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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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rief er.
    »In die Egyptian Hall, die Ausstellungshalle?«, fragte Lizzie Rose.
    »Es kostet … einen Schilling«, sagte Parsefall. Er hatte kurz gezögert, bevor er den Betrag aussprach und Clara verstand, warum: Für Parsefall und Lizzie Rose stellte ein Schilling eine ungeheure Summe dar. »Die Royal Marionettes – so nennen die die fantoccini  – spielen da. Sie geben den Flaschengeist, genau wie wir. Nur mit Pyrotechnik«, fügte er hinzu. »Das is’ Feuerwerk, und die haben über zweihundert Puppen. Ich hab davon gehört. Die Leute sagen, die Puppen sind lebensgroß und sie funktionieren nur mit Fäden, ohne Drähte, und sie haben Münder, die auf- und zugehen. Wir könnten in ’n Gasthaus gehen und was Warmes zu Abend essen«, schlug er vor, zunehmend eingenommen von seiner Idee, »und danach schauen wir uns die Royal Marionettes an. Das sind die Besten.« Dann fügte er noch ein Wort hinzu, das Clara noch nie aus seinem Mund vernommen hatte. »Bitte.«
    Einen Augenblick schwiegen beide. »Das ist es, was du dir wünschst? Wenn … wenn dir ein Schilling gehören würde, dann würdest du ihn dafür ausgeben?«
    Parsefall nickte heftig – ein uneingeschränktes Ja. »Du kannst einen Schilling für dein Kleid haben«, schlug er verwegen vor. »Für einen Schilling kriegste bestimmt eins, das wo erste Sahne is’. Wir könnten zu Abend essen«, sagte er nochmals und Clara spürte sein Glücksgefühl. Er sah einen herrlichen Abend vor sich: ein voller Magen, gefolgt von den grandiosen Royal Marionettes. »Wir könnten was essen und danach die Vorstellung anschauen. Und zwar heute noch … wenn du dich jetzt gleich anziehst.« Er nahm Clara mit Schwung vom Galgen und legte sie zurück auf den Kaminsims. Dann griff er nach Lizzie Roses Muff und warf ihn ihr zu. Sie fing ihn auf. »Los, Foxy-Loxy. Die Vorstellung beginnt um acht.«
    Lizzie Rose lachte laut auf. Sie hob Ruby von ihrem Schoß und stand auf. »Also schön«, sagte sie und ihre Wangen waren vor Aufregung gerötet. »Warum eigentlich nicht? Wir gehen hin. Heute Abend.«

21. Kapitel

     
    Die Royal Marionettes
     
    D er Abend nahm einen guten Anfang.
    Sie ließen die Hunde zu Hause, und während sie nebeneinander durch die Straßen schlenderten, wurde Lizzie Rose auf einmal bewusst, dass sie die Hände frei hatte: Da war kein Puppentheater, das geschoben werden musste, kein Pulk Hunde, der an den Leinen zerrte. »Ich habe nicht einmal einen Marktkorb dabei«, stellte sie staunend fest. Parsefall begriff, was in ihr vorging, und schenkte ihr sein schiefes Grinsen.
    Auf den Straßen herrschte dichtes Gedränge, sodass sie nur langsam vorankamen. In den modrigen Geruch des Flusses und den Gestank von Pferdemist mischten sich weniger penetrante, appetitlichere Gerüche: nach Hefegebäck und Backfisch, Cervelatwürsten und Hammelpasteten. Die Kinder atmeten den Duft genüsslich ein. An ihrem Lieblingsstand mit gebackenen Kartoffeln marschierten sie, ohne zu zögern, vorbei. Heute Abend würden sie wie echte Herrschaften speisen: mit Fleisch und Soße, Brot und Butter, Austern, Nachtisch und Tischbier. Parsefall, dessen leerer Magen bereits knurrte, wäre einfach wahllos in irgendeine Gaststätte gegangen, Lizzie Rose hatte jedoch genaue Vorstellungen. Sie verkündete, dass sie nirgendwo einkehren würde, wo es keine sauberen Tischdecken gab. »Wir essen doch die Tischdecke nich’«, protestierte Parsefall, aber Lizzie Rose schenkte seinem Einwand keine Beachtung. Der Sovereign in ihrem Muff war keine gewöhnliche Goldmünze: Er war ein magisches Amulett, das ihnen einen herrlichen Abend voller Glanz und Glückseligkeit bescheren würde. Und weil Sauberkeit Lizzie Rose Glücksgefühle bereitete, war sie entschlossen, sie zu finden. Parsefall war das völlig schleierhaft, aber er fügte sich ihrem Wunsch.
    Nachdem sie nahezu eine Stunde die Straßen durchstreift hatten, betraten sie das Royal Saxon, dessen Tischwäsche weiß, gestärkt und frisch gewaschen war. Ein Kellner empfing sie, ein dunkelhäutiger Riese mit der ramponierten Nase eines Preisboxers. Als Lizzie Rose ihn anlächelte, verbeugte er sich und führte die Kinder zu einem Tisch. Sie bestellten ein üppiges Menü und er füllte ihre Teller mit einer freundlichen Würde, die Anerkennung für ihren Appetit zum Ausdruck zu bringen schien. Ausnahmsweise bekam Lizzie Rose so viel Roastbeef, wie sie essen konnte, und genug Milch, um ihren Tee weiß zu trinken. Darüber hinaus war die

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