Claraboia oder Wo das Licht einfaellt
zur Hälfte geraucht, als er sprach.
»Sie wollen also wissen, was los ist?«
»Ich gebe zu, Senhor Morais«, so hatte Maria Claudia ihm geantwortet, »ich gebe zu, dass ich vielleicht nicht das Recht habe … Aber meine Freundschaft zu Dona Lídia …«
Das hatte sie gesagt, als wüsste sie schon, dass der Grund für Paulinos Wegbleiben nur ein Streit sein konnte. Vielleicht hatte sie das unter dem Eindruck der Worte ihrer Mutter gesagt, die es sich nicht anders hatte erklären können. Ihre Antwort wäre töricht gewesen, wenn sich herausgestellt hätte, dass es keinen Missklang gab.
»Und Ihre Freundschaft zu mir zählt nicht?«, fragte Paulino. »Wenn Sie mich nur wegen der Freundschaft zu ihr darauf ansprechen, weiß ich nicht, ob ich …«
»Ich hätte nicht fragen sollen. Ihr Privatleben geht mich nichts an. Bitte entschuldigen Sie …«
Diese Erklärung hätte Paulino als Vorwand dienen können, sich nicht darüber zu äußern, was geschehen war. Aber Paulino hatte erwartet, dass Maria Claudia fragen würde. Und sich sogar darauf vorbereitet, ihr zu antworten.
»Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet. Ist es nur die Freundschaft zu ihr, weswegen Sie es wissen möchten? Zählt nicht vielleicht auch die Freundschaft, die Sie für mich empfinden? Sind Sie nicht meine Freundin?«
»Sie behandeln mich immer sehr gut …«
»Ich behandle auch meine anderen Angestellten gut, aber ich fordere sie nicht auf, in diesem Sessel Platz zu nehmen, und bin nicht bereit, mit ihnen über mein Privatleben zu sprechen …«
Maria Claudia antwortete nicht. Seine Bemerkung hatte sie verlegen gemacht. Sie spürte, dass sie errötete, und senkte den Kopf. Paulino tat, als merke er nichts. Er zog einen Stuhl heran und setzte sich vor Maria Claudia. Dann erzählte er, was geschehen war. Sprach von dem Brief, der Diskussion mit Lídia, dem Bruch. Die Teile, die für ihn ungünstig waren, unterschlug er, stattdessen stellte er sich als würdevoll dar, was die Erwähnung der unterschlagenen Passagen zwangsläufig widerlegt hätte. Wegen einiger zögerlich vorgebrachter Aussagen in seinem Bericht kam Maria Claudia der Verdacht, dass nicht er es war, der die würdigste Haltung in dieser Geschichte bewiesen hatte. Doch was den Kern der Frage betraf, gab es keinen Zweifel, nachdem sie den Brief gelesen hatte, den Paulino ihr zeigte.
»Ich bereue, dass ich Sie gefragt habe, Senhor Morais. Ich sehe jetzt, dass es mir wirklich nicht zusteht …«
»Doch, doch – mehr, als Sie glauben. Ich empfinde große Freundschaft für Sie, und zwischen Freunden darf es keine Geheimnisse geben.«
»Aber …«
»Ich werde Sie natürlich nicht auffordern, Ihre Geheimnisse preiszugeben. Männer haben mehr Vertrauen zu Frauen als Frauen zu Männern, und deshalb habe ich Ihnen alles erzählt. Ich habe Vertrauen zu Ihnen, ganz uneingeschränktes Vertrauen …« Er beugte sich vor und lächelte: »Jetzt haben wir ein gemeinsames Geheimnis. Und Geheimnisse schaffen Nähe, nicht wahr?«
Statt einer Antwort lächelte Maria Claudia. Sie tat, was alle Frauen tun, wenn sie nicht wissen, was sie antworten sollen. Der, dem das Lächeln gilt, kann es nach Belieben interpretieren.
»Ihr Lächeln gefällt mir. In meinem Alter freut man sich über jedes Lächeln der Jugend. Und Sie sind noch so jung …«
Wieder lächelte Maria Claudia. Paulino interpretierte es.
»Und Sie sind nicht nur jung … Sie sind auch hübsch …«
»Vielen Dank, Senhor Morais.«
Dieses Mal lächelte sie nicht stumm, und ihre Stimme bebte.
»Sie brauchen nicht rot zu werden, Claudia. Was ich gesagt habe, ist die reine Wahrheit. Ich kenne keine, die so hübsch ist …«
Um irgendetwas zu erwidern, da ja ihr Lächeln nicht genügt hätte, sagte sie, was sie nicht hätte sagen sollen:
»Dona Lídia war viel hübscher als ich!«
Genau so: »war«. Als wäre Lídia gestorben, als diente sie für ihr Gespräch nur noch als simple Bezugsgröße …
»Nicht zu vergleichen. Das sage ich Ihnen als Mann … Sie sind anders. Sie sind jung und hübsch, Sie haben ein gewisses Etwas, das mich beeindruckt …«
Paulino war ein höflicher Mensch. So höflich, dass er »Sie erlauben« sagte, bevor er die Hand ausstreckte, um ein Haar zu entfernen, das Claudia auf die Schulter gefallen war. Doch die Hand fand nicht denselben Weg zurück. Sie streifte Claudias Wange, so behutsam wie eine Liebkosung, so sacht, als wollte sie sich nicht mehr zurückziehen. Claudia schoss
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