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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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wagen, mir meinen Feueropal zu stehlen?«
    »Wir sind keine Diebe«, protestierte Lizzie Rose. »Wir würden nicht im Traum daran denken, ihn uns zu nehmen, nicht wahr, Parsefall?«
    Cassandra bleckte die Zähne zu einem schiefen Lächeln. »Für ihn würde ich an deiner Stelle lieber nicht sprechen. Er besitzt Kühnheit, oder, Junge? Ihm würde ich zutrauen, dass er sich hier hereinschleicht, während ich schlafe. Machbar ist es, wisst ihr. Ich habe einen sehr tiefen Schlaf und der Verschluss des Medaillons ist locker.« Sie senkte die Stimme zu einem Flüstern und sprach Parsefall direkt an:
     
    »Trau dich, sei kühn, aber nicht tollkühn,
    sonst gefriert dir das Blut
    und du kannst nicht mehr flieh’n!«
     
     
    »Dir würde nicht das Blut gefrieren, nicht wahr, Junge? Das gefällt mir an dir. Ich mag dich überhaupt.« Sie klang überrascht. »Es ist Jahre her, dass ich jemanden gemocht habe. Ich frage mich, was das zu bedeuten hat.«
    »Hä«, sagte Parsefall und kratzte sich am Ohr.
    Lizzie Rose schaute von einem verwirrten Gesicht zum anderen und verspürte einen ungewohnten Stich: Eifersucht. So verwunderlich es auch schien: Die alte Frau hatte Gefallen an Parsefall gefunden. Lizzie Rose ermahnte sich, dass sie sich darüber freuen sollte. Sie war sich wohl bewusst, dass die meisten Menschen sie Parsefall vorzogen, und das war nicht gerecht. Trotzdem war sie aufgewühlt, so als hätte Madamas Vorliebe für Parsefall sie irgendwie verletzt. Ihr Blick wanderte zu Ruby, der es in Madamas bequemem Bett zu gefallen schien, und abermals spürte sie einen Kloß im Hals.
    »Ich sehe euch beide morgen«, sagte Cassandra. Sie streichelte über den Rücken des Hundes. »Kommt abends zu mir und zeigt mir, welche Weihnachtsgeschenke ihr euch ausgesucht habt. Und jetzt geht.« Sie schloss die Augen. »Nehmt euren reizenden kleinen Hund mit und geht.«

33. Kapitel

     
    Der Wolf und der Schwan
     
    C lara hing dicht neben Parsefalls Schlafplatz am Galgen. Es war elf Uhr nachts und sie war hellwach. Obwohl sie sich nicht rührte, arbeitete sie hart: Sie bemühte sich angestrengt, einen Zauber zu beschwören, der es ihr ermöglichte, mit Parsefall und Lizzie Rose zu kommunizieren.
    Sie war keine Hexe und hatte keine Ahnung, wie sie den Zauber bewerkstelligen sollte. Aber sie hatte ein Ritual ersonnen, das sie unablässig wiederholte.
    Sie fing damit an, sich die Nacht ins Gedächtnis zu rufen, als Cassandras Zauberkraft sie zum Leben erweckt hatte. Sie malte sich aus, wie sie anschwoll und auf ihre natürliche Größe anwuchs. Sie stellte sich dann vor, wie sie über den Teppich ging und hinaus auf den Korridor. Zuerst suchte sie das Weiße Zimmer auf, wo Lizzie Rose schlief. Ihr Zauber – falls man es denn so nennen durfte – wurde davon beeinträchtigt, dass sie das Weiße Zimmer nie gesehen hatte. Parsefall hatte sie nie dorthin mitgenommen. Trotzdem bemühte sie sich, in Gedanken ein Bild von dem Raum zu entwerfen, wobei ihr der Name eine gewisse Hilfe war. Sie tastete sich durch den dunklen Gang und blieb vor der Tür stehen. Sie strengte ihr Erinnerungsvermögen an und dachte daran, wie es war, einen Türknauf zu bedienen. Wenn sie sich das vorstellen könnte, sagte sie sich, dann wäre sie auch in der Lage, die Tür zu öffnen.
    Konzentriert arbeitete sie jedes Detail des Vorgangs aus: Sie sah, wie sie ihre Hand ausstreckte und ihre Finger sich um den Knauf legten. Sie drehte die Hand im Uhrzeigersinn, bis der Knöchel des Daumens auf zwölf Uhr stand. Dann rief sie sich das klickende Geräusch und das Knarzen ins Gedächtnis, wenn die Verriegelung sich öffnet, und die darauf folgenden Eindrücke: das Aufschwingen der Tür und die Teppichborsten unter den Schuhsohlen.
    Sie malte sich das Weiße Zimmer aus: Es wirkte, in Mondlicht getaucht, makellos und rein wie eine Lilie. Lizzie Rose schlief, ihr offenes rotes Haar ergoss sich über das Kopfkissen. Clara trat ans Bett und umklammerte das hohe hölzerne Fußende. Sie versuchte, sich zu erinnern, wie es sich anfühlte, wenn man sprach: an das Gefühl, wie Luft die Lungen füllte, an die Bewegungen der Muskeln in ihrer Kehle. Mit aller Willenskraft, die sie aufbringen konnte, formulierte sie in Gedanken die Worte, die sie sagen wollte:
    Lizzie Rose! Hör mir zu! Ihr seid in Gefahr! Madama ist eine Hexe und der Feueropal bringt Unheil! Lasst euch nicht von ihr anstiften, ihn zu nehmen! Was auch immer geschieht, nehmt ihn nicht an euch!
    Die Gestalt in dem Bett

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