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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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aufgetaucht is’. Er hat gesagt, er sucht ’nen Jungen als Lehrling. Also hat er drei von uns mit rausgenommen und wir mussten ein Spiel mit ihm spielen. Er hatte eine Handvoll kleiner dünner Stöckchen, alle gleich, und er hat se fallen lassen und wir mussten eins nach dem anderen aufheben, ohne dass sich die anderen bewegen.«
    »Mikado«, warf Lizzie Rose ein und sprach aus, woran auch Clara gerade gedacht hatte.
    »Was?«
    »So heißt das Spiel. Mikado. Erzähl weiter.«
    »Wir haben das Spiel gespielt – Mikado – und ich war der Beste. Grisini hat gesagt, ich bin geschickt mit den Händen. So hat er mich mitgenommen. Und ich bin gern mit, weil da waren meine Mutter und alle schon tot und ich wollt nich’ mehr nich’ im Arbeitshaus bleiben.«
    »Nicht mehr im Arbeitshaus bleiben«, verbesserte ihn Lizzie Rose. »Und weiter?«
    »Ich bin mitgegangen. Und er hat mir die Puppen gezeigt. Damals hat er die Vorstellungen noch allein gemacht und die Leute haben zugeschaut und ich hab dabei die Leute beklaut, das war meine Aufgabe. Das war nich’ schwer, weil sie ja alle die Vorstellung angeschaut haben …«
    Neue Bilder tauchten vor Clara auf: ein goldener Armreif, mit blaugrünen Steinen besetzt, und eine korpulente Dame mit einer ausladenden Haube, die dem Puppentheater zusieht, glücklich wie ein sechsjähriges Kind. Es war ein Leichtes, sich dicht an die Frau heranzupirschen, den Verschluss des Armreifs zu öffnen und das Schmuckstück aufzufangen, sobald es herabglitt. Clara konnte es nahezu in ihren Händen spüren. Das Metall war noch warm vom Handgelenk der Frau.
    »Und mich haben se nie erwischt. Und wenn die Einnahmen gut waren, hat mich Grisini mit zur Garküche genommen und ich durft zum Abendessen alles kriegen, was ich haben wollte.« Parsefalls Stimme wurde vor lauter Dankbarkeit ganz heiser. »Ich hab geglaubt, ich bin im Himmel. Ich hab bei den Vorführungen zugeschaut und er hat mich mit den Puppen spielen lassen und ich hab gelernt, wie man sie bedient. Wir waren auf Jahrmärkten und Pferderennen hab ich gesehen und Gaukler und feine Herrschaften. Und irgendwann hat Grisini angefangen, mir richtig Unterricht zu geben mit den Puppen, und wo er gesehen hat, dass ich gut werde, durft ich mit hinter die Bühne und ich hab nich’ mehr so viel geklaut. Er hat das Puppentheater geliebt. Genauso sehr wie ich. Der Teufel kann Grisini an Schlechtigkeit nich’ das Wasser reichen, aber er hatt ’n Händchen für die fantoccini . Er hat se geliebt.«
    »Ja«, stimmte Lizzie Rose zu. »Grisini hatte ein Händchen für die fantoccini . Er hätte sich ehrlich sein Brot verdienen können. Aber er war ein böser, schlechter Mensch, Parsefall, und es ist schändlich, dass er dir das Stehlen beigebracht hat. Du darfst das nicht mehr tun. Nie mehr.«
    »Werd ich nich’«, versprach Parsefall so bereitwillig, dass zumindest Clara es wenig überzeugend fand. »Aber jetzt, wo wir zehn Mäuse haben, was machen wir damit?«
    »Ich schätze«, begann Lizzie Rose widerstrebend, »wir sollten Mrs Pinchbeck Miete zahlen.«
    »Das is’ Verschwendung!«, erklärte Parsefall. »Du hast dir die Finger wund gearbeitet als Bezahlung für Mrs Pinchbeck. Es is’ nich’ richtig, dass sie jetzt auch noch das Geld bekommen soll.«
    Lizzie Rose widersprach nicht. Vielleicht war sie Parsefalls Meinung. Sie redete mit leiser Stimme, als würde sie Ruby ein Geheimnis anvertrauen. »Ich hätte zu gern ein neues Kleid. Das hier ist so eng und so speckig … und es riecht .« Sie hob den Kopf. »Aber eigentlich sollten wir sparen, Parsefall – das heißt, wenn wir Mrs Pinchbeck keine Miete zahlen. Und Grisinis Sachen müssten wir zur Polizei bringen, weil sie gestohlen sind. Bloß könnte uns das in Schwierigkeiten bringen und ich weiß nicht –«
    Parsefall fiel ihr ins Wort. »Ich hab Hunger!«, sagte er kläglich. Er hörte sich schwach an und fast wie ein kleines Kind. »Ich hab so einen Hunger«, wiederholte er für den Fall, dass sie ihn nicht richtig verstanden hatte.
    »Ich auch«, gestand Lizzie Rose. »Es wäre herrlich, zur Garküche zu gehen und ein richtiges Festessen zu bestellen, oder? Wir dürfen wohl ein kleines bisschen von dem Geld ausgeben. Und ich könnte für sechs Pence ein neues Kleid bekommen. Findest du es falsch, wenn ich ganze sechs Pence für mich ausgebe?«
    Parsefall war schon aufgesprungen. Sein ausgemergeltes kleines Gesicht strahlte vor Begeisterung. »Wir könnten in die Egyptian Hall«,

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