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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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ganze Zeit überlegt. Auch was für Gäste da waren und so. Aber gestern war überhaupt nicht viel los. Ist ja auch kein Wunder. Wer macht bei diesem Wetter schon einen Ausflug an den Rhein? Nachmittags war ein Ehepaar mit einem Kind da, jedenfalls glaube ich, daß das ein Ehepaar war. Obwohl heutzutage weiß man ja nie. Das war so um halb drei rum. Kamen aus Mettmann, auf alle Fälle hatten die ein Auto mit ME. Abends waren nur Stammgäste da, alle aus dem Ort. Ich habe Ihnen schon mal eine Liste gemacht, wenn Sie die brauchen.«
    »Danke, die nehme ich nachher mit.«
    »Nun ja, wie gesagt, wir haben nichts gehört, meine Frau und ich. Aber Sie müßten vielleicht mal bei den Häusern vorm Deich fragen. Ich meine, es gibt ja nur die eine Straße zu uns runter.«
    Das war Toppe auch schon aufgefallen. Acht Häuser hatte er gezählt. Die mußten abgeklappert werden. Und die Roeloffs Werft natürlich.
    Er bedankte sich beim hilfreichen Wirt und ging zu van Gemmern hinüber. »Mit Schuh- und Reifenspuren ist wohl nicht zu rechnen, oder?«
    »Bei dem Boden? Nein, knochenhart gefroren. Aber ein paar andere Sachen habe ich.«
    Das Motorrad war absolut intakt und gepflegt, also mit Sicherheit nicht in einen Unfall verwickelt gewesen, nicht einmal in einen Sturz. Und es hatte nicht im Wasser gelegen. Selbst die Reifen waren trocken, nur wenig bröckeliger Schmutz im Profil. Fingerabdrücke gab es kaum, aber das war nicht weiter verwunderlich. Seit Wochen trug jeder halbwegs gescheite Mensch Handschuhe, wenn er nach draußen ging.
    »Aber da ist noch was«, meinte van Gemmern. »Hier.«
    Toppe ging neben ihm in die Hocke.
    »Das sind Blutspritzer, ziemlich sicher.«
    Tatsächlich waren auf dem Vorderreifen feine Spritzer zu erkennen. Toppe zog scharf die Luft ein. Das Blut war nicht nur an der Reifenseite sondern auch auf dem Profil der Lauffläche.
    »Ganz genau«, bestätigte van Gemmern. »Nachdem das Blut draufgespritzt ist, ist mit der Mühle keiner mehr gefahren.«
    Toppe versuchte, seine holpernden Gedanken in den Griff zu kriegen. »Und sonst hier …?«
    »Nein«, sagte van Gemmern bestimmt. »Hier gibt es nirgendwo Blutspuren. Weder auf dem Boden noch im Gebüsch. Überhaupt ist rundherum alles intakt, keine Hinweise auf einen Kampf oder so was.«
    »Vielleicht ist es Ralf Poortens Blut.«
    »Das kann ich Ihnen in spätestens zwei Stunden sagen. Es könnte ja auch nur ein überfahrenes Karnickel sein. Obwohl die Spritzer sind zu fein und der Winkel …« Van Gemmern brummelte nur noch, packte seine Sachen ein.
    »Der Tankrucksack«, wollte Toppe wissen, »war der geschlossen?«
    »Ja, und das hier war drin.«
    Eine Brieftasche aus hellblauem Kunststoff mit dem Führerschein, der Zulassung, dem Personalausweis und einer Bankkarte. Das war alles, kein Geld, keine Fotos, keine Zettel. Und ein Paar Motorradhandschuhe. Wenn Ralf Poorten sie selbst ausgezogen und im Rucksack verstaut hatte, dann war er nicht auf seinem Motorrad überfallen worden, oder?

    »Was willst du denn hier?« Marion van Appeldorns Laune hatte sich nicht gebessert.
    Toppe hielt ihr den Strauß Anemonen unter die Nase. »Nur ein kurzer Krankenbesuch. Hallo.«
    Sie verzog unwirsch den Mund. »Norbert hat sich noch nie was aus Blumen gemacht.«
    »Die sind ja auch für dich.«
    »Na gut, danke«, gab sie sich geschlagen und hielt ihm die Wohnungstür auf.
    Sie war eine kleine Frau, die es sehr gut verstand, ihre Vorzüge ins rechte Licht zu rücken. Auch heute in verwaschenen Jeans und einem engen grauen Pullover sah sie ansprechend aus. Toppe registrierte das wie immer, aber es berührte ihn nicht. In den zehn Jahren, die er sie jetzt schon kannte, war er nie warm mit ihr geworden, nicht einmal, wenn sie glänzend gelaunt war. Sie standen in der Diele und sahen sich an.
    »Gib mir deinen Mantel«, meinte sie schließlich, »und halte mal eben die Blumen.«
    In der Wohnung stank es nach angebrannter Milch. Anna, ihre ältere Tochter, kam aus der Küche und eilte durch die Diele in ein Zimmer gegenüber, ohne einen von ihnen anzuschauen.
    »Bist du etwa schon fertig?« schrie Marion ihr hinterher, aber es kam keine Antwort. Sie nahm Toppe den Strauß wieder ab. »Von einer Vierzehnjährigen kann man doch wohl erwarten, daß sie sich ihren Kakao selbst kochen kann, oder? Aber was tut die Dame? Hängt am Telefon, quatscht stundenlang mit ihrer Freundin und läßt die Milch überkochen. Und erwartet dann selbstverständlich von ihrer Mutter, daß die den

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