Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
Vom Netzwerk:
bitteren Klang an. »Aber er wäre der Allerletzte, zu dem ich gehen würde. Nach dem Tod meiner Mutter fing er an zu trinken und verlor seine Arbeit, und ich musste in einem Lokal arbeiten und sein Dienstmädchen spielen. Ich konnte schon froh sein, wenn er nicht alles Geld, das ich nach Hause brachte, zum Schnapshändler brachte.«
    »Dann bist du ihm weggelaufen?«
    »Vor einem Jahr schon. Als er anfing, mich zu schlagen, bin ich auf und davon. Keinen Tag länger hätte ich es bei ihm ausgehalten. Aber das ist lange her.«
    Clarissa half der Engländerin auf und setzte sie auf einen flachen Felsen. Sie schrie vor Schmerzen auf. »Tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist. Ich hole dir einen Stock, okay?«
    »Es geht schon … Das war nur der Schreck.«
    Aber Clarissa wusste es besser und suchte nach einem abgebrochenen Ast, den Dolly als Gehhilfe benutzen konnte. »Hier … Damit müsste es gehen. Nimm ihn in die rechte Hand, und leg den anderen Arm um meine Schulter!«
    Sie gehorchte, und sie machten sich gemeinsam auf den Rückweg. Es blieb ihnen keine andere Wahl, als denselben Weg zu benutzen, den sie gekommen waren, und über den vereisten Hang nach oben zu steigen. Schon nach wenigen Schritten merkten sie, wie mühsam der Marsch werden würde.
    »So kommen wir nie nach Skaguay«, erkannte Dolly. Sie klang wütend. »Lass mich zurück und hol Hilfe!«
    »Und du erfrierst hier inzwischen? Kommt nicht in Frage.«
    »Du hast schon genug für mich getan. Du hast mir das Leben gerettet.«
    »Und wenn schon«, spielte Clarissa ihre Rettungsaktion herunter, »ich konnte dich ja schlecht in den Fluss fallen lassen.« Sie war erleichtert, die Engländerin ins Leben zurückgeholt zu haben, und war froh, dass sie ihre Krise überwunden zu haben schien. Eine Frau, die so viel durchgemacht hatte wie sie, zerbrach nicht so schnell. Andere Frauen hätten vielleicht den Verstand verloren, wenn sie auf die grausam zugerichtete Leiche ihres Mannes gestoßen wären.
    »Und wo hast du Luther getroffen?«, fragte Clarissa, während sie nebeneinander durch den Wald humpelten.
    Dolly vergaß ihre Schmerzen und lachte. »Der kam eines Tages in das Lokal geschneit, in dem ich bediente. Bestellte einen Kaffee und rutschte nervös auf seinem Stuhl herum, weil er nicht wusste, wie er mich ansprechen sollte. Das wäre ihm noch nie passiert, hat er mir später gestanden. Also hab ich ihm gesagt, dass ich ihn gern wieder treffen würde. Ich wusste gleich, dass ich ihn heiraten würde, als ich in seine blauen Augen sah, und da spielte es, weiß Gott, keine Rolle, dass er Ire und ich Engländerin war. Ich hätte ihn auch genommen, wenn er ein Chinese gewesen wäre.«
    »Und warum wolltet ihr nach Alaska?«
    »Warum wohl? Um reich zu werden … Oder um wenigstens ein paar Goldkörner zu finden, die für einen neuen Anfang reichen würden. Außerdem hatte ich Angst, dass mich mein Vater finden würde. Luther hätte ihm sicher die Meinung gesagt, und dann wär’s vielleicht zu einem Unglück gekommen.«
    »Und die Tickets?«
    »Hat Luther beim Pokern gewonnen. Er war ein heller Bursche und konnte einigermaßen geschickt mit Spielkarten umgehen. Nun ja, manchmal schummelte er auch ein bisschen.«
    Für einen kurzen Augenblick erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht, dann wurden ihre Augen wieder feucht, und sie sagte: »Ich vermisse ihn so sehr, den verdammten Kerl!«
    »Ich weiß«, erwiderte Clarissa, »ich weiß …«

21
    Unterhalb des steilen und vereisten Hanges sank Dolly erschöpft zu Boden. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen einen Baum und fühlte mit beiden Händen ihre verletzten Beine. »Bist du sicher, dass es nichts Ernstes ist?«, fragte sie mit verkniffenem Gesicht. »Die Schmerzen werden schlimmer.«
    »Sobald wir in Skaguay sind, gibt dir der Doktor eine Pille«, antwortete Clarissa. »Dann gehen die Schmerzen vorbei. In Vancouver hatten wir mal einen jungen Fischer, der von einem Hai gebissen wurde. Der schrie wie am Spieß, obwohl ihn der Hai kaum verletzt und keinen Knochen erwischt hatte. Nachdem er ein Schmerzmittel bekommen hatte, schlief er zwölf Stunden, und danach war er wieder ganz der Alte. So wird es dir auch ergehen, Dolly.«
    »Und wie lange dauerte es, bis er die Pille bekam?«
    »Zwei Tage. Wir waren ziemlich weit draußen.«
    Dolly lächelte gequält. »Na, dann hab ich ja noch Glück. Wenn wir so weitermachen wie bisher, brauchen wir höchstens einen Tag bis

Weitere Kostenlose Bücher