Clara
Theke heran. »Es geht noch einmal um den Abend des 9. Februar.«
»Hab ich alles zu gesagt, was ich weiß.«
»Dann müssen Sie es leider noch mal wiederholen.«
Lambertz tunkte weiter Gläser ins Becken.
»Albers, Schmitz und Klinger waren hier. Wann sind sie gekommen?«
»Gegen halb acht.«
»Saßen die allein am Tisch?«
»Ja, hab ich doch schon gesagt. An dem Stammtisch neben der Tür. Bloß die drei.«
»Aber Sie sagten mir doch, Albers Junior wäre dazugekommen.«
»Korrekt.«
»Um wieviel Uhr?«
»Weiß ich nicht genau. Halb neun, kann auch schon Viertel vor gewesen sein.« Der Wirt griff nach einem karierten Tuch und trocknete sich die Hände ab. »Passen Sie auf, ich seh nicht ein, daß ich den ganzen Quark noch mal erzählen soll. Da kommt man sich ja blöd vor!«
»Das tut mir leid«, meinte Toppe ungerührt. »Wann haben die vier Männer das Lokal verlassen?«
»Weiß ich nicht. Freitags ist hier der Teufel los. Da hab ich keine Zeit, auf die Uhr zu gucken.«
Astrid beobachtete, wie Frau Lambertz einen steifen Rücken bekam.
»Haben die Männer den ganzen Abend an dem Tisch gesessen, oder ist zwischendurch mal einer rausgegangen? Einer oder mehrere?«
»Keine Ahnung. Ist mir nicht aufgefallen.«
Frau Lambertz drehte sich um und sah ihren Mann an.
»Geh das Leergut zusammenräumen«, sagte der und tatschte ihr auf den Hintern.
Sie gehorchte.
Astrid hob die Klappe in der Theke hoch. »Warten Sie, Frau Lambertz, ich komme mit.«
Die Frau eilte einen dunklen Gang entlang und blieb erst in dem engen Innenhof stehen, wo sich Flaschenkästen stapelten und Kartons.
»Ja?« starrte sie Astrid an.
»Wollen Sie mir den 9. Februar aus Ihrer Sicht schildern?«
»9. Februar? Ich kann nicht. Mein Deutsch nicht so gut.« Sie sprach langsam, aber sehr deutlich.
»Frau Lambertz, wir wissen, daß Ihr Mann etwas. ›vergessen‹ hat.«
»Sie wissen?«
»Ja«, nickte Astrid, ohne den Blickkontakt abzubrechen.
»Ich weiß nicht.«
»War am 9. Februar wirklich der Teufel los in der Kneipe?«
»Was ist ›Teufel los‹?«
»Waren viele Leute da?«
»Wir immer viel Leut.«
»Erinnern Sie sich an den Abend, Frau Lambertz? Saßen Schmitz, Klinger und die beiden Albers den ganzen Abend am Tisch?«
»Schmitz jede Tag, die andere viel.«
Astrid wollte eigentlich schon aufgeben, aber einen letzten Versuch startete sie noch: »Am 9. Februar ist hier in Grieth.«
»9. Februar«, unterbrach sie die Frau. »Ich nicht weiß, wann war das.«
Astrid ließ sie einfach stehen und ging in die Kneipe zurück.
»Waren die Männer betrunken?« fragte Toppe gerade.
»Nicht sehr«, antwortete Lambertz.
»Was soll das, bitte schön, heißen?«
Lambertz lachte. »Was weiß denn ich, was Sie unter ›betrunken‹ verstehen? Die hatten jeder so ihre acht Biere und ein paar Korn.«
»Interessant, daran erinnern Sie sich genau. Aber Sie wissen nicht, ob die Männer die Kneipe zwischendurch verlassen haben oder wann sie nach Hause gegangen sind.«
Lambertz zuckte die Achseln. »Ich bin Wirt, kein Polizist.«
»Na gut, dann wollen wir mal. Astrid, hast du mal einen Stift da?«
Astrid tauchte unter der Thekenklappe hindurch und fischte einen Kuli aus ihrer Handtasche.
»Was wollen wir mal?« fragte Lambertz mißtrauisch.
»Eine Liste machen. Eine Liste von all den anderen Gästen, die am 9. Februar in Ihrer Kneipe waren. Vielleicht hat ja einer von denen eine schärfere Beobachtungsgabe als Sie.«
»Das kann ich nicht.«
»Was können Sie nicht?«
»Eine Liste machen. Ich weiß doch heute nicht mehr, wer an dem Abend alles hier war!«
»Aber daß Klinger, Schmitz und Albers hier waren, das wußten Sie doch auch.«
»Doch nur, weil Sie mir gesagt haben, daß an dem Tag Verbandssitzung war, und weil die hinterher immer kommen!«
»Sie müssen doch Stammgäste haben«, mischte sich Astrid ein.
»Nö«, griente Lambertz sie an. »Oder anders, das halbe Dorf ist Stammgast. Aber daß einer an einem festen Wochentag regelmäßig käme, das könnte ich nicht sagen.«
»Vielleicht erinnert sich Ihre Frau etwas besser als Sie.«
»Vergiß es«, murmelte Astrid.
Lambertz grinste.
26
Für Astrid waren die nächsten Tage die schlimmsten in ihrer gesamten Dienstzeit. Die anderen hatten schon öfter Durststrecken erlebt und nahmen es mit mehr Gleichmut hin, ein wenig mehr Gleichmut.
Die Vernehmungen verliefen zäh und unergiebig, und schon am ersten Tag hatte Ackermann all seine Tricks verspielt.
Frau Albers
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