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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Verbrecherin hielt? Hatte er deswegen sein Gewehr über den Knien liegen? Tat sie ihm unrecht, wenn sie ihn für einen unfreundlichen und ungehobelten jungen Mann hielt? »Ich habe nichts verbrochen«, sagte sie noch einmal. »Die Mounties wollen mich für etwas festnehmen, das ich nicht getan habe.«
    Dem Indianer schien das egal zu sein. »Und jetzt willst du wie alle anderen Weißen nach Dawson und die Erde umgraben?« Er schüttete den Rest seines Kaffees ins Feuer. »Weißt du, wer das erste Gold am Klondike entdeckt hat?«
    »Ein amerikanischer Goldsucher«, antwortete sie. An den Namen konnte sie sich nicht erinnern. »Sein Bild war in den Skaguay News. Er ist durch Zufall auf die Nuggets gestoßen. Die Geschichte kennt doch jeder in Skaguay.«
    »Aber die meisten Leute wissen nicht, dass drei Indianer bei ihm waren, zwei Männer und eine Frau. Wenn sie ihm nicht gezeigt hätten, wo das Gold liegt, hätten die Weißen nie davon erfahren. Eigentlich gehört das Gold uns!«
    Clarissa blickte den Indianer über den Rand ihres Bechers an. Sie wurde nicht schlau aus dem jungen Mann. Einerseits wollte er unbedingt wie ein Weißer sein, und wenn es um das Gold ging, benahm er sich plötzlich wie ein Stammesführer, der noch in der Vergangenheit lebte und sich darüber beklagte, dass man ihnen das Land weggenommen und sie ihrer Rechte beraubt hatte. »Ich weiß, dass man die Indianer betrogen hat«, räumte sie ein. »Viele Weiße betrügen die Indianer, und viele Reiche betrügen die Armen, die sich nicht wehren können. Um Land für die Eisenbahn durch Kanada zu bekommen, haben die Manager der Canadian Pacific viele Farmer, die ihnen im Weg standen, enteignet und ihnen das Land weggenommen.« Arroganten Millionären wie den Whittlers ist es egal, ob sie Weiße oder Indianer aus dem Weg räumen, fügte sie in Gedanken hinzu. Nicht nur Indianer fühlten sich betrogen.
    Tommy ging nicht auf ihre Antwort ein. »Die Weißen haben alles, und wir haben nichts. Und wenn wir etwas haben, nimmt man es uns weg. Wir sind auf die wenigen Almosen angewiesen, die man uns zuwirft.« Er biss wütend von seinem Trockenfleisch ab, als machte er sie allein dafür verantwortlich. »Aber ich lasse mir nichts mehr gefallen. Eines Tages werde ich genauso viel Geld haben wie die weißen Männer, die heute noch über mich lachen. Oder denkst du, ich bin ein kleiner Junge, den man für dumm verkaufen kann?«
    »Ich denke gar nichts, Tommy«, erwiderte sie, verwundert darüber, wie aggressiv er reagierte. »Und ich bin, ehrlich gesagt, auch zu müde, um darüber nachzudenken. Ich bezahle dir einen fairen Lohn, oder etwa nicht? Wahrscheinlich sogar mehr als alle anderen, die du bisher über den Pass gebracht hast. Ich lege dich nicht rein. Sobald wir in Dawson sind, bekommst du die zweite Hälfte deines Lohns und vielleicht sogar einen kleinen Bonus.«
    Er brummte etwas, das sie nicht verstand, und spuckte ins Feuer. Seine Geste wirkte so abfällig, dass sie ihre Worte am liebsten zurückgenommen hätte. Er war kein besonders freundlicher Mann, und sie hätte lieber Slocum Joe oder einen anderen Indianer als Führer gehabt, aber dazu war es jetzt zu spät, und die paar Tage, die sie nach Dawson City brauchten, würde sie allemal überstehen. Solange er sie sicher über die kanadische Grenze und weiter zu den Goldfeldern brachte, konnte es ihr egal sein, wie unfreundlich er war.
    Dazu passte seine Äußerung, nachdem er den letzten Bissen seines Trockenfleischs gegessen hatte: »Ich halte keine Wache. Noch sind wir auf der amerikanischen Seite, da haben die Mounties nichts zu sagen. Und wenn uns doch einer aufspürt, greife ich bestimmt nicht zur Waffe. Das würde ich nicht für viel Geld tun. Mit den Mounties müssen Sie allein zurechtkommen.« Er stand auf, ging zum Schlitten und warf ihr die Hälfte seiner Decken und einen wasserdichten Regenumgang zu. »Hier … Falls es schneit.«
    »Danke.« Sie trank ihren restlichen Tee, schnappte sich die Decken und den Umhang und brachte sie zu ihrem Unterstand. Mit ein paar Fichtenzweigen und den Decken baute sie ihr Nachtlager. Sie schlief nicht zum ersten Mal im Freien, sie hatte Alex auf zahlreichen Jagdausflügen begleitet und war viel unbequemere Lager gewöhnt. Hier hatte der Winter gerade erst begonnen, und die Temperaturen waren noch erträglich, wenn man einigermaßen gegen den Wind geschützt war. Die Senke erwies sich als besserer Lagerplatz, als sie gedacht hatte, und die Zeltplane und der

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