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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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kommen, an dem Sie meine hehren Absichten anerkennen und mir das geben werden, wonach ich mich jetzt schon sehne.«
    »Ich bin verheiratet«, erwiderte sie knapp.
    »Mit einem Mann, der seit über acht Wochen spurlos verschwunden ist und wahrscheinlich nie mehr auftauchen wird«, sagte er. »Oder glauben Sie im Ernst, dieser Alex wird tatsächlich auf einem der nächsten Schiffe sein?«
    »Ja, das glaube ich, Mister Smith.«
    Soapy Smith wollte ihr vom Kutschbock helfen, doch sie war bereits vom Wagen geklettert. »Ich danke Ihnen für diesen wunderschönen Abend«, sagte er, und es klang auch ein wenig Hohn in seiner Stimme mit. »Ich werde mir erlauben, Sie morgen um fünf wieder zum Essen abzuholen. Gute Nacht, Clarissa. Schlafen Sie gut, und machen Sie sich wegen Ihrer Zukunft keine Sorgen. An meiner Seite kann Ihnen gar nichts passieren. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass wir beide in Kürze an Bord eines dieser riesigen Ozeandampfer gehen und nach Europa fahren … Denken Sie darüber nach, meine Liebe!«
    Eher gehe ich zehn Jahre ins Gefängnis, antwortete sie in Gedanken.
    Noch bevor Soapy Smith die Zügel aufgenommen hatte, stürmte Clarissa ins Haus. Mrs Buchanan wartete bereits auf sie. »Hast du ihn gesehen, diesen arroganten Mistkerl?«, rief sie, während sie ihren Hut in die Ecke warf. »Er will, dass ich Alex vergesse und zu seiner Geliebten werde. Er glaubt, ich würde mich ihm eines Tages freiwillig hingeben. Nie im Leben, sage ich!«
    »Er ist größenwahnsinnig geworden«, erwiderte die Wirtin. Sie trug bereits ihren Hausmantel. »Ist ja kein Wunder. Alle Alleinherrscher werden irgendwann größenwahnsinnig. Gibt ja genug Leute in dieser wundervollen Stadt, die ihm den roten Teppich ausrollen und vor ihm in die Knie gehen.« Sie blieb in dem warmen Rauch stehen, der aus dem Gemeinschaftsbad drang. »Ich hab dir die Wanne mit Wasser füllen lassen. Ich dachte mir, nach einem Abendessen mit diesem Schurken brauchst du unbedingt ein heißes Bad.«
    Clarissa strahlte. »Du kannst Gedanken lesen! Obwohl er mich nicht angefasst hat, komme ich mir irgendwie schmutzig vor.« Sie holte ihr Nachthemd und den Hausmantel, den Mrs Buchanan ihr geliehen hatte, und öffnete die Badezimmertür. »Du hast doch nichts dagegen, dass ich mich im Bad verstecke? Nach diesem Abend habe ich über einiges nachzudenken. Geh ruhig schlafen, bevor ich ins Bett gehe, mach ich das Bad sauber und sehe noch einmal in der Küche nach dem Rechten. »Gute Nacht, Buchanan.«
    »Gute Nacht, Clarissa.«
    Das Wasser duftete nach dem Lavendel, den Mrs Buchanan so gern benutzte, und hatte gerade die richtige Temperatur. Nach einem Abend wie diesem hätte Clarissa sich nichts Schöneres vorstellen können. Erschöpft nach der Anstrengung, sich ständig zusammenreißen und selbst dann lächeln zu müssen, wenn einem eher danach war, seinem Gegenüber ins Gesicht zu spucken, lag sie ausgestreckt in dem hölzernen Zuber. Nachdem sie sich ausgiebig gewaschen und gebürstet hatte, als hätte sie Angst, etwas von Soapy Smith könnte an ihr hängen geblieben sein, genoss sie die wohlige Wärme und den duftenden Schaum. Erleichtert, den Abend einigermaßen unbeschadet überstanden zu haben, lehnte sie sich gegen den Wannenrand und schloss die Augen. Die bittere Wirklichkeit verschwand im warmen Dunst.
    In dem Traum, der sie bald darauf umfing, traf sie Alex wieder. Diesmal stand er vor der Wanne, nackt, wie ihn Gott erschaffen hatte, aber ohne die geringste Scheu; wie im wirklichen Leben, wenn sie im Sommer in einen Fluss oder einen See sprangen oder im Winter in den heißen Quellen badeten. Seltsam ernst verhielt er sich, als wäre er in der Zwischenzeit zu einem anderen Mann geworden, nicht mehr so unbekümmert und jungenhaft wie bisher.
    »Alex!«, flüsterte sie. Ihre Stimme klang brüchig und kam ihr selbst fremd vor. »Komm zu mir! Steig zu mir in die Wanne, und nimm mich in die Arme!« Sie streckte beide Arme nach ihm aus, so wie in dem anderen Traum, als er zu ihr ins Zimmer gekommen war. »Küss mich, Alex! Bitte küss mich!«
    Ihre Bitte blieb unerhört, denn plötzlich wurde der heiße Dampf, der von der Wanne aufstieg, immer dichter, und als er endlich etwas sagte, war er schon halb darin verschwunden, und man hörte nur noch ein undeutliches Murmeln. »Alex! Alex, bitte komm!«, flehte sie, doch er kehrte nicht mehr zurück und verschwand, ohne sie berührt oder etwas zu ihr gesagt zu haben.

26
    Am nächsten Morgen war Clarissa

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