte, dass das Kartenhaus
nicht in sich zusammenfiel. Thomas überdachte kurz ihre Worte und stellte dann
eine weitere Frage.
    »Aber warum
hat er dieses Video gedreht, von dem die Rede ist? Das deinen Vater in den Tod
getrieben hat .« Auch darauf konnte sie nicht
aufrichtig antworten.
    »Ich weiß es
auch nicht. Er hat von Vaters

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