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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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Feuerwerk und Wasserkaskaden. Die Künstler hatten höchst geschickt mit den unterschiedlichsten Materialien gearbeitet: Spiegel, Karton, Farbe und Wachs, Holz, Stoff und Pappmaché. Die Puppenspieler waren womöglich nicht ganz so flink mit den Fingern wie Grisini, aber ihre Inszenierung war sehr viel spektakulärer. Im Vergleich wirkte Grisinis Bühnenausstattung schäbig.
    »Sie haben ein giuoco di luce  – das ist die Bühnenmaschine, von der mir Grisini erzählt hat«, waren Parsefalls erste Worte, als der Vorhang fiel. »Damit haben sie das Feuerwerk gemacht und die Wasserfälle und alles. Aber die Puppen sind gar nich’ lebensgroß – das is’ Schwindel. Die Mother Shipton war die größte. Und die ist höchstens neunzig Zentimeter hoch, eher nur sechzig.« Er fasste sich an sein knochiges Kinn. »Die Münder werden mit einem Draht bewegt, der wo vom Kinn zur Kopfspitze führt. Sie müssen mit irgendwas beschwert sein, damit sie aufbleiben, bis man am Draht zieht. Die Szene, wo der Mann in Der Flaschengeist stirbt und die Arzneiflaschen mit den Geistern drin tanzen und die ganzen Geister schimpfen und höhnen – das war das Beste, was ich je gesehen hab.«
    »Oh ja! Das war gruselig, oder?«, rief Lizzie Rose. »Ich habe Gänsehaut bekommen. Und war die Verwandlungsszene nicht bezaubernd? Mit der Märchengrotte?«
    »Das war Gitterstoff, den sie angeleuchtet haben.« Parsefall schnipste mit den Fingern. »Das ging echt schnell, was? Die müssen extra Leute haben, die wo das Bühnenbild wechseln. Die Puppenspieler waren auch nich’ schlecht. Das war derselbe Spieler, der wo die weiblichen Hauptfiguren bedient hat– die Feenkönigin und Lucretia – hast du’s gemerkt? Das war derselbe Stil –«
    »Parse«, unterbrach ihn Lizzie Rose behutsam. »Ich glaube, sie möchten das Theater jetzt schließen. Wir sind die Einzigen, die noch da sind.«
    »Ich weiß«, antwortete Parsefall zu ihrer Verblüffung. »Ich wart, dass ich mit denen reden kann.« Er machte eine ruckartige Kopfbewegung in Richtung Bühne und seine Augen verengten sich. »Ich will für sie arbeiten«, erklärte er. »Ich hab gehört, dass sie gut sind, aber ich hab nich’ gewusst –«
    »Aber Parsefall«, protestierte Lizzie Rose, »wir müssen zusammenbleiben. Und außerdem werden sie dich nicht nehmen. Du weißt doch, wie das mit den Puppenspielern ist. Das ist fast immer eine Familientruppe und sie geben ihr Wissen vom Vater an den Sohn weiter. Sie werden dich nicht wollen.«
    »Warum nich’?«, fragte Parsefall. »Selbst der Beste von ihnen is’ nich’ so gut wie Grisini. Und ich hab bei Grisini gelernt. Sie müssten mich am Anfang auch gar nich’ bezahlen. Ich könnt als Lehrling anfangen.«
    »Parsefall, du bist ein kleiner Junge« , warf Lizzie Rose gedankenlos ein. In dem Augenblick, als ihr das über die Lippen kam, bereute sie ihre Worte schon. Parsefall sah sich nicht als kleiner Junge. Sein Gesicht lief rot an. Er sprang vom Stuhl auf und schlängelte sich durch die beiden vorderen Sitzreihen. Mit einem Satz war er auf der Bühne, wobei er um ein Haar auf das Rampenlicht getreten wäre. Er hob den Vorhang an und schlüpfte darunter hindurch.
    »Parsefall!«, rief Lizzie Rose, aber zu spät. Sie hörte Stimmen hinter der Bühne. Ein Mann brüllte, ein anderer fluchte und schließlich war da Parsefalls Stimme. Er sprach schnell und flehentlich. Die Antwort war eine Art tiefes Knurren und gleich darauf beulte sich der Vorhang nach außen, als wäre jemand hineingestolpert. Lizzie Rose erhob sich. Sie hatte gerade den Rand der Bühne erreicht, als Parsefall im Spalt zwischen den Vorhängen erschien. Eine Schrecksekunde lang befürchtete sie, er würde weinen, doch auch wenn man seinem Gesicht ansah, dass er mit den Gefühlen zu kämpfen hatte, blieben seine Augen trocken und sein Blick war hart.
    »Sie wollen mich nich’. Los, gehen wir«, war alles, was er sagte. Dann sprang er von der Bühne. Er hetzte so schnell durch den Saal, dass Lizzie Rose rennen musste, um mit ihm Schritt zu halten. Als sie versuchte, ihren Arm um ihn zu legen, schlug er nach ihr, sodass ihr Muff auf den Boden fiel.

22. Kapitel

     
    Der Schaukelstuhl
     
    P arsefall lag wach. Er kämpfte mit zwei mächtigen Feinden des Schlafs: seinem verletzten Stolz und einer Magenverstimmung. Die Muskeln seines Magens zogen sich zusammen und verkrampften sich bei dem Versuch, mit dem halb verdauten Durcheinander fertigzuwerden: Austern, Rübenmus,

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