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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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religiösen Spinnern. Obwohl seine Schwester meinte, in letzter Zeit sei er da eher kritisch gewesen.«

14
    Es war, wie Ackermann es ausgedrückt hätte, eine »kleine Beerdigung« – höchstens dreißig Trauergäste, die in der Friedhofskapelle vor sich hin froren.
    Toppe wollte eigentlich als letzter kommen und sich dann hinten an den Rand stellen, aber bei den ganzen leeren Stühlen hätte das besonderes Aufsehen erregt. Also zog er Astrid leise mit in die letzte Reihe.
    Die Trauernden saßen dicht beieinander zu dritt oder zu viert, hatten große Lücken dazwischen gelassen. Manchmal scharrte jemand mit den Füßen, ein Mann räusperte sich laut. Ralf Poortens Eltern und seine Schwester kauerten allein in der ersten Reihe, ihre Blicke starr auf den hellen Eichensarg gerichtet.
    Rote Rosen, dachte Toppe. Warum mußten es immer rote Rosen für das Sarggesteck sein? Und warum sahen alle Särge immer so erbärmlich klein aus, viel zu kurz und zu schmal, um bequem darin zu liegen? Ich laß mich verbrennen, dachte er.
    Auf dem Schieferboden lehnten an dreibeinigen Ständern die großen Kränze, fast alle aus Fichtenzweigen und Gerberas in flammenden Farben. Die Schleifen waren sorgfältig ausgebreitet.
    Astrid stieß ihn leise an. »Siehst du das Herz da?« wisperte sie.
    Toppe nickte, statt eines Kranzes lag mitten vor dem Sarg ein großes Herz, aus Buchsbaum gebunden, mit einer weißen Schleife: Du lebst in unseren Herzen – Deine Freunde. In der Mitte des Buchsbaumes eine weiße Rose und eines der Kreuze, die Astrid inzwischen so gut kannte.
    Aus der Seitentür kam jetzt der Priester mit zwei Meßdienern und schritt zur Mitte, ein dünnes Buch vor sich hertragend. Er ließ seinen Blick auf den Trauernden verweilen, schlug dann mit einer flüssigen Bewegung das Büchlein auf und hielt inne. Ein paar Nachzügler kamen auf Zehenspitzen, eine Gruppe Jugendlicher. Astrid erkannte den sportlichen Griether Pfarrer unter ihnen und – Christian.
    »Hast du mir nicht erzählt, Christian kannte den Poorten kaum?« beugte sich Toppe zu Astrid, ohne den Blick von seinem Sohn zu nehmen.
    Astrid war erst einmal auf einer katholischen Beerdigung gewesen und auch nur drei- oder viermal in einer Messe, bei Hochzeiten und Taufen, aber das war auch schon eine Weile her. Als der Priester begann, zuckte sie zusammen. Der Mann leierte und quäkte wie in einer sehr schlechten Parodie, wie in diesen alten Witzen: dominus vobiscum? Hier für ’n Groschen Brötchen! Sie sah sich irritiert um, aber keiner der Anwesenden regte sich, verzog auch nur die Miene.
    Nach ein paar Gebeten und Sprüchen räumte ein Mann in schwarzem Anzug die Kränze beiseite, der Sarg wurde auf einer Karre nach draußen geschoben, und die Trauergemeinde schloß sich an: zuerst die Eltern mit der Schwester, dann eine alte Dame, aufmerksam flankiert von zwei Männern, ein paar Leute mittleren Alters, zwei Jugendliche in schwarzen Jeans und Pullovern.
    Auch Toppe war aufgestanden, wartete aber, bis der Griether Pastor mit seiner Gruppe vorbei war. Christian ging mit gesenktem Kopf und fest gefalteten Händen.
    Der Zug bewegte sich langsam, der Priester an der Spitze sang seine Litanei in ein Mikrophon. Einer der Meßdiener hielt den scheppernden Lautsprecher.
    Der Griethausener Friedhof war lang und sehr schmal, und durch die hohen Mauern an den Seiten fühlte man sich wie auf einem Gefängnishof. Der neue Teil war eigenwillig phantasielos, Sechserreihen von Gräbern, unterbrochen von ordentlichen Linien gerade gewachsener Bäume, eine Reihe Zedern, eine Reihe Blutbuchen, eine Reihe Eiben, wie das Ausstellungsgelände einer Baumschule.
    Das Grab lag an einer Ecke. Bei dem tief gefrorenen Boden mußte es mühsam gewesen sein, es auszuheben. Astrid erkannte die Umrisse einer Spitzhacke unter dem Rasenimitat aus Plastik, mit dem die Ränder des Grabes und der Hügel aufgeworfener Erde abgedeckt waren.
    Als der Sarg langsam in die Grube herabgelassen wurde, hielt es den Vater nicht länger am Grab. Er drehte sich um und ging weg, fast lief er.
    Der Kirchturm mit dem langen Spitzdach war nur ein paar hundert Meter entfernt, und sie gingen alle zu Fuß hinüber.
    Auf dem Hof der Grundschule tobten die Kinder – große Pause – durch Rennen und Schreien konnte man sich am besten warmhalten.
    Toppe und Astrid ließen sich ein wenig zurückfallen. »Der mit dem grünen Mantel, das ist Franz Roeloffs, der Bootsbauer«, sagte Toppe leise. »Und der daneben sein

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