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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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lieb ist, vom Schlitten springen und beim Schieben helfen müssen. Du bist eine Frau. Du hast keine Erfahrung.«
    Clarissa blickte sich um und sah, dass einer der Schlitten angespannt war. Anscheinend hatte sein Besitzer vor, seinen Hunden einen längeren Auslauf zu gönnen. Die Huskys jaulten bereits aufgeregt und bewegten sich ungeduldig in ihren ledernen Geschirren. »Darf ich mir den Schlitten ausleihen?«
    »Was hast du vor?«
    Sie verzichtete auf eine Antwort, setzte ihren Rucksack ab und bahnte sich einen Weg durch die neugierigen Männer. »Wie heißt der Leithund?«, rief sie.
    »Taku«, antwortete der Indianer mit dem Nasenring.
    »Taku«, wiederholte Clarissa und beugte sich zu dem Husky hinunter. Sein Fell war hell, fast silbergrau, und seine Augen leuchteten blau. Er entblößte knurrend seine Reißzähne, als sie eine Hand nach ihm ausstreckte. »Keine Angst, Taku!«, beruhigte sie den Hund auch mit ihrer sanften Stimme. »Ich will dich doch nur streicheln.« Sie berührte vorsichtig sein Fell und spürte, wie sich seine Haare unter ihrer Handfläche aufstellten. »Ganz ruhig! Ich bin’s, Clarissa. Ich hatte einen vierbeinigen Freund, der sah genauso gut aus wie du.« Sie dachte wehmütig an ihren geliebten Smoky zurück. »Was meinst du? Wollen wir deinen Leuten mal zeigen, wie man einen Schlitten steuert?«
    Taku fasste langsam Zutrauen zu ihr und ließ seine Reißzähne verschwinden. Indem er aufsprang zeigte er den anderen Hunden, dass es endlich losging. Die Frau mit der weißen Haut würde sie auf einen Ausflug mitnehmen.
    Die Indianer, aber auch einige Goldsucher, die neugierig näher gekommen waren, beobachteten staunend, wie sie den Anker, mit dem der Schlitten gesichert war, aus dem Schnee zog und auf das Trittbrett stieg. »Heya … vorwärts!«, feuerte sie die Hunde an. »Go … go! Zeig mal, was du kannst, Taku!«
    Der Leithund ließ sich nicht zweimal bitten. Beinahe aus dem Stand legte er ein solches Tempo vor, dass die anderen Hunde kaum mitkamen, und Clarissa fast vom Trittbrett geschleudert wurde. Ihre Muskeln waren noch steif von dem anstrengenden Marsch. Doch schon nach wenigen Schrecksekunden hatte sie sich gefangen, und sie reagierte wieder so schnell und sicher wie noch vor wenigen Monaten, als sie mit dem Schlitten nach Port Essington gefahren war. In den zwei Jahren, die sie in der Wildnis verbracht hatte, war sie zu einer ausgezeichneten Musherin geworden, besser als viele Männer.
    Um Slocum Joe und seinen Leuten zu beweisen, dass sie keine verwöhnte Weiße aus der Stadt war, wählte sie einen besonders schwierigen Trail. Im Slalom durch die vielen Zelte, dann den steilen Hang zur Felswand hinauf an einigen Krüppelkiefern vorbei zum Lager der weißen Männer und in einer steilen Rechtskurve zu den Indianern zurück. Zwischen den Zelten ging sie mehrmals in die Hocke und federte die buckligen Bodenwellen weg, auf dem steilen Hang sprang sie vom Trittbrett und schob den Schlitten an, half den Huskys, die Steigung zu erklimmen. In der letzten Kurve war sie bereits so außer Atem, dass sie den Schlitten kaum noch steuern konnte, aber sie wollte sich keine Blöße geben und lächelte fröhlich. »Whooaa!«, signalisierte sie dem Leithund. »Whooaa, Taku!« Sie trat auf die Bremse und hielt vor den Indianern, bohrte den Anker in den Schnee und griff nach ihrem Rucksack.
    Eine Zeit lang war nur ihr heftiger Atem zu hören, dann nickte Slocum Joe anerkennend und sagte: »Du bist eine gute Musherin. Du weißt, wie man einen Schlitten steuert. Du bist besser als die meisten dieser weißen Männer.« Er drehte sich nach den Goldsuchern um. »Aber kannst du auch bezahlen?«
    Während eines Goldrausches drehte sich alles ums Gold und um Geld, und man musste teuer für alle Waren und Dienstleistungen bezahlen. Das war in Skaguay so, vor allem aber in Dawson City; meist vier Mal so viel wie in Seattle oder San Francisco. Die gesamte Ausrüstung und Verpflegung, die ein Goldsucher brauchte, um zum Klondike durchgelassen zu werden, betrug tausend Dollar.
    Das Gold, das Clarissa in ihrem Lederbeutel mitführte, war ungefähr fünfhundert Dollar wert, und das auch nur, weil Sam Ralston in Fort Wrangel am Spieltisch gewonnen hatte. Damit kam man auf den Goldfeldern nicht weit. Auch in Dawson City würde sie gezwungen sein, Arbeit anzunehmen, selbst dann, wenn Dolly eine Bleibe gefunden hatte, und sie bei ihr unterkriechen konnte, aber sie hatte ihr ganzes Leben gearbeitet und war zu allem

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