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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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Schuld, dass er tot is’«, wehrte sich Parsefall gekränkt. »In der Familie sind alle tot.«
    Lizzie Rose verpasste ihm eine dritte Ohrfeige. Diesmal schlug Parsefall zurück. Er holte nicht kräftig aus, aber es genügte, um Lizzie Rose zu entmutigen. Sie umschlang ihre Knie und zog sie an die Brust, dann ließ sie den Kopf hängen. »Ach, Parse! Was machen wir jetzt nur?«
    Parsefall zuckte mit den Achseln. Plötzlich blitzte ein Ausdruck nackter Angst in seinem Gesicht auf. »Erzählst du es den Bullen?«
    Lizzie Rose schüttelte den Kopf. »Nein. Ich weiß nicht, ob sie dich dafür hängen würden, aber es wäre denkbar. Oder sie werfen dich ins Gefängnis. Ich weiß nicht, was von beidem. Ich denke …«, sie überlegte, »wir könnten die Fotografie mit der Post zurückschicken. Auf diese Weise hat die arme Mrs Wintermute –« Sie unterbrach sich. »Oh nein, wie grauenvoll!«
    »Was is’ grauenvoll?«
    »Verstehst du denn nicht? Wenn du Mrs Wintermute wärst und Clara ist noch nicht wieder aufgetaucht! Stell dir mal vor, wie furchtbar es wäre, ein Päckchen aufzumachen und darin ein Bild zu finden, das deinen toten Sohn im Sarg zeigt.«
    »Da wär dann noch der Pfandleiher …«, startete Parsefall einen Versuch.
    »Kommt nicht infrage«, fuhr Lizzie Rose ihn an. »Wenn du glaubst, ich lasse zu, dass du auch nur einen Penny mit diesem Foto machst, dann täuschst du dich! Das war niederträchtig von dir – nicht nur ein Dummer-Jungen-Streich, das war niederträchtig. Dafür gehörst du bestraft. Man müsste dir den Hintern versohlen.«
    »Das kannst du nicht«, entgegnete Parsefall unverfroren. Er hatte recht. Lizzie Rose war zwar größer als er, aber nicht kräftig genug, um ihn festzuhalten und gleichzeitig zuzuschlagen.
    »Nein, das kann ich nicht«, räumte sie bedauernd ein. »Ach, Parsefall! Was soll bloß aus dir werden? Du kannst nicht lesen, gehst nicht zur Kirche, du stiehlst und du stinkst furchtbar. Wie soll aus dir einmal ein anständiger Mensch werden?«
    »Du erzählst es doch nicht Grisini, oder?«
    Lizzie Rose schaute ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Natürlich nicht. Ich bin keine Petze. Und außerdem würde Grisini dich viel zu heftig verprügeln.« Ihre Augen blitzten auf. Einen kurzen Augenblick lang hatte sie das Bild vor sich, wie sie den Jungen vor einem tobenden Grisini schützte. Und schon kam ihr ein anderer Gedanke. »Parse …«
    »Was?«
    »Heute … als ich mich mit Mrs Pinchbeck unterhalten habe, da hat sie erzählt, dass vor Jahren schon einmal ein Kind entführt wurde. In Brighton. Sie meinte, die Polizei war damals auch hinter Grisini her.«
    Parsefall legte ihr einen Finger auf die Lippen. Er schüttelte energisch den Kopf und deutete auf Grisinis Schlafzimmertür.
    Die beiden Kinder lauschten. Grisini schnarchte ruhig und gleichmäßig.
    »Er schläft«, wisperte Lizzie Rose.
    Parsefalls Antwort war kaum zu hören. »Und was, wenn nich’?«
    »Parsefall, weißt du –?«
    »Pst.« Er griff nach den Decken, legte eine über die andere und hob sie wie ein Zelt über ihre Köpfe. Ruby gehörte nicht zu der Sorte Hund, die sich einfach so ausschließen ließ. Sie kratzte an den Decken und gab herzzerreißende Laute von sich. »Verfluchter Mistköter«, murrte Parsefall und hob eine Ecke der Decke an, damit Ruby darunterschlüpfen konnte.
    »Grisini mag’s nich’, wenn man drüber redet. Es war nich’ in Brighton, sondern in Leeds.« Er zählte an seinen Fingern ab. »Vor vier Jahren.«
    Lizzie Rose widersprach. »Mrs Pinchbeck hat gesagt, es war vor elf Jahren.«
    »Nein, ich erinnere mich dran. Es war im Winter und es hat Schnee gelegen. Wir waren in Leeds, aber wir konnten keine Vorstellungen geben, weil’s zu kalt war, und wir waren völlig abgebrannt. Und dann is’ das Mädchen verschwunden. Die Tochter von einem Mann mit Geld. Die Bullen sind gekommen und haben Grisini Fragen gestellt. Es hat geheißen, sie wollen ihn einsperren. Doch plötzlich is’ das kleine Mädchen gesund und munter wieder aufgetaucht. Und danach hatte Grisini wieder Geld, und wir sind nach London gefahren und bei Mrs Pinchbeck eingezogen.«
    »Aber dann sind es ja zwei Kinder«, wisperte Lizzie Rose. »Ein Junge in Brighton vor elf oder zwölf Jahren und das kleine Mädchen in Leeds. Parsefall, was hat das zu bedeuten?«
    Unter dem Zelt aus Decken war sein Atem heiß und übelriechend. »Weiß nich’. Nur dass Grisini es nich’ mag, wenn man drüber reden

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