Clarissa
König Heinrich Stephen als Gattin versprochen hatte. «
»Ja«, sagte Anne, »ich erinnere mich jetzt. Sie brachte doch ein beträchtliches Vermögen in die Ehe mit. «
»Stephens Alicia ist eine wohlhabende Frau, ja; doch Stephen begehrte die Frau mindestens so sehr wie ihr Land. « Er lächelte. »Doch Chatworth war ein schlechter Verlierer und hat meine Schwester und Schwägerin gefangengenommen. «
»Raine, wie schrecklich! Aber sie kam König Heinrich dazu… «
»Ich führte gerade eine Abteilung seiner Männer nach Wales, als ich erfuhr, daß Mary gekidnappt wurde. Deshalb kehrte ich um und wollte gegen Chatworth zu Felde ziehen. «
»Mit der Armee des Königs? « fragte sie, und als er nickte, verzog sie das Gesicht. »Also hatte Heinrich einen Grund, dich zum Verräter zu erklären. Bist du deshalb wie ein Bauer angezogen und streifst durch diese traurigen Wälder? «
»Aye«, sagte er, sie ansehend. »Du siehst gut aus, Anne. Es ist lange her, seit wir… «
Da sprang sie von seinem Schoß herunter, stand vor ihm und glättete ihr Kleid, das zu berühren Clarissa sich sehnte. »Du wirst mich nicht noch einmal verführen, Raine Montgomery. Mein | Vater hat versprochen, mir bald einen Ehemann zu besorgen, und ich möchte ihm so keusch wie möglich gegenübertreten. Also verbietet es sich, daß ich mir noch länger deine süßen Worte anhöre. « Als sie sich umdrehte, erblickte sie Clarissa zum erstenmal. »Wer ist dieser Bursche, der uns mit offenem Mund angafft? «
Sofort schloß Clarissa den Mund und blickte von den beiden weg.
»Das ist mein Knappe«, sagte Raine mit einer Stimme, die erfüllt war von Heiterkeit über Annes Bemerkung. »Wenn ich auch in diesem Wald leben muß, so hat das doch seine Annehmlichkeiten. Er arbeitet hart und kann lesen und schreiben. «
»Soweit ich weiß, hat dir das noch niemand in deinen dicken Schädel eintrichtern können«, fauchte sie. »Raine, hör auf, mich so anzusehen! Auch mit deinen Augen wirst du mich nicht erweichen. Nun zu dir, Junge. Wie heißt du? «
»Alexander Blackett. «
»Blackett? « fragte sie. »Wo habe ich diesen Namen schon mal gehört? «
Du hast ihn auf dem Pergament gelesen, das eine Belohnung für meine Ergreifung aussetzte, dachte Clarissa, von Panik ergriffen. Warum hatte sie nicht auch ihren Nachnamen geändert? Nun würde dieses unglückselige Weib sie vor Raine bloßstellen.
»Es ist ein ziemlich gewöhnlicher Name«, sagte Raine wegwerfend. »Alexander, kehre zurück zum Lager und warte dort auf mich. «
»Nein, Junge! « sagte Anne. »Raine, es ist mein Ernst. Ich möchte nicht noch einmal von dir verführt werden, und deshalb bleibt der Junge da. Du solltest mich lieber zu den anderen Jägern zurückbringen. Wenn sie merken, daß ich mich verirrt habe, werden sie nach mir suchen. «
»Ich habe Wächter«, sagte er, faßte sie um die Taille und zog sie zwischen seine Schenkel. »Wir werden so lange ungestört bleiben, wie es nötig ist. Alexander, verlasse uns! «
»Ich möchte, daß dein hübscher kleiner Knappe bei uns bleibt«, erwiderte Anne, stemmte die Hände gegen seine Schultern und schob ihn von sich. »Du lebst schon so lange in diesen Wäldern, daß du möglicherweise Geschmack an hübschen Jungen gefunden hast… «
Sie brachte den Satz nicht zu Ende, weil Raine sie an sich zog und ihr den Mund mit seinen Lippen verschloß.
Clarissa beobachtete die beiden ungeniert. Sie hatte noch nie zwei Menschen gesehen, die sich so küßten, die Köpfe zur Seite geneigt, die Körper aneinander gepreßt. Sie wünschte sich nichts sehnlicher auf der Welt, als an Stelle dieser Frau in Raines Armen zu liegen.
So versunken war sie in diese Szene vor ihr, daß sie sich zunächst nicht bewegte, als der erste Pfeil durch die Luft segelte und nur einen Zoll breit von Raines Bein entfernt landete. Während sie noch gar nicht begriff, was geschah, reagierte Raine sofort und riß mit einer raschen Bewegung Clarissa und Anne auf den Waldoden.
»Sie sind hinter mir her«, sagte Raine gelassen. »Alexander, du bist so klein, daß du im Schutze des Baumstammes bis zu den Bäumen dort drüben kriechen kannst. Versuche, mein Pferd zu erreichen, und hole meine Waffen. «
»Und was ist mit Euch? « flüsterte sie ängstlich, während ein zweiter Pfeil dicht über ihren Köpfen einschlug.
»Ich muß Anne in Sicherheit bringen. Nun führe meinen Befehl aus! « sagte er.
Ohne sich lange zu besinnen, kroch Clarissa auf dem Bauch von ihnen
Weitere Kostenlose Bücher