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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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es schon so weit, dass Dolly ihr Trost zusprach. »Mach dir keine Sorgen um mich, Dolly.«
    Mit Dolly verschwand auch Fitz. Nur wenige Tage, nachdem sie aufgebrochen war, machte sich der alte Goldsucher klammheimlich aus dem Staub, ohne sich zu verabschieden und anscheinend eine Spur zu hinterlassen. »Das bin ich schon von ihm gewöhnt«, sagte Mrs Buchanan, »er ist eben ein Raubein. Ich weiß schon, warum ich meinen Joe und nicht ihn geheiratet habe.« Doch als am nächsten Morgen ein Bote mit einem winzigen Päckchen erschien, und sie einen funkelnden Ring auspackte, weinte sie vor Rührung und zum ersten Mal, seit Clarissa sie kannte. »Ich war zu feige, dich zu fragen«, stand auf dem kurzen Brief, der dabei lag, »aber wenn ich wieder in Skaguay bin, und das wird nächstes Jahr der Fall sein, werden wir heiraten.«
    Und weil inzwischen auch Sam Ralston die Stadt verlassen hatte, ebenfalls ohne sich zu verabschieden und wahrscheinlich zu feige, ihr nach seiner Partnerschaft mit Soapy Smith wieder unter die Augen zu treten, fühlte sie sich plötzlich noch einsamer und verlorener in Skaguay und dachte so manche Nacht über Dollys Angebot nach. Doch jeden Morgen, wenn sie aufwachte, verwarf sie den Gedanken wieder, fühlte sie sich wieder stark genug, um einen weiteren Tag zu überstehen und die Hoffnung zu nähren, Alex könnte mit dem nächsten Schiff kommen, und alles wäre wieder wie früher, als sie Frank Whittler schon beinahe vergessen hatten, und ein neues Leben vor ihnen lag.
    Im Oktober kündigte sich der Winter mit den ersten Schneestürmen an. Eisiger Wind blies von den Pässen herunter und trieb die Menschen in ihre Häuser und Zelte. Innerhalb weniger Stunden lag eine dichte Schneedecke über der Stadt, begrub den Schlamm und den Abfall unter sich und ließ sie unnatürlich sauber und friedlich aussehen, als wäre Skaguay ein verwunschenes Dorf aus einem fantastischen Märchen. Der Winter erstickte alles Leben, die Flüsse und Seen froren zu, der Trail war nur noch mit einem Hundeschlitten passierbar, und die Goldsucher, die erst vor wenigen Tagen gekommen waren, zogen es vor, sich eine Bleibe zu suchen und auf das Frühjahr zu warten. Wenn sie nicht genug Geld besaßen oder es nicht schafften, sich in einem Zelt häuslich einzurichten, blieb ihnen nichts anderes übrig, als auf eines der wenigen Schiffe zu warten, das im Winter anlegte, und in ihre Heimat zurückzukehren. Die meisten verloren beim Anblick der bedrohlich aufragenden Gletscher und des verschneiten White Pass sowieso den Mut.
    Das einzige Schiff, das in der letzten Oktoberwoche in der Bucht den Anker warf, war die Bristol, und ungeachtet des eiskalten Winterwetters stand auch Clarissa wieder am Hafen und wartete darauf, dass Alex in einem der wenigen Boote, die Passagiere abholten, an Land ging. Bis auf einige Händler und Geschäftsleute, die in der Stadt zu tun hatten, war niemand zu sehen. Seitdem Soapy Smith unter der Erde lag, war die Stadt zu einer geschäftigen Metropole herangewachsen, die angeblich schon beinahe so groß wie Vancouver war, obwohl Clarissa das kaum glauben konnte, und die Goldsucher waren bereits in der Minderheit. Es gab Banken, Kaufhäuser, Restaurants, zwei Zeitungen, etliche Saloons, aber auch Kirchen, und am oberen Broadway hatte sogar ein Fotograf sein Domizil aufgeschlagen und bot seine Dienste an. Und in Dawson City am Klondike River sollte es noch großstädtischer zugehen.
    Clarissa wollte sich schon abwenden, als sie einen mächtigen Burschen in einem Büffelfellmantel aus einem der Boote steigen sah. Wie ein Bösewicht aus ihren Buffalo-Bill-Heften sah er aus, kräftig gebaut und mit breiten Schultern, mit halblangen schwarzen Haaren unter einer Fellmütze, wie sie manche Soldaten im Winter trugen. Zu seinem kriegerischen Gesamtbild passten auch sein grimmiges Gesicht mit den kalten Augen und das Gewehr, das er in einem Schuber aus Wildleder bei sich trug. Ein Halbindianer, nahm sie an, wahrscheinlich ein Jäger, der in den Bergen auf Wolfsjagd gehen wollte, oder ein ehemaliger Krieger, der in eines der Indianerdörfer im Norden weiterzog.
    Der Mann war ihr unheimlich, nicht nur wegen seines bedrohlichen Aussehens. Als er über den Ufersand zur Hauptstraße hinaufstieg, klappte sie unwillkürlich den Kragen ihres Mantels nach oben und zog den Schal bis über ihre Nase. Eine automatische Geste für jemanden, der nicht erkannt werden wollte und gegenüber jedem Fremden misstrauisch sein musste. Seit

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