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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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weniger auf Constable McGills Kochkünste als auf seine Vorliebe für Buffalo-Bill-Magazine zurückzuführen war. Der junge Polizist hatte einige ältere Hefte dabei, die sie noch nicht kannte und gierig verschlang, als er sie ihr brachte. Genau die richtige Lektüre, um die Sorgen und Probleme, die sie seit ihrer Flucht aus Port Essington begleiteten, wenigstens für ein paar Stunden zu vergessen. Auch wenn sie die Geschichte über einen Westmann, dessen Frau von Indianern entführt wurde, ein wenig an ihr eigenes Schicksal erinnerte. Erst nach vielen Jahren gab der Westmann seine Hoffnung auf ein Wiedersehen auf und heiratete eine Witwe, die ihn gesund pflegte, nachdem er von Sioux überfallen und verwundet worden war.
    Nur wenige Tage, nachdem Sherburne sie zum Grenzposten gebracht hatte, betrat er mit einer Hose und einer Jacke das Zimmer. »Frauenkleider haben wir leider nicht hier«, entschuldigte er sich, »aber diese Sachen gehörten einem Constable, der auf einen anderen Posten versetzt wurde und sich dort was Neues kaufen wollte. Ein zierlicher Bursche. Gut möglich, dass Ihnen die Sachen dennoch zu groß sind, aber was anderes haben wir nicht gefunden.«
    Sie betrachtete die einfachen Wollhosen und den Pullover und bedankte sich lächelnd. »Ich bin ja auch nicht hier, um einen Schönheitspreis zu gewinnen. Vielen Dank … Paul.« Sie legte die Sachen neben sich aufs Bett und blickte ihn an. Plötzlich war sie froh darüber, wieder klar sehen zu können, und dass sein Gesicht nicht mehr vor ihren Augen verschwamm. »Sind Sie schon lange bei den Mounties?«, fragte sie, als sie merkte, dass er noch nicht gehen wollte.
    »Seit ungefähr zwanzig Jahren.« Er setzte sich auf den Stuhl, diesmal ohne ihr vorher einen fragenden Blick zuzuwerfen. »Wenn es nach meinen Eltern gegangen wäre, säße ich jetzt wohl im Büro einer großen Firma und würde Zahlen addieren, aber ich wollte schon als kleiner Junge nach Westen und spannende Abenteuer erleben und hatte mit Zahlen wenig im Sinn. Ich komme aus Ontario, einer kleinen Stadt in der Nähe von Toronto. Richtige Abenteuer, so wie ich sie aus den Büchern von James Fenimore Cooper kannte, gab es dort nicht zu erleben, also zog ich nach dem College nach Westen und meldete mich bei der North West Mounted Police. Die ersten Jahre waren nicht gerade das, was ich mir erträumt hatte, ich war die meiste Zeit mit Papierkram beschäftigt und kannte die Natur nur von dem Bild, das in unserer Schreibstube hing. Dann wurde ich nach Fort MacLeod in Alberta versetzt und bekam es dort mit einigen Sioux-Indianern zu tun, die aus dem Reservat in den Staaten ausgebrochen waren und Zuflucht in Kanada suchten. Nicht gerade die Indianer, die ich aus den Cooper-Romanen kannte. Dort lernte ich auch Superintendent Sam Steele kennen, den wohl fähigsten Polizisten, den wir bei den Mounties haben. Er befehligt die Einheit auf dem Chilkoot Pass und setzte sich für mich ein, als ich ebenfalls in den Hohen Norden versetzt werden wollte.« Er blickte sie unsicher an. »Aber ich langweile Sie sicher mit meinen Reden …«
    »Nein, ganz und gar nicht«, erwiderte sie. »Ich komme auch aus der Stadt, mein Vater war Fischer in Vancouver, und lebe erst seit zwei Jahren im Norden. Ein wundervolles Land. Ich hätte nie gedacht, dass ich mich dort so wohlfühlen könnte. Die Wälder, die Flüsse, die Seen … Die Wildnis ist … wie soll ich sagen?« Sie suchte nach dem passenden Wort. »Majestätisch … Ja, das ist sie. Majestätisch. Sie kann auch unwirtlich und gefährlich sein, so wie vor ein paar Tagen, als mich der Indianer beraubt hatte, aber wie sagte … sagt Alex immer: ›Schenk mir ein Schloss in Vancouver, und ich bin noch am selben Tag wieder in meinem Blockhaus. Ich streite mich lieber mit einem wilden Grizzly herum, als mich mit diesen Verrückten in der Stadt herumzuärgern.‹ «
    »Ein kluger Mann, dieser Alex.« Er druckste wenig herum, überlegte anscheinend, wie er die Frage, die ihm auf der Seele brannte, formulieren sollte. »Ich wollte Ihnen doch einen Vorschlag machen«, begann er schließlich. Er lächelte ein wenig schüchtern. »Sie haben doch sicher gemerkt, wie bescheiden die Kochkünste unseres werten Constable McGill sind. Wie würde es Ihnen gefallen, den Rest des Winters hier zu verbringen und für unser leibliches Wohl zu sorgen? Wir würden Ihnen auch einen Lohn bezahlen. Auf die Weise wäre doch allen gedient. Sie sparen sich etwas Geld, wir bekommen endlich

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