Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)
Lachen: krächzend und kratzig und zu tief für eine Frau. Als Lizzie Rose sich unter den Baldachin beugte, um den Hund zu fassen, berührte etwas ihren Ärmel. Sie zuckte zusammen und schaute auf. Das Ding, das sie gestreift hatte, war eine seidene Kordel und ein Messingaffe mit schaurigem Grinsen schien daran hochzuklettern. Lizzie Rose glaubte, dass sie noch nie einen so hässlichen Zierrat gesehen hatte, und warf der Frau, die ihn ausgesucht hatte, einen vorsichtigen Blick zu.
Es war eine plumpe Frau mit einem großen Kopf und breiter, quadratischer Stirn. Lizzie Rose hatte sich Cassandra Sagredo zerbrechlich und aristokratisch vorgestellt. Aber diese Frau hier war rotwangig, vollbusig und ihre Nase erinnerte an einen Schweinerüssel. Bei näherem Hinsehen erkannte man, dass ihr strahlender Teint nicht natürlich war, sondern dass sie die Haut weiß gepudert und Rouge aufgetupft hatte. Ihre Augen waren blutunterlaufen und ihr Atem ging unregelmäßig.
Lizzie Rose streckte die Hände nach Ruby aus, doch zu ihrer Überraschung entzog sich der Hund und kletterte über den Schoß der Kranken. Nachdem der Spaniel sich um sich selbst gedreht hatte, setzte er sich, den Rücken an die Seite der alten Frau gedrückt.
Cassandra Sagredo ließ die Hand über Rubys Rückgrat gleiten. »Ah«, sagte sie und in dem Laut lag wohliges Behagen.
»Ich dachte, Sie mögen keine Hunde«, sagte Lizzie Rose.
»Wer hat dir das erzählt?«, fragte Cassandra Sagredo. »Die Fettle? Sie hat keine Ahnung, was ich mag. Vielleicht irritiere ich die Fettle ein bisschen.« Sie grinste, was ihr eine erschreckende Ähnlichkeit mit dem Affen an der Kordel verlieh. »So, du bist also Elizabeth Rose Fawr und du Parsefall Hooke. Was habt ihr mit meinem alten Freund Grisini angestellt?«
Das war die Frage, die Lizzie Rose so gefürchtet hatte, aber sie war gewappnet. »Es tut mir sehr leid, gnädige Frau, aber ich habe schlechte Nachrichten. Im November ist Professor Grisini in dem Haus, in dem wir zur Miete wohnen, die Treppe hinuntergestürzt. Er hat sich den Kopf aufgeschlagen, und ich fürchte, er war nicht ganz bei Sinnen, denn er ist auf die Straße hinausgelaufen und nicht wieder aufgetaucht.« Sie machte eine Pause und erwartete einen Ausruf der Bestürzung von Mrs Sagredo, aber die alte Frau zuckte kaum mit der Wimper. »Wir konnten nicht herausfinden, was aus ihm geworden ist. Und Parsefall und ich hatten niemanden, der sich um uns kümmert. Wir waren in arger Not. Als ich dann Ihren Brief gefunden habe –«
»Du hast ihn gelesen«, unterbrach sie Mrs Sagredo.
Lizzie Rose wurde rot. »Ja, gnädige Frau.« Unbewusst nahm sie die demütige Pose einer Bittstellerin ein und faltete die Hände. »Ich bitte um Verzeihung! Ich weiß, dass es Unrecht ist, anderer Leute Briefe zu lesen –«
Cassandra unterbrach sie abermals. »Oh, pfui«, spottete sie. »Sei nicht so eine kleine Miss Tugendhaft. Ich lese ständig die Briefe fremder Leute. Die Welt wäre ein entsetzlich langweiliger Ort, wenn man nichts außer seinen eigenen Briefen zu lesen bekäme. Was ich wissen möchte, ist, warum ihr so lange gebraucht habt, um zu kommen. Ich habe schon vor Wochen geschrieben.«
»Parsefall holt die Post rein«, erklärte Lizzie Rose. »Und er hat den Brief in seiner Tasche vergessen, und ich habe ihn nicht gleich gefunden. Als ich ihn entdeckte, habe ich gehofft, er wäre von jemandem, bei dem wir Trost und Rat finden würden. Ihr Brief klang so liebenswürdig.« Bei dem letzten Wort stockte sie ein bisschen. Sie wusste, dass es sich nicht aufrichtig anhörte. »Ich fürchte, Sie müssen uns für sehr dreist halten, dass wir hierher –«
Cassandra schnitt ihr mit einer knappen Handbewegung das Wort ab. »›Trau dich, sei kühn, aber nicht tollkühn!‹ Kennt ihr diesen alten Spruch? Er hat mir immer schon gefallen. Aber eines will ich nun doch gern wissen: Seid ihr tatsächlich den weiten Weg hergekommen, um Rat und Trost zu finden? Oder habt ihr darauf gehofft, mein Vermögen zu erben?«
Lizzie Rose entfuhr ein kurzes Japsen. Sie spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss, und wusste, dass sie rot bis zu den Haarwurzeln wurde.
»Redet wahr und lacht des Teufels!«, spöttelte Cassandra. »Ihr seid wegen des Geldes gekommen, richtig? Warum es nicht einfach aussprechen? Du bist wie die Katze, die den Fisch fangen will, ohne sich nasse Füße zu holen! Nun komm schon, Mädchen. Beantworte meine Frage!«
Lizzie Rose traute sich nicht, den Mund
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