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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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auch noch bei der Polizei melden. Schließlich wirst du
vermisst .« Sie ließ ihm keine Möglichkeit, etwas zu
erwidern. »Ich werde das selbst beenden. Ich habe den Karren in den Dreck
gefahren, und nur ich alleine kann ihn auch wieder herausziehen. So Gott will .« Sie fuhr in die Tiefgarage ein und parkte auf einem der
Stellplätze. Thomas drehte sich zu ihr.
    »Ich werde
dich nicht im Stich lassen .« Er nahm ihre Hand. »Denn
ich will, dass du meine Frau wirst. Und ich dulde keinerlei Widerrede .« Plötzlich fiel die ganze Last, der ganze Beton, den sie
mit sich herumschleppte, von ihr ab. Sie begann, hemmungslos zu weinen. Aber es
waren Tränen des Glücks. Thomas nahm sie in die Arme. Streichelte über ihr
Haar, ihre süßen Wangen. Dann gaben sie sich einen unendlich zärtlichen Kuss.
Als sie sich wieder lösten, legte er seinen rechten Zeigefinger auf ihren Mund.
Es war beschlossen.
    »Hat er dir
nicht gesagt, was er vorhat ?« Clara dachte nach. Ja,
da war wieder eine Andeutung gewesen.
    »Er will zu
den ›Zwölf Aposteln‹. Frag mich nicht, was er damit meint. Er ist, glaube ich,
religiös angehaucht. Zumindest hat er des Öfteren über dieses Thema gesprochen .« Thomas nahm den Laptop vom Rücksitz. Er schien völlig
wiederhergestellt. Die Strapazen waren wie weggewischt. Clara sah ihn verliebt
an. Er tat das alles nur für sie. In diesem Moment schwor sie sich, ihn nie
wieder loszulassen. Egal, wie sich ihr Leben auch weiterentwickeln würde.
Nichts war wertvoller als ein Mensch, der einen aufrichtig liebte. Er lud den
Internetbrowser hoch und googelte »die Zwölf
Apostel«. Daran hatte sie nicht gedacht. Wie wäre alles verlaufen, wenn sie
»Wilhelm Bach« gegoogelt hätte? Oder Sarah und
Michael Gruber? Oder Franz Burger? Thomas überflog die Trefferergebnisse.
    »Die zwölf
Jünger Jesu. Ein Pizzalieferservice. Eigenartiger Name für so ein Unternehmen.
Ein Naturdenkmal in Australien.« Clara unterbrach ihn auf der Stelle.
    »Das ist es!
Er hat einmal von einer Reise dorthin gesprochen. Vom Heiratsantrag, den er
seiner Frau machte. Ich habe das ganz vergessen. Er will, dass ich dort
hinkomme !« Thomas drückte ihre Hand.
    »Dann auf
nach Australien!« Clara sah ihn besorgt an.
    »Und die
Polizei?« Thomas grinste leicht.
    »Ich rufe
meine Sekretärin vom Flughafen aus an. Ich bin schließlich ein freier Mensch!
Der nichts verbrochen hat .« Australien. Die
Entscheidung war gefallen.

Kapitel 21 –
Ferne

 
    1

 
    Ich fuhr in
meinem Mietwagen die große Panoramastraße am südlichen Ozean entlang. Vorbei an
herrlichen, von Wind und Wasser geformten Felsformationen. Vorbei an mystischen
Orten, wo Schiffe den Kampf gegen die raue See verloren hatten. Durch kleine,
im Kolonialstil erbaute Fischerdörfer mit niedlichen Leuchttürmen, die längst
den Versuchungen des Massentourismus erlegen waren. Ich bog in einen breiten,
aber unasphaltierten Seitenweg ab und hielt am Parkplatz vor den »Zwölf
Aposteln«. Meine Stimmung war gemischt. Ich war froh, hier zu sein. Hatte aber
auch Angst vor dem, was mich erwartete. Wie ich mit den Erinnerungen umgehen
konnte. Ich ging an der Steilküste entlang. Weg von den Autobusladungen. Hin zu
einer kleinen, ruhigen Anhöhe. Dort hatte ich sie gefragt. Gebeten, meine Frau
zu werden. Dort waren ihr die Tränen gekommen, als sie mein Ansinnen bejahte.
Dort hatten wir uns endlos lange gehalten. Geküsst. Unser Glück genossen. Nun
war ich wieder hier. Wieder mit Tränen in den Augen. Nur war ich jetzt alleine.
Und meine Tränen sprachen von Trauer. Von Schmerz. Von unerfüllter Sehnsucht
nach ihr. Hier hatte mein Leben begonnen. Und hier würde es auch zu Ende gehen.
Ich setzte mich auf den Grasboden und blickte aufs Meer. In der Ferne waren sie
zu erkennen. Die acht hohen, gewaltigen, pfeilerartigen, majestätischen, im
Meer stehenden Kalksteinfelsen. Trotzten der erodierenden Brandung des Meeres.
Bis wieder einer kollabieren würde. Und es nur noch sieben von ursprünglich
zwölf waren. Allerorts ging die Elimination weiter. Was machte es da schon aus,
wenn ein weiterer Felsen verschwand? Oder ein weiterer Mensch. Ich stand auf
und breitete meine Arme aus. Ließ den Wind durch meine Finger pfeifen. Ich
spürte den Trost, der mich plötzlich umgab. Und es war nicht Gott, der ihn mir
spendete. Gott hatte sich von mir abgewandt. So, wie es mir Clara prophezeit
hatte. Nein, es war ein anderer Trost. Es war Sarah, die Gott wurde.

 
    2

 
    Clara und
Thomas

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