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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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Bullen.«
    »Bullen?«, wiederholte Lizzie Rose.
    »Ich hab se vom Fenster geseh’n. Ich hab die großen Helme geseh’n.«
    Lizzie Rose kletterte aus dem Bett und nahm den Spaniel auf den Arm. »Still, Ruby.« Dann trat sie aus dem Schlafzimmer in den Wohnraum.
    Was Lizzie Rose ihr Schlafzimmer nannte, war in Wahrheit nichts, was diesen Namen verdiente. Grisinis Unterkunft bestand aus zwei Räumen: seinem privaten Schlafzimmer und einem großen Wohnraum. Parsefall schlief in einem Nest aus Decken vor dem Wohnzimmerkamin. Als Lizzie Rose dazukam, kaufte Grisini – mit einem Gehabe, als würde er ihr die Kronjuwelen bieten – eine Strohmatratze und bot ihr an, sich den Platz vor dem Feuer mit Parsefall zu teilen. Lizzie Rose lehnte das großzügige Angebot ab. Da Grisinis Wohnzimmer bis unter die Decke mit Gerümpel vollgestopft war, baute sie sich daraus in einer Ecke des Zimmers eine kleine Kammer: gut sechs Quadratmeter groß mit eineinhalb Meter hohen Wänden. Für die Wände verwendete Lizzie Rose Stücke der Kulissen, Teile von Grisinis ehemaligem Wohnwagen und von alten Möbeln sowie ein kaputtes Bücherregal, leere Kartons und vergilbte Zeitungen, die mit Bindfaden zusammengebunden waren. Ein paillettenbesetzter Vorhang an einem Besenstiel diente als Tür.
    Lizzie Rose hielt den kleinen Raum so sauber wie möglich. Sie kehrte die Hundehaare zusammen und machte jeden Tag ihr Bett, indem sie einen schäbigen Quilt über die klumpige Matratze breitete. Die Kammer war alles andere als elegant, aber Lizzie Rose schätzte es, sich zurückziehen zu können. Zweimal hatte sie Parsefall dabei erwischt, wie er ihr heimlich beim Ausziehen zusehen wollte. Obwohl sie ihm ordentliche Ohrfeigen dafür verpasst hatte, traute sie ihm zu, dass er es wieder versuchen würde.
    Parsefall war hellwach. Er schlief immer in seinen Kleidern und die waren schmutzig und verknittert. »Grisini is’ auch unten«, berichtete er halblaut. »Wahrscheinlich is’ er runter, um was zum Frühstück von Mrs Pinchbeck zu schnorren. Da haben die Bullen an die Tür gehämmert und sie hatse reingelassen, oder? Das wird Grisini nich’ gefallen – Bullen im Haus … Und ihr auch nich’.«
    »Polizisten im Haus«, verbesserte ihn Lizzie Rose. Sie warf einen Blick aus dem Fenster. Die Straße war nur bruchstückhaft zu erkennen. Unruhige gelbgraue Nebelfetzen hingen zwischen den Häusern und versperrten ihr die Sicht.
    »Schneid’ dir ins eigne Fleisch!«, krähte der Papagei. »Futsch!«
    Ein Aufschrei von Mrs Pinchbeck drang nach oben.
    » Jetzt haben sie’s geschafft«, stellte Parsefall nicht ohne Befriedigung fest. »Sie hat einen von ihren Krämpfen.«
    Lizzie Rose seufzte. Ihr und Parsefall waren Mrs Pinchbecks schlimmste Leiden wohlbekannt: Herzrasen und Krämpfe. Herzrasen wurde mit heißem Wasser, Zucker und Rum kuriert, Krämpfe aber verlangten nach Gin. »Ich gehe besser zu ihr«, sagte sie widerstrebend. »Ich habe die Ginflasche versteckt.«
    Parsefall packte sie am Handgelenk, um sie zurückzuhalten. »Was, wenn se hier raufkommen?«
    »Keine Angst«, sagte Lizzie Rose sanft. »Sie tun uns nichts …« Aber Parsefall hörte gar nicht mehr hin. Er flitzte schon zu seiner Schlafstätte und machte sich fieberhaft an den Decken zu schaffen.
    »Parse! Sie werden dich nicht verhaften, weil du dein Bett nicht gemacht hast!«
    Der Junge warf ihr einen Blick tiefster Geringschätzung zu.
    »Kommen Sie! Kommen Sie!«, rief Grisini in einem überschwänglichen Tonfall. »Geben Sie auf die Stufen acht, signori, die sind heimtückisch. Ein falscher Schritt und Sie brechen sich den Hals!«
    Lizzie Rose setzte Ruby auf den Boden und ging in ihre Kammer, um sich das Nachthemd auszuziehen. Sie stülpte sich ein Kleid über den Kopf und zog ihren Flanellunterrock darunter. Es blieb keine Zeit, um weitere Unterröcke anzulegen, aber ihre waren sowieso derart abgetragen, dass es keinen großen Unterschied machte.
    »Parsefall!«, rief Grisini. »Lizzie Rose, mein Goldstück! Kommt her und begrüßt die Herren von der Polizei!«
    Er klang hocherfreut. Ruby kläffte aufgeregt. Lizzie Rose knöpfte ihr Kleid zu, stieg in ihre Stiefel und strich sich über das geflochtene Haar. Es bekümmerte sie, dass sie schlampig wirkte, aber mehr war in der Kürze der Zeit nicht zu erreichen.
    Parsefall stand vor dem Paillettenvorhang. Ungewohnt ordentlich hatte er seine Bettdecken zusammengerollt und in der Zimmerecke verstaut. Lizzie Rose griff suchend nach

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