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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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genauso ernst und aufmerksam wie damals.
    Von Haus Barbara hatte Reimann schon mal gehört, aber er hatte keine Vorstellung davon, was dort ablief. Als Toppe von den Jugendlichen erzählte, von den Exerzitien und dem reinigenden Fasten, konnte man spüren, daß Reimanns Interesse wuchs.
    »Und Karsten Bülow ist gestorben«, schloß Toppe seinen Bericht.
    »Genial«, sagte Reimann. »Glossolalieübungen mit einem Epileptiker! Und dann wundern die sich, daß der in den Status rutscht. Was sind denn das für Typen?«
    »Von einem zweiten Fall haben wir auch erfahren«, fuhr Toppe fort. »Ein junges Mädchen, Diabetikerin, ist ins Zuckerkoma gefallen.«
    Reimann nickte. »Wahrscheinlich während der Fasterei. Das ist unglaublich. Sind das alles Minderjährige?« Aber man merkte auch, daß er sich fragte, warum sie ihm das eigentlich alles erzählten.
    »Wegen einer dritten Geschichte sind wir jetzt bei Ihnen. Alexander Wirtz, 16 Jahre alt, sitzt hier bei euch auf der Geschlossenen in Haus 50. Und zwar wurde er am 28.8.95 eingeliefert, einen Tag, nachdem er auf einem Seminar im Haus Barbara gewesen war. Wir kommen gerade von der Stationsärztin, die sich leider ziemlich zickig angestellt hat.«
    Reimann runzelte die Brauen. »Erwarten Sie, daß ich heimlich für Sie in Krankenakten rumschnüffele?«
    »Nein, natürlich nicht«, hob Toppe die Hände.
    »Wir werden uns über die Staatsanwaltschaft schon Akteneinsicht besorgen«, sagte van Appeldorn. »Nur das kann dauern. Wirtz’ Familienverhältnisse sind etwas kompliziert.«
    »Ich dachte, wenn Sie sich einfach mal so umhören unter den Kollegen«, meinte Toppe ein wenig kleinlaut.
    Reimann grinste leise auf seine Hände hinunter. »Okay«, sah er schließlich auf. »Aber versprechen kann ich nichts. Lassen Sie mir mal Ihre Telefonnummer da. Ob das allerdings vor Montag noch was wird.«

    Die Altenpflegerin brachte Astrid in den ersten Stock zu Feuerbachs Zimmer. Der Mann saß in einem Ohrensessel am Fenster. Sein rechtes Bein war bis zum Knie in Gips und lag auf einem Fußbänkchen. Er sah krank aus mit der dünnen gelblichen Haut und den trüben Augen.
    »Sie sind Polizistin?« staunte er.
    »Ja«, lächelte Astrid und holte sich einen Stuhl heran. Auf dem runden Tisch lag die Zeitung mit dem Foto von Ralf Poorten und seinem Motorrad.
    »Warum haben Sie sich eigentlich nicht früher bei uns gemeldet, Herr Feuerbach?«
    Er klopfte mit seinen knotigen Fingerknöcheln auf den Gips. »Ich war nicht so ganz auf dem Posten. Deswegen bin ich erst gestern dazu gekommen, die alten Zeitungen zu lesen.«
    »Was ist denn mit Ihrem Bein passiert?«
    »Ausgerutscht«, meinte er nur. »Soll ich jetzt meine Aussage machen?«
    »Ja, gern.« Astrid nahm ihren Block heraus.
    Feuerbach guckte neugierig. »Wird das ein Protokoll? Muß ich das unterschreiben?«
    »Das kommt später«, lächelte Astrid wieder. »Im Augenblick mache ich mir nur ein paar Notizen.«
    »Ich habe den Jungen da gesehen, mit seinem Motorrad. Schon öfter habe ich den gesehen, hier unten vorm Haus. So eine Maschine habe ich nämlich selbst gefahren, früher.«
    »Und wann haben Sie ihn gesehen?«
    »Das letzte Mal am 9. Februar abends gegen Viertel vor acht.«
    »Wieso können Sie sich so genau an das Datum erinnern?« hakte Astrid nach.
    Seine Augen wurden frech. »Weil ich eine Viertelstunde später auf die Nase gefallen bin, deshalb. Das werde ich ja wohl noch wissen!«
    »Und was hat Ralf Poorten hier gewollt?«
    »Der hat Clara abgeholt.«
    »Clara Albers? Sie kennen Clara?«
    »Ob ich Clara kenne? Die ist unser Sonnenschein hier. Jeden Freitag ist sie gekommen. Jetzt schon länger nicht mehr.« Seine Stimme und sein Blick verloren sich.
    »Ralf Poorten hat Clara abgeholt«, erinnerte ihn Astrid. »Das haben Sie beobachtet.«
    »Ja, ich war hier am Fenster, und der Junge stand unten mit seiner Maschine und hat gewartet, bis Clara rauskam. Die hatten ’n Krösken«, kniff er Astrid ein Auge.
    »Ein was?«
    »Ein Techtelmechtel. Jedenfalls hat er sie in die Arme genommen und geküßt, und Clara hat mitgemacht. Das nennt man heutzutage wohl knutschen. Ja, und dann ist sie zu ihm auf das Motorrad gestiegen, und sie sind weg.«
    »Ich glaub, ich spinne«, flüsterte Astrid.
    »Und außerdem hat er Clara schon mal abgeholt, aber das war letztes Jahr. Da hat er sie nicht geküßt.«
    Astrid hatte den Brocken noch nicht geschluckt. Die keusche Clara und der schüchterne Ralf. »Sind Sie ganz sicher, daß es Ralf

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