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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Poorten war?«
    »Hundertprozentig! Ich bin doch nicht verkalkt! Und meine Augen sind noch sehr gut. Da können Sie aber jeden hier fragen.«
    Ja, dachte sie, sie mußte mit dem Personal sprechen und mit anderen Heimbewohnern. Vielleicht konnte jemand Feuerbachs Aussage bestätigen.
    Aber dann traf es sie plötzlich wie ein Schlag.
    »Herr Feuerbach«, sagte sie hastig und sprang auf. »Ich mache das Protokoll fertig und komme noch mal vorbei, damit Sie es unterschreiben können. Vielen Dank erst mal.«
    Sie setzte sich in ihr Auto und starrte auf das Armaturenbrett. Guntram Feuerbach war also der letzte, der Ralf Poorten lebend gesehen hatte. Ralf und Clara! Wer hatte eigentlich Clara nach dem 9. Februar noch einmal gesehen? Keiner, mit dem sie bisher gesprochen hatten. Poorten war am Freitag nicht beim Jugendkreis gewesen. War Clara dort gewesen? Danach hatten sie nicht gefragt. Verdammt! Hoffentlich erwischte sie den Kaplan oder sonst jemanden von der Truppe.

    Claudia Hamaekers Eltern hatten eine Metzgerei in der Innenstadt, eine sehr gutgehende offenbar, aber vielleicht war freitags überall so viel Betrieb.
    Eine Dame in grünem Loden kreischte empört auf, als Toppe sich an ihr vorbeiquetschte, um eine der Verkäuferinnen nach Herrn oder Frau Hamaekers zu fragen.
    »Das ist ja wohl die Höhe! Nix da, Männeken, immer schön hinten anstellen!«
    »Polizei«, fuhr van Appeldorn sie an.
    »Komiker«, giftete sie zurück. »Und wenn Sie der Papst wären! Vier Rouladen, Frau Hamaekers. Aber schöne große.«
    »Richtig, lassen Sie sich bloß nix gefallen!« schob sich von der anderen Seite eine Blondine heran. »Schnösel!« zischte sie van Appeldorn feucht ins Gesicht.
    Der wischte sich angeekelt über den Mund und verlagerte sein Gewicht.
    »Aua«, schrie sie. »Sie stehen auf meinem Fuß!«
    »Oh Gott, das tut mir jetzt aber leid.«
    Toppe hatte sich endlich verständlich machen können.
    »Mein Mann ist hinten in der Wurstküche. Die Tür da. Ich komme auch sofort.«
    Das Ehepaar Hamaekers war in seinem gemeinsamen Leben vom Schicksal nicht gerade gestreichelt worden. Auch Claudias älterer Bruder hatte juvenile Diabetes gehabt und war vor kurzem, gerade fünfundzwanzig Jahre alt, daran gestorben. Claudias Prognose sah nicht besser aus, schon jetzt war sie so gut wie blind. Das alles erzählten die Eltern sehr gefaßt und mit einer fiebrigen Zuversicht.
    »Sie sind katholisch«, sagte Toppe.
    »Ja, natürlich«, antwortete die Frau, und der Mann nickte. »Unser Glaube hat uns die Kraft gegeben, die letzten Jahre zu überstehen. Wir sind dankbar.«
    Toppe fror.
    Claudias Koma im Haus Barbara vor ein paar Monaten nahmen sie hin. »Das war nicht das erste Mal«, erklärte der Vater. »Sie ist jung und will leben. Da passiert es schon mal, daß sie nicht aufpaßt.«
    »Und wir sind sehr glücklich, daß unser Kind jetzt auch zum tiefen Glauben gefunden hat«, meinte die Mutter. »Das ist ja heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Und es gibt ihr viel innere Stärke. Wir sind der Gemeinschaft sehr verbunden.«

    Van Appeldorn moserte irgendwas von nicht aussterbenden Bekloppten auf dieser Welt, während sie die Stadt hochgingen zum Parkplatz, aber Toppe brütete vor sich hin. Vor einer Bäckerei blieb van Appeldorn stehen und betrachtete gierig die Hefeteilchen im Schaufenster. »Und? Was hast du jetzt schon wieder?«
    »Ach nichts.« Toppe schaute an ihm vorbei. »Ich denke nur gerade, es ist grausam, wenn man ein Kind verliert. Meinst du, daß solchen Leuten ihr Glaube wirklich hilft? Die wirken immer so stark.«
    »Quatsch! Das ist doch auch bloß ’ne Art von Verdrängung. Aber eine wohlangesehene. Kann man sich noch großartig bei vorkommen.« Van Appeldorn klimperte mit dem Kleingeld in seiner Hosentasche. »Wie ist es, soll ich dir eine Mohnschnecke mitbringen?«

    Astrid konnte den Widerschein des Blaulichts an den Hauswänden sehen, bevor sie um die Ecke bog. Ein Krankenwagen stand in Albers’ Einfahrt.
    Sie ballte die Hände. Clara war am 9. nicht beim Jugendkreis gewesen, und auch sonst hatte sie niemand mehr gesehen seit dem Donnerstag davor, als sie noch putzmunter gewesen war.
    Vor fast jedem Haus standen Leute und gafften den Krankenwagen an. Gerade in dem Augenblick, als Astrid auf den Hof gelaufen kam, brachten die Sanitäter die Trage aus dem Haus. Die tiefstehende Sonne spiegelte sich im Turmfenster, sie mußte die Augen zusammenkneifen, aber sie erkannte Clara sofort, auch wenn nur wenig von

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