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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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hatten in einer kleinen Ortschaft, die den »Zwölf Aposteln« am nächsten
lag, Quartier genommen. Sie aßen auf der Hotelterrasse zu Mittag. Thomas machte
etwas unbeschwerte Konversation. Er wollte die Sorgenfalten in Claras Gesicht
glätten.
    »Die ›Zwölf
Apostel‹ sind wahrlich ein romantischer Ort .« Clara
sah ihn mit einem leicht verschmitzten Lächeln an.
    »Zumindest
romantischer als eine Tiefgarage.« Sie spielte auf seinen Heiratsantrag an, den
sie mittlerweile auch offiziell, in tränenreichen Worten angenommen hatte. Sie
konnten Gruber nicht finden. Sie waren schon tagelang in der Gegend
herumgefahren und hatten die Hotels und Herbergen durchforstet. Sie konnten ihn
nicht finden. Als würden sie einem Phantom nachjagen.
    Thomas hatte
zwischendurch seine Zweifel angemeldet, ob er überhaupt hier wäre. Sie
womöglich nur zum Narren hielt und sich in der Heimat die Hände rieb. Unter
Umständen sogar die fingierten Beweise an die Polizei weitergeleitet hatte. Und
ihre Reise nun als Flucht gewertet werden konnte. Doch Clara war standfest
geblieben. Sie wusste, dass er hier war. Konnte seinen Atem direkt spüren.
Seine unheilvolle Aura fühlen. Thomas nahm gerade einen Schluck aus seinem
Bierglas, als der Kellner ein kleines, hölzernes Tablett mit einer Mitteilung
auf ihren Tisch stellte. Beiden stockte der Atem. Niemand kannte sie hier.
Niemand wusste von dieser Reise. Also blieb nur eines. Michael Gruber.
      Thomas schluckte, während sich ihre Blicke
trafen. Mit zittrigen Händen nahm er das gefaltete Blatt in die Hand. Thomas
las den Text und reichte ihn dann an Clara weiter. Sie sah die Furcht in seinen
Augen. Sie wusste nicht, für was sie ihn mehr lieben sollte. Für seinen Mut.
Oder für seine Angst. Clara hatte ihre Furcht, ihre Bedenken mit einem Mal
überwunden. Ganz plötzlich. Im Angesicht der Bedrohung. Sie las die kurze
Nachricht. » Die Jünger Jesu erwarten Sie morgen. Eine Stunde vor
Sonnenaufgang. « Ein wahrer Poet. Intelligent, belesen ,
mörderisch. Welch eine Verschwendung sein Leben doch darstellte. Die gute Seite
davon. Die Jekyll-Seite. Clara legte den Zettel zurück aufs Tablett.
Entschlossen sprach sie zu Thomas.
    »Wir gehen
nach dem Essen in dieses Jagdgeschäft. Besorgen uns die Känguruflinte samt
Munition. In diesen kleinen Ortschaften nehmen sie es bestimmt nicht so genau.
Eine Touristenlizenz zur Jagd haben wir ja schon besorgt. In der Not helfen wir
eben mit ein wenig Bargeld nach .« Sie sagte das sehr
hart. Wie ein Geschäftsmann, der dabei war, einen anderen zu vernichten. Thomas
war für einen Moment lang schockiert. So kannte er sie bislang nicht. Nein,
aber er kannte auch sich selber noch nicht.

 
    3

 
    Ich sah, wie
das Scheinwerferlicht sich langsam näherte. Clara hatte sich nicht aufgegeben.
Hatte gekämpft. Die Spur bis hierher verfolgt. Sie wollte leben. Und war
bereit, mich dafür zu opfern. So, wie ich es ihr prophezeit hatte. Das Tier war
erwacht. Sie hatte meine Botschaften verstanden und das Spiel aufgenommen. Sie
war bereit, bis zum Äußersten zu gehen. Und meine Bestimmung zu erfüllen. Meine
Mission. Die längst abgedriftet war. Längst ihren Ursprung verloren hatte. Weil
es nicht mehr um Rache ging. Nur noch darum, einem Traum hinterherzujagen .
Einer fixen Idee. Die Reifen drückten die Steine in den lehmigen Boden. Der
Wagen hielt. Ich verschanzte mich hinter einem kleinen Felsen. Nur wenige Meter
von ihnen entfernt. Das Kreuz des Südens leuchtete am Firmament. Die Lichter
gingen aus, und die Innenbeleuchtung wurde eingeschaltet.
    Da saßen
sie. Clara und Thomas. Sprechend, gestikulierend. Die Ungewissheit dieser Nacht
stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Ich packte das Eisenrohr und schlich mich
gebückt an. Verbarg mich an der Rückfront des Autos. Die Türen wurden geöffnet.
Sehr zögerlich. Clara schien etwas zu flüstern. Doch ich konnte es nicht
verstehen. So dicht ich auch an ihnen dran war. Thomas trat auf den Boden. So
wie jemand, der das Eis auf einem zugefrorenen See testete. Ängstlich.
Unentschlossen. Er hielt ein Jagdgewehr in der Hand. Eine Taschenlampe war am
Lauf befestigt. Gar nicht dumm. Leise schloss er die Tür. Glaubte er, ich würde
ihre Ankunft nicht erwarten? Glaubte er, er könne mich überrumpeln? Die Tür auf
Claras Seite wurde ebenfalls geschlossen.
    Ich hob die
Stange und stürzte auf Thomas zu. Es ging wahnsinnig schnell. In Bruchteilen
von Sekunden. Zu spät erkannte er die drohende Gefahr. Zu spät

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