Clara
den Tisch. »Seid ihr alle bescheuert?«
Astrid hielt sich die Ohren zu.
»Bevor hier irgendwas läuft, will ich wissen, was das hier sein soll.« Er hielt ein Stück Papier hoch. »Haben die mir gerade bei der Wache in die Hand gedrückt: eine Beschwerde gegen Herrn Josef Ackermann wegen nächtlicher Ruhestörung.«
»Wat ’n Spinner«, entfuhr es Ackermann, aber dann war er sehr reumütig. »Ich hätt et Ihnen sowieso gesagt, Chef, dat schwör ich.«
Toppe hörte sich die Beichte an und fragte sich, was die Griether Bürger von der Kripo halten mußten, aber zum Schluß siegte sein Humor. »Hoffentlich hat es wenigstens Spaß gemacht.«
»Dat können Se laut sagen!« Ackermann unterdrückte ein Kichern. »Un’ zuerst dacht ich ja, et hätt wirklich wat gebracht. Weil, ich hab quasi bewiesen, dat et bloß auf ’m Deich passiert sein kann, aber dann kommt Walter un’ macht mir alles wieder kaputt.«
Heinrichs erzählte den Rest der Geschichte.
»Aber dann ist doch bei der Aktion auf jeden Fall was rausgekommen«, meinte Astrid. »Wir wissen jetzt, daß man sich in Grieth nicht unbemerkt prügeln kann. Jedenfalls nicht auf der Straße. Also, entweder sagen uns ein paar Leute nicht die Wahrheit, oder man hat Ralf Poorten in irgendeinem Gebäude totgeschlagen, in einer Garage vielleicht. Wobei ich mich immer noch frage, warum.«
»Weil du zu sehr an Grieth klebst und an dieser Clara«, erklärte van Appeldorn. »Es kann genauso gut auf der Landstraße vor oder hinter dem Dorf passiert sein. Du liegst ganz falsch, glaub mir. Haus Barbara ist der Schlüssel zu der ganzen Geschichte.«
Und dann berichtete er, nicht ohne Stolz, von seinem Showdown am Samstag.
»Stein hat ein Ermittlungsverfahren eröffnet?« Toppe wunderte sich. »Mit welchem Aufhänger?«
»Fahrlässige Tötung im Fall Karsten Bülow.«
»Hätte ich nicht gedacht«, meinte Heinrichs. »Und was ist jetzt mit den Akten? Bist du fündig geworden?«
»Allerdings! Mühlenbeck hat zu jedem Seminar seit 1982, als das Haus eröffnet wurde, einen Ordner mit Programm, Einladung, Teilnehmerlisten und Quittungen von jedem einzelnen über die Gebühren. Alles sehr sorgfältig sortiert und geheftet, teilweise sogar noch mit den Dankschreiben, die zu den einzelnen Veranstaltungen eingegangen sind. Um so auffälliger, daß bei drei Seminaren, alle im letzten Jahr, die Teilnehmerlisten fehlen und die Quittungen. Ich muß wohl nicht erwähnen, daß die Namen Glade und Toenders nirgendwo auftauchen.«
»Wenn ich dich recht verstehe, gehst du davon aus, daß Mühlenbecks vertuschen wollen, daß die beiden Jugendlichen bei ihnen waren, weil mit denen auch irgendwas passiert ist«, meinte Astrid.
»Das liegt doch wohl auf der Hand! Und Ralf Poorten wußte davon. Ich sage doch, Haus Barbara ist der Schlüssel. Hast du nicht erzählt, daß die am fraglichen Tag bei der Chorprobe waren? Da hättest du dann sogar dein geliebtes Grieth. Hast du inzwischen die Leute vom Chor befragt?«
»Wann denn? Ich weiß sowieso nicht, wo ich anfangen soll. Eigentlich müßte ich zum Franziskusheim und mir Feuerbachs Aussage von jemand anderem bestätigen lassen, aber vorher.«
»Dann gib, in Gottes Namen, mir die Liste«, unterbrach van Appeldorn sie ungeduldig. »Ich fahre jetzt zu Reimann und höre mir an, was der für uns hat. Dann kommt der Chorleiter dran – oder irgendein anderer Sangesbruder. Und danach werde ich dem Mühlenbeck mal anständig auf seine sauberen Finger klopfen. Kommst du mit, Helmut?«
»Langsam«, bremste Toppe. »Was hast du eben von der Vergewaltigung gesagt, Walter?«
»Post aus Wiesbaden. Der eindeutige Beweis, daß Cornelia Marx die Wahrheit sagt. Wir können den Scheißkerl einbuchten. Die Chefin muß wirklich einen dicken Draht nach oben haben, sonst wäre das nicht plötzlich so ruck, zuck gegangen.«
»Übernimmst du das?« fragte Toppe. »Dürfte ja nicht allzu lange dauern.«
Heinrichs wechselte einen Blick mit Ackermann und nickte dann: »Geht klar.«
Astrid sah auf ihre Uhr. »Um zehn habe ich noch eine Vernehmung. Claras Vater kommt.«
»Was willst du denn mit dem?« fragte van Appeldorn übertrieben gedehnt, aber Astrid antwortete nicht, sah ihn nicht einmal an. Norbert war offensichtlich ziemlich geladen, und sie hatte keine Lust, den Punchingball zu spielen.
»Und was haben Sie vor, Ackermann?« Toppe war schon in seinen Mantel geschlüpft.
»Ooch, wir wollen da ma’ wat antesten.«
»Ähem, Herr Ackermann …«
»Nee,
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