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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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wieder um Recht und Gesetz, wohl in der Angst, die Bürgerwehr könnte auch seine Straftaten aufdecken und ihn zur Verantwortung ziehen. Doch niemand wollte weitere schmutzige Wäsche waschen. Man war froh, den dreisten Soapy Smith endlich los zu sein und freute sich über die sinkende Verbrechensrate in einer kleinen Siedlung, die bis dahin zu den gefährlichsten Städten des gesamten Territoriums gehört hatte. Endlich konnte man wieder frei atmen und abends auf die Straße gehen, ohne Angst haben zu müssen, an der nächsten Straßenecke beraubt oder erschlagen zu werden.
    Mit der Kunde von neuen Goldfunden am Eldorado Creek, einem schmalen Nebenfluss des Klondikes auf der kanadischen Seite, wuchs auch Skaguay, und immer mehr Männer und jetzt auch Frauen und Kinder strömten in die Stadt. Neue Geschäfte und Lokale eröffneten, hastig errichtete Zelte schossen aus dem Boden, und ein paar Meilen weiter nördlich am White Pass Trail entstand eine weitere Zeltstadt, in der sich zahlreiche neue Ausrüster und indianische Führer niederließen und den Goldsuchern, die über den Pass wollten, ihre Dienste anboten. Die Auflagen der kanadischen North West Mounted Police waren streng. Jeder Goldsucher, der weiter zum Klondike wollte, musste Ausrüstung und Verpflegung für ein Jahr mitnehmen. Eine Tonne Gepäck, die man nur schaffte, wenn man mehrmals den Pass erklomm. Man kam sogar auf die Idee, eine Eisenbahn über den White Pass zu bauen. Im Herbst führten bereits Schienen über den Broadway, doch es würde noch mindestens ein Jahr vergehen, bis man den ersten Zug über den Pass schicken konnte.
    Für Clarissa änderte sich nichts. Sie ging ihrer täglichen Arbeit nach und stand jedes Mal, wenn ein Dampfschiff aus dem Süden in der Bucht vor Anker ging, im Hafen und hielt Ausschau nach ihrem Mann. Sie wartete vergeblich. Auf keinem der Schiffe, das vor Skaguay den Anker setzte, war er unter den Passagieren, und auch unter den wenigen wagemutigen Männern, die über den Landweg gekommen waren, entdeckte sie ihn nicht. Der Sommer, so warm und freundlich er mit seinen sonnigen Tagen war, wurde zu einer einzigen Enttäuschung für sie, und als der Herbst ins Land zog, die Bucht von dichten Nebelschwaden überzogen war, es tagelang regnete, und er noch immer nicht gekommen war, verlor sie langsam selbst den Glauben daran, dass er jemals in Skaguay auftauchen würde. Ihre Verzweiflung wuchs ins Unermessliche, als der Captain der S.S. California einen weiteren Brief von Mary Redfeather brachte, der ihr in wenigen Worten klarmachte, wie gering die Chancen, Alex jemals wieder zu sehen, tatsächlich waren.
    Auch diesen Brief las sie allein in ihrem Zimmer, mehrere Male und stets in der Hoffnung, dass sich die Worte ihrer Freundin auf magische Weise ändern würden, doch sie blieben und bedeuteten ihr, dass auch Alex’ zweiter Stiefel an Land geschwemmt worden war, von Haien zerbissen, und man davon ausgehen musste, dass er im Meer ertrunken war. »Liebe Clarissa«, schrieb Mary Redfeather, »ich kann mir gut vorstellen, wie diese Worte auf dich wirken müssen, und welchen Schmerz sie in dir verursachen, aber ich kann dir leider nichts anderes sagen. Meine Söhne haben noch einmal die Wälder nach ihm abgesucht und auch bei den anderen Stämmen nach ihm gefragt, aber niemand hat ihn gesehen oder etwas von ihm gehört, und seine beiden Stiefel sind das Einzige, das wir von ihm haben. Ich weiß, wie schwer es für dich sein muss, denn auch ich habe vor nicht allzu langer Zeit einen geliebten Menschen verloren, aber das Leben meint es nicht immer gut mit uns, und es bleibt uns nichts anderes übrig, als es so zu nehmen, wie es ist. Vertraue unserem Schöpfer, auch wenn seine Entscheidungen manchmal schwer zu verstehen sind, und blicke in die Zukunft. Deine Freundin Mary.«
    Clarissa wollte nicht glauben, was in dem Brief stand. Solange es keinen eindeutigen Beweis dafür gab, dass Alex tatsächlich ertrunken war, würde sie weiterhin hoffen, dass er noch am Leben war, oder zumindest die Chance bestand, er könnte auf wundersame Weise überlebt haben. Er hatte keinen Selbstmord begangen, selbst das furchtbarste Schicksal hätte ihn nicht zu einer solchen Tat bewegen können, dazu liebte er das Leben viel zu sehr. Und wenn, hätte er bestimmt nicht seine Stiefel ausgezogen.« Der Gedanke brachte sie zum Lächeln. Und wenn man ihn ohne Stiefel überrascht und bewusstlos oder verwundet ins Meer geworfen hatte, gab es immer noch die

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