Clarissa
erfreut, als Thomas ihr zulächelte.
Joan und die jungen Männer hatten inzwischen das Zelt aufgebaut und begannen, die Bündel darinnen zu stapeln. Draußen flackerte ein warmes Lagerfeuer.
»Ihr seid ziemlich hochgekommen in der Welt, nicht wahr? « fragte eine Frau, die mit glitzernden Augen hinter dem Feuer stand. Sie hatte einen schrecklichen Kropf an ihrem Hals, so daß sie den Kopf schief legen mußte.
»Können wir dir von dem Essen abgeben, das wir jetzt zubereiten? « fragte Clarissa leise und drehte sich dann wütend um, weil Joan mit einem heftigen Zischen dagegen protestierte.
Die Frau schüttelte mit geweiteten Augen den Kopf und verschwand.
»Wir können doch diesen verpesteten Abschaum nicht in unsere Nähe lassen! « fauchte Joan. »Möchtet Ihr auch gern so ein Ding an Eurem Hals tragen? Sie braucht sich nur zu uns zu setzen, und schon ist es passiert… «
»Still! « sagte Clarissa schroff, weil sie sich in Joan wiedererkannte. »Ich dulde nicht, daß du dich in so anmaßender Weise Über diese Leute äußerst. Sie retteten mein Leben, und trotz ihres Schmutzes und ihrer Gebrechen verdienen sie mehr, als ich ihnen zurückzahlen kann. Und was dich betrifft, wirst du sie alle gut behandeln — nicht nur diese vier jungen Männer. «
Joan preßte die Lippen zusammen und murmelte etwas von Standesverrat und daß sie mit jedem Tag Lady Judith ähnlicher würde. Dann verschwand sie geräuschlos in der Dunkelheit.
Wie Lady Judith, dachte Clarissa, und erkannte, daß sie bisher noch nie so ein Kompliment bekommen hatte. Lächelnd stand sie da und ging dann in ihr Zelt. Als sie allein in ihrer kleinen Koje lag, erinnerte sie sich an ihre Nächte mit Raine. Wenigstens war sie ihm nun wieder nahe, und zum erstenmal seit Monaten konnte sie gut schlafen. Ihre letzten Gedanken vor dem Einschlummern galten Catherine.
Am Morgen erwachte sie erfrischt und lächelnd. Die kalte klare Waldluft hatte ihr gut getan und gab ihr sogar ein Gefühl von Zuhause. Joan war nicht in Sicht, also zog sich Clarissa allein an und wählte ein smaragdgrünes Wollkleid mit goldenem Besatz am Saum. Eine kleine Kappe, die sie dazu aussuchte, verbarg nicht die Locken, die ihr Gesicht umrahmten. Ihr Haar war inzwischen länger geworden, und sie haßte auch nicht mehr die ungewöhnlichen Farben, als habe man jede Strähne anders getönt.
Vor dem Zelt wurde sie von einer erschöpft aussehenden Joan begrüßt, die regungslos auf einem Baumstumpf saß. Ihr Haar hing ihr aufgelöst über den Rücken, die Schultern ihre Kleides waren zerrissen. Sie hatte blaue Flecken am Hals, und sie sah mit glänzenden Augen zu Clarissa auf. »Das sind unersättliche Männer«, sagte sie müde, doch glücklich, so daß Clarissa nur mit Mühe das Lachen zurückhalten konnte.
»Geh und ruh dich aus«, sagte sie streng. »Und wenn du wieder wach bist, werden wir über dein empörendes Verhalten reden. «
Schwerfällig erhob sich Joan und ging auf das Zelt zu.
Clarissa faßte sie am Arm. »Alle vier? « fragte sie neugierig.
Joan nickte nur mit schweren Lidern, während sie auf das Zelt zuging.
Clarissa dachte darüber nach - vier Männer auf einmal? -, als Raine mit zornsprühenden Augen vor sie hintrat. Sie schluckte zweimal. »Guten Morgen«, brachte sie schließlich heraus.
»Zum Teufel mit deinem guten Morgen«, erwiderte er grollend. Die Schlampe, die du mitgebracht hast, hat vier meiner Männer ausgelaugt. Sie taugen zu gar nichts heute morgen, können nicht einmal ein Schwert heben. Ich weiß nicht, warum du hierhergekommen bist, aber ich halte es für besser, du kehrst wieder nach Hause zurück. «
Sie lächelte ihn süß an. »Was für ein bezauberndes Willkommen, mein Gatte. Ich entschuldige mich für meine Magd; aber wie du dich erinnern wirst, hatte ich nicht viel Übung im Umgang mit Untergebenen. Wir können ja nicht alle in den Edelstand geboren werden. Was mein Hierherkommen betrifft, so möchte ich meine Schulden bezahlen. «
»Du schuldest mir nichts. «
»Dir! « spuckte Clarissa, beruhigte sich dann und zwang ein Lächeln auf ihr Gesicht. »Vielleicht schuldest eher du mir was; aber diesen Leuten bin ich verpflichtet. «
»Seit wann kümmert dich dieses Volk? « sagte er mit schmalen Augen.
»Seit sie ihr Leben riskierten, um mich zu retten«, sagte sie ruhig. »Möchtest du vielleicht an unserem Frühstück teilnehmen, um dein Fasten zu unterbrechen? Ich könnte dir eine kalte Fleischpastete anbieten. «
Er wollte
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