Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
zu begeben, fährt er doch lieber monatelang durch die Wildnis, als sich in einer illustren Gesellschaft wie dieser feiern zu lassen, aber …« Sie zog Alex an einem Arm zu sich heran. »… aber, mein lieber Alex, da musst du heute Abend durch! Wir feiern deine Wiedergeburt, die wundersame Heilung durch den noblen Dr. Ralph M. Blanchard, der dich von deinen Qualen erlöst und dafür gesorgt hat, dass du dem Teufel noch einmal von der Schippe springst!«
Alles klatschte und johlte, und nur Alex blieb stocksteif stehen und lief vor Verlegenheit puterrot an. Clarissa griff rasch nach seiner Hand und drückte sie, flüsterte ihm verstohlen zu: »Keine Angst, gleich hast du es überstanden.«
Dolly griff nach ihrem Bierglas und erhob es feierlich. »Auf unseren Alex ein dreifaches Hipp-hip-hurra! Hipp-hip-hurra! Hipp-hip-hurra!« Die Gäste fielen ein und klatschten begeistert, als Alex sich mit einem verlegenen Diener bedankte und Dolly einen kräftigen Schluck nahm. »Worauf wartest du noch, Jerry?«, rief sie ihrem Mann zu. »Wann spielst du endlich mal was anderes als diesen vornehmen Klassik-Kram? Wie wär’s mit ›Seven Drunken Nights?‹«
12
J erry trank einen großen Schluck Whiskey, bevor er erneut in die Tasten griff und das bekannte irische Trinklied anstimmte. Er sang auch die letzten beiden Strophen, die so unanständig waren, dass selbst die hartgesottenen Männer unter den Gästen rote Ohren bekamen, und grinste verstohlen, als die anwesenden Iren einfielen und er die entsetzte Miene einer älteren Dame bemerkte. Den warnenden Blick seiner Frau nahm er aus den Augenwinkeln wahr.
Schon während er das Lied sang, hatten zwei seiner irischen Freunde ihre Geigen ausgepackt und fiedelten dazu, stampften mit den Füßen und forderten die Leute auf, das Tanzbein zu schwingen. Selbst die ältere Dame, die bei den anzüglichen Texten die Nase gerümpft hatte, packte ihren Mann und zeigte ihm, wie man zu einem irischen Trinklied tanzt. Clarissa ließ sich von der Fröhlichkeit anstecken, zog Alex auf die Tanzfläche und bog sich in seinen Armen, bis er plötzlich innehielt und sich an einem der zur Seite gestellten Tische abstützte. Clarissa schien erst jetzt bewusst zu werden, dass Alex, der ohnehin kein begeisterter Tänzer war, nur wenige Wochen nach einer Operation noch keine großen Sprünge machen konnte, und griff mit beiden Händen nach seinen Schultern. »Tut mir leid, Alex, das wollte ich nicht …«
»Schon gut«, erwiderte er, »dieses Gehopse war noch nie meine Stärke. Ich brauch erst mal einen Schluck von dem irischen Teufelszeug, bevor ich loslegen kann.« Er grinste Jerry über den Tisch hinweg an. »Gib mir fünf Minuten, dann versuchen wir’s noch mal. Tanz mit einem Iren, die können das besser!«
Doch statt eines Iren forderte sie William E. Flemming auf und bewegte sich so ungelenk, dass sie sich schon nach ein paar Schritten nach ihrem taumelnden Mann zurücksehnte. Der Bankdirektor, wie immer korrekt gekleidet und mit einer besonders kostbaren Fliege am Kragen, vergaß auch während des Tanzens das Geschäft nicht: »Ich freue mich, dass die Operation Ihres Mannes so gut verlaufen ist, Ma’am. Ich kann mich an keinen Kredit erinnern, der so sinnvoll eingesetzt wurde, und ich möchte Ihnen noch mal versichern, dass ich keinesfalls beabsichtige, die Zinsen zu erhöhen.« Er sprach so salbungsvoll wie in seinem Büro. »Mit diesem Roadhouse haben Sie die beste Sicherheit, die man sich vorstellen kann. Eine wirklich erstklassige Anlage.«
Auch Doc Boone, der sie als Nächster aufforderte, konnte nicht aus seiner Haut. Mit einem Seitenblick auf ihren Mann, der mit Jerry und einigen anderen Iren anstieß, sagte er: »Passen Sie gut auf Ihren Mann auf, Ma’am! Lassen Sie ihn nicht zu lange mit diesen wilden Burschen allein. Gegen ein oder auch zwei Gläschen von dem irischen Feuerwasser ist nichts einzuwenden, aber alles andere wäre leichtsinnig. Es wird noch eine Weile dauern, bis er wieder voll belastbar ist. Aber wie ich Sie kenne, haben Sie ein wachsames Auge auf ihn.« Er lächelte. »Selbst wenn Sie einem alten Mann wie mir das Vergnügen machen, eine Runde auf der Tanzfläche mit Ihnen zu drehen.«
Nachdem sich Doc Boone mit einer knappen Verbeugung für den Tanz bedankt hatte, blieb Clarissa gerade noch Zeit, einen Schluck von der Bowle zu nehmen, die Dolly ebenfalls bereitgestellt hatte, dann war bereits George M. Hill zur Stelle, der schmächtige Zeitungsmann, der niemals
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