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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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eingestehen, dass ihr eine so fantastische Geschichte vollkommen unglaubhaft vorgekommen wäre, wenn sie in Buffalo Bill’s Wild West gestanden hätte.
    Sie hörte, wie sich der Indianer aus seinen Decken schälte, aufstand und zwei abgesplitterte Holzscheite von dem entwurzelten Baum in die Flammen warf. Obwohl sie seine Gestalt im Feuerschein nur schemenhaft erkennen konnte, glaubte sie, seinen prüfenden Blick auf sich zu spüren. Sie schloss rasch die Augen und stellte sich schlafend. Auch wenn kaum die Gefahr bestand, dass er etwas sagen würde, wollte sie ihm keine Gelegenheit dazu geben. Der junge Mann machte einen verbitterten Eindruck auf sie und verstörte sie, weil er ständig auf die bösen und raffgierigen Weißen schimpfte. Beteiligte er sich nicht selbst an dem Spiel? Verlangte er nicht einen unverschämten Preis für seine Dienste? Nahm er die Weißen nicht ebenfalls aus?
    Clarissa hatte keine Lust, sich mit solchen Gedanken herumzuschlagen, und gab sich stattdessen ihrer Müdigkeit hin. Sie musste ausgeschlafen sein, wenn sie den morgigen Tag meistern wollte. Zur Passhöhe würde der Trail noch beschwerlicher als am vergangenen Nachmittag sein, und sie konnte froh sein, wenn das Wetter hielt und der böige Wind ihr einziger Feind blieb.
    Sie wandte sich vom Feuer ab und drehte sich zu der Zeltplane um, die Tommy an zwei starken Ästen befestigt hatte. Sie flatterte und knarrte leise im Wind und ließ nur wenig von der Eiseskälte durch, die der nächtliche Wind in die Senke trieb. Sie brauchte nicht die Augen zu öffnen, um zu wissen, dass der Mond und die Sterne hinter einer dichten Wolkendecke verborgen lagen, und es erschien ihr mehr als wahrscheinlich, dass sie am nächsten Morgen kräftiger Schneefall erwarten würde. Was es bedeutete, mit einen Hundeschlitten über verborgene Pfade oder durch den Tiefschnee auf eine einsam gelegene Passhöhe zu fahren, wusste sie nur zu gut. Nicht nur einmal hatte sie ihren Huskys eine solche Strapaze zumuten müssen. Und damals war ihr weder ein Kopfgeldjäger auf den Fersen gewesen, noch hatte sie sich an einem gut bewachten Posten der Mounties vorbeischleichen müssen.
    Ihre Lider wurden schwer. Die Wärme des Feuers strahlte angenehm auf ihren Rücken, und von vorn schützte sie die Zeltplane einigermaßen gegen die sinkenden Temperaturen. Sie hätte gern ihren Schlafsack dabeigehabt, aber der lag in ihrem Blockhaus bei Port Essington und würde ihr nie mehr gute Dienste leisten. Sie besaß nur noch das, was in ihrem Rucksack war, die Kleider, die sie an ihrem Körper trug, ihren Revolver und den Beutel mit dem Gold in ihrer Jackentasche. Inzwischen war sie Sam Ralston sogar dankbar, dass er einen Teil ihres Goldes am Spieltisch riskiert und auf diese Weise ihre Ersparnisse verdoppelt hatte. Kein Vermögen, aber doch so viel, dass sie den Indianer bezahlen und in Dawson City über die Runden kam, bis Alex nachgekommen war. Spätestens im Frühjahr würde er sie mit seiner Ankunft überraschen, verlegen wie ein Schuljunge vor ihrer Blockhütte oder ihrem Zelt stehen und sie vielleicht sogar mit einem kleinen Geschenk überraschen. »Hallo, Clarissa«, würde er mit seinem unverwechselbaren Lächeln sagen, »da bin ich wieder. Sorry, aber eher ging es einfach nicht. Da war dieser Grizzly, und ich hatte gerade meine Stiefel ausgezogen und konnte noch froh sein, dass ich ins Meer fiel, nachdem er mir ordentlich eine verpasst hatte, sonst hätte er mich zerrissen, und … Nun, ja … im Wasser wurde es mir schwarz vor den Augen, und als ich wieder aufwachte, hatten mich ein paar Indianer in ihr Kanu gezogen und in ihr Dorf gebracht. Ich blieb den ganzen Winter bei ihnen und hab es nur dem Hokuspokus dieses Medizinmannes zu verdanken, dass ich noch geradeaus gehen kann. Du hast doch inzwischen keinen anderen geheiratet, oder? Ach ja … Ich hab dir auch was mitgebracht.«
    So oder so ähnlich würde er sich ausdrücken, und nur so konnte es gewesen sein. So hatte sie es sich in ihren Träumen zurechtgedacht. Er würde nach Dawson City kommen, und sie würden in die Wildnis gehen und etwas Neues anfangen.
    Sie vergaß Frank Whittler und ihren geheimnisvollen Verfolger in der Büffelfelljacke und begegnete ihm erst wieder in dem schrecklichen Traum, der sie gleich nach dem Einschlafen heimsuchte. Ein Albtraum, der ihr Herz immer rascher schlagen und ihren Atem immer heftiger gehen ließ. Der Kopfgeldjäger verfolgte sie, er stand auf dem Trittbrett eines

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