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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
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gewusst, dass ich hier bin und nicht, wie er behauptet hatte,
gefesselt in einem Kellerraum mit einem Stück Stoff im Mund ?« Clara schüttelte den Kopf. »Der Schlüssel ist im Essen !« Thomas ging euphorisch zum »Überlebens-Schrank«. Jetzt erhob auch sie sich. Da
war was dran. Diese Anspielung zielte darauf ab. Er riss die Tür auf und machte
die erste Dose auf und schüttete den Inhalt auf den Boden. Nichts. Die zweite
kam dran. Dann die dritte. Michael hatte für einen beachtlichen Vorrat gesorgt.
Auch Wasser war genügend da. Nur an die Lüftung hatte er nicht gedacht. Oder
doch? Thomas riss die nächste Dose auf. Clara gebot ihm Einhalt.
    »Es ist die
letzte Dose. Ganz hinten im Schrank.« Thomas wühlte die Büchsen beiseite und
nahm eine der hintersten zur Hand. Der Deckel ging sofort ab. Er fuhr mit zwei
Fingern hinein. Fühlte das Metall. Mit einem Ausruf des Glücks zog er einen
Schlüssel heraus. Thomas war frei. Claras Herz pochte wild vor Freude. Die
erste Hürde war genommen. Doch der dunkle Schatten hatte sich schon längst
wieder über sie gelegt.

 
    6

 
    »Hast du
irgendeine Erklärung für das alles ?« , wollte Thomas
wissen. »Das ist doch Irrsinn !« Sie waren im Wagen auf
der Rückfahrt in die Hauptstadt. Clara saß nachdenklich hinterm Lenkrad. Sie
schwieg sehr lange, bis sie ihm endlich eine Antwort gab.
    »Am Anfang
wollte er nur meinen Vater bestrafen. Ihm seine einzige Tochter wegnehmen.
Damit er eine Ahnung davon bekam, wie es ist, jemand Wichtigen zu verlieren. Er
wollte ihn leiden sehen. Genoss die Appelle im Fernsehen. Ich glaube, er hatte
da noch nicht die Absicht, jemandem echten Schaden zuzufügen. Nicht mir und
auch nicht Papa. Mit der Herzattacke änderte sich das. Er sah eine Möglichkeit,
seine Rache, seinen Hass auf eine höhere Ebene zu stellen. Und er musste nicht
einmal selbst Hand anlegen. Das faszinierte ihn wohl am meisten dabei .« Der Morgen war inzwischen angebrochen. Erste
Sonnenstrahlen überfluteten die Maisfelder am Straßenrand. Clara sehnte sich
danach, dort einzutauchen. Thomas betrachtete sie mit aufmerksamer Miene. Sie
sprach weiter. »Nach Vaters Tod war er, glaube ich, enttäuscht. Es war ihm viel
zu schmerzlos verlaufen. Viel zu klinisch. Meine Tränen reichten bei Weitem
nicht aus. Und er ersann einen noch viel grausameren Plan. Es ging inzwischen
nur noch um mich. Wie er mich treten konnte. All seine Verzweiflung, all sein
Zorn projizierte sich auf meine Person. Obwohl er es mir gegenüber zu verbergen
versuchte. Er schlug gleich drei Fliegen auf einmal. Trieb Mutter in den
Selbstmord, entledigte sich eines verhassten, persönlichen Feindes und
demütigte mich bis aufs Äußerste .«
    Sie musste
beim Gedanken an Franz Burger kräftig schlucken. Zu tief saß dieser Stachel,
der niemals wieder aus ihr entfernt werden konnte. Thomas streichelte ihr
gefühlvoll über den Oberarm. Sie lächelte ihn kurz an. Abermals standen Tränen
in ihren Augen.
    »Er fand
Gefallen daran. Wurde süchtig danach. Konnte nicht mehr aufhören. Ersann immer
wieder neue Fallstricke. Bis heute. Und ich dumme Ziege spielte ihm tatkräftig
in die Hände. Er durchschaute mich vollends. Kannte mich besser als ich mich selbst. Mein Martyrium ist seine stellvertretende Rache an
der Gesellschaft, die ihm keinen Platz ließ. Mein Untergang wurde zu seiner
fixen Idee. Und ich habe keinen Zweifel daran, dass er sie immer weitertreibt.
Bis er mich dort hat, wohin er mich haben will. Denn ich bin die wahre Trophäe
seiner Rache .« Clara sah Thomas tief in die Augen.
    Sie
erreichten die Auffahrt zur Stadtautobahn.
    »Ich werde
mitspielen. Aber nicht mehr als Opfer. Ich werde mir diesen Mistkerl schnappen.
Eher werde ich nie Ruhe haben. Er will, dass ich mit ihm ins Verderben stürze.
Denn er hat nichts mehr zu verlieren. Ich aber schon. Und ich werde darum
kämpfen .« Sie legte ihre rechte Hand auf Thomas’
Schoß. Er hatte die ganze Zeit über schweigend dagesessen und ihre Worte auf
sich wirken lassen.
    »Aber wie
willst du ihn finden? Er ist uns immer einen Schritt voraus. Lass das einen Profi machen. Ich wende mich, wie geplant, an die
Detektei. Die werden seine Machenschaften schon aufdecken. Und die Wahrheit ans
Licht bringen .« Clara nahm die nächste Ausfahrt. Der
Verkehr war inzwischen sehr dicht. Die ersten Pendler eroberten die Stadt und
verstopften sie.
    »Ich will
dich da nicht weiter reinziehen. Du hast genug gelitten. Ich fahre dich jetzt
heim. Du musst dich ja

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