Clara
leise. Die
Katze kam näher. Clara leuchtete ihr mitten ins Gesicht. Ihre Augen glänzten
wie Diamanten. Sie streckte ihr eine Hand entgegen. Die Katze schaute kurz auf.
Dann lief sie weg. Clara widmete sich wieder der Platte. Zog sie am Griff hoch.
Bis sie nach hinten fiel. Etwas Erdreich rutschte in die dunkle Schleuse. Sie
kletterte die Eisenleiter hinab. Drückte die Klinke zur Stahltür. Sie war nicht
verschlossen. Vorsichtig leuchtete sie in den Raum und erhellte die schwarzen
Gitter. Es war stickig hier drinnen. Die Lüftung funktionierte offenbar nicht
mehr. Erst jetzt hörte sie, wie sich etwas bewegte. Direkt bei der Pritsche.
Sie betrat vollends den Raum.
»Thomas !« , rief sie. »Thomas! Bist du da ?« Eine dunkle Silhouette erhob sich.
»Clara?« Sie
leuchtete direkt auf die Gestalt. Es war Thomas. Oh Gott. Er sah schrecklich
aus.
»Komm her,
Schatz. Ja, ich bin es .« Thomas kam auf sie zu. Griff
mit seinen Händen durchs Gitter. Umfasste sie. Küsste sie. Clara war unendlich
erleichtert. Sie hatte ihn gefunden. Und er lebte. Er wirkte sehr entkräftet.
Lethargisch. Blutleer. Clara strich ihm durchs Haar.
»Kannst du
hier irgendwie Licht anmachen ?« Thomas sah sie
verwirrt an. Dann fiel es ihm wieder ein.
»Ja, ich
habe ein paar Kerzen. Aber die Flammen entziehen mir den Sauerstoff .« Clara sah ihn liebevoll an. Es war alles ihre Schuld. Und
sie wollte es wieder gutmachen. Wenn dieser Alptraum vorüber war.
»Zünde sie
ruhig an. Ich leuchte dir. Die Tür ist ja jetzt offen .« Thomas machte zögerlich kehrt und begann dann, die Kerzendochte zu entflammen.
Eine gespenstische Aura erfüllte den Raum. Clara ging zur Gittertür. Wie konnte
sie ihn ohne Schlüssel hier herausbringen? Sie würde Hilfe holen müssen.
»Ich habe
keinen Schlüssel, Thomas. Ich muss jemanden holen, der die Tür aufmacht .« Sie machte Anstalten zu gehen. Thomas rief ihr entgegen.
»Nein! Lass
mich hier nicht alleine. Ich ertrage das nicht mehr. Und es darf auch niemand
erfahren .« Er ging zum Tisch und hob einige Stück
Papier auf. »Er hat mir seinen ganzen Plan dagelassen .« Sie nahm die Blätter an sich. Sie hatten den gleichen Inhalt wie der USB-Stick . Clara war verzweifelt. Irgendetwas musste sie
doch unternehmen. Sie klappte den Sitz in der Ausbuchtung herunter und nahm
Platz. Ließ den Kopf in ihre Hände fallen. Sie fühlte sich, als würde sie ihm
immer ähnlicher werden. Ihm, Michael, der genau hier mit ihrem Leben gespielt
hatte. Ein halbes Jahr lang.
»Hast du
alles durchsucht ?« , wollte sie wissen. Er nickte.
»Doppelt und
dreifach. Aber nichts. Hier drin ist kein Schlüssel. Wir werden Werkzeug aus
dem Baumarkt brauchen .« Thomas hatte sich etwas
gefangen. Claras Anwesenheit gab ihm neue Hoffnung. Neue Zuversicht. Neue
Kraft. Sie schüttelte den Kopf.
»Das dauert
zu lange. Außerdem haben wir hier keinen Strom. Er hat ihn abgeklemmt .« Clara stand auf und hockte sich vor dem Gitter nieder. Er
tat es ihr gleich. Mit Tränen in den Augen umfassten sie ihre Hände. Drückten
mit vielsagenden Blicken ihre gegenseitige Liebe aus.
Aber auch ihre unendliche Verzweiflung über diese Situation. Clara begann, ihm
alles zu erzählen, was seit seinem Verschwinden passiert war. Die Vernehmung
der Polizei. Ihre Weigerung, etwas zu sagen. Das Bankett. Den nächtlichen
Besuch von Michael. Sie ließ kein Detail aus. Schonte ihre eigene Rolle nicht.
Ihren Eigennutz. Sie hasste sich selbst dafür. Hasste sich, Thomas beinahe
geopfert zu haben. Er strich über ihre Wangen. Lächelte sie entwaffnend an.
»Es ist nicht
deine Schuld. Und du hättest gar nichts anderes machen können. Ein Geständnis
von dir hätte mir auch nichts genützt. Glaube mir. Aber jetzt bist du da. Und
alles wird gut .« Clara griff weit durch die Stäbe.
Versuchte, ihn irgendwie an sich zu ziehen. Sie war unendlich dankbar, Thomas
zu haben. Er verkörperte all das, was ihr abhandengekommen war. Güte, Mitgefühl, Verantwortungsbewusstsein. Sie musste ein besserer Mensch
werden, um ihm wirklich würdig zu sein. Thomas hielt inne.
»Was hat er
über mich gesagt ?« Clara verstand nicht ganz. Trotzdem
versuchte sie, sich zu erinnern.
»Es war
nicht viel. Er hat mich gerügt, dass ich dich im Stich gelassen habe .« Sie blickte schamvoll zu Boden. Nach einer ganzen Weile
sprach sie weiter. »Und er wird sich um dich kümmern, bevor du deinen letzten
Knebel frisst oder so .« Thomas stand plötzlich auf.
»Da hast du
aber noch nicht
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