Claudius Bombarnac
Grunde erschien auch die Abtheilung chinesischer Soldaten, um den Wagen aus den Händen der Perser auf der Station Kaschgar zu übernehmen, und Pan-Chao hatte natürlich von keinem Mandarinen Yen-Lou reden hören können, da es eine hohe Persönlichkeit dieses Namens in China überhaupt nicht gegeben hat.
Wir sind zur vorschriftsmäßigen Stunde abgefahren, und man kann sich vorstellen, wie unsre Reisegefährten kaum von etwas anderm als von den Millionen reden, die ja hinreichen würden, Alle auf dem Zug zu reichen Leuten zu machen.
»Dieser vorgebliche Leichenwagen ist mir immer verdächtig vorgekommen, sagt der Major Noltitz, und aus diesem Grunde befragte ich schon Pan-Chao über den seligen Mandarinen.
– Ja, ich erinnere mich dessen, hab’ ich geantwortet, ich verstand nicht recht, warum Sie diese Frage stellten. Nun wissen wir also bestimmt, daß wir mit einem großen Schatze im Schlepptau dahinfahren ….
– Und, fällt der Major ein, daß die chinesische Regierung sehr wohl daran gethan hat, für diesen eine wohlbewaffnete Wache zu schicken. Von Khotan bis Lan-Tcheu durchfährt der Zug zweitausend Kilometer weit eine reine Wüste, und durch dieses Gobi dürfte die Sicherheit der Bahn so Manches zu wünschen übrig lassen.
– Umsomehr, Herr Major, als der furchtbare Ki-Tsang – nach dem, was Sie mir selbst gesagt haben – wieder in den nördlichen Provinzen Chinas aufgetaucht sein soll.
Lange Reihen von Pferden und Mauleseln, die durch das Wasser waten. (S 181.)
– Ganz recht, Herr Bombarnae, und so ein Fang von fünfzehn Millionen wäre auch für einen großen Straßenräuber ein guter Schlag.
– Wie hätte der Kerl aber von der Ueberführung des kaiserlichen Schatzes etwas erfahren können …
– Leute wie er wissen Alles, was sie zu wissen wünschen!«
Ja freilich, dachte ich, und die lesen noch nicht einmal das »XX. Jahrhundert«!
Und wieder bin ich bei dem Gedanken an meinen Schwabenstreich, der mir noch ein hübsches Donnerwetter von Chincholle einbringen wird.
Inzwischen sprach man auf den Plattformen über die Sache das und jenes.
Der Eine zog es vor, mit Millionen als mit einer Leiche zu reisen, und wenn’s auch die eines Mandarinen erster Classe wäre. Der Andre meinte wieder, daß der Transport einer Anzahl von Millionen für die Sicherheit der Reisenden nicht ohne einige Gefahr sei.
Dieser Ansicht schließt sich auch der Baron Weißschnitzerdörser an, der gegen Popof seinem Unmuthe freie Luft gemacht hat.
»Das mußte bekannt gegeben werden, mein Herr! rief er immer wieder. Jetzt ist es verrathen, daß mit diesem Zuge Millionen befördert werden, und deshalb könnte er leicht einem Ueberfalle ausgesetzt sein …. Ein Ueberfall aber, selbst wenn er zurückgeschlagen wird, veranlaßt Verzögerungen, und Verzögerungen kann ich mir nicht gefallen lassen! … Nein, Herr Zugführer, das kann ich unmöglich!
– Es wird uns Niemand anfallen, Herr Baron, versichert Popof, es denkt ja Keiner daran!
– Wissen Sie das, mein Herr, wissen Sie das so genau?
– O bitte, regen Sie sich nicht auf!
– Das sag’ ich Ihnen, wenn durch irgend etwas der Verkehr hier unterbrochen wird, mach’ ich die Gesellschaft dafür verantwortlich!«
Das versteht sich, hunderttausend Gulden Schadenersatz an den Herrn Baron »Weltreisenden«!
Kehren wir zu den andern Mitfahrenden zurück.
Fulk Ephrjuell hat den ganzen Zwischenfall selbstverständlich nur vom praktischen Gesichtspunkte aus betrachtet.
»Ohne Zweifel, sagt er, ist unser Risico durch Anfügung dieses Wagens mit dem Schatze sehr vergrößert, und im Fall in Folge dessen ein Unglück einträte, würde die Life Travellers Society, bei der ich versichert bin, sich gewiß weigern, für den Schaden einzustehen, für den ja die Groß-Transasiatische Bahn allein verantwortlich ist.
– Ganz richtig, bemerkt Miß Horatia Bluett, doch ihre Lage gegenüber dem Himmlischen Reiche wäre noch weit schwieriger geworden, wenn die Wagen nicht wieder aufgefunden wurden. Meinen Sie nicht auch, Fulk?
– Ja freilich, Horatia!«
Horatia und Fulk – ganz kurz.
Das anglo-amerikanische Paar hatte ganz recht, jener ungeheure Verlust wäre auf Rechnung der Groß- Bahn gekommen, denn der Gesellschaft konnte es nicht unbekannt sein, daß es sich um eine Sendung Gold und kostbarer Edelsteine, und nicht um die todte Hülle des Mandarinen Yen-Lou handelte – und damit hatte sie auch die Haftbarkeit für Alles übernommen.
Das Ehepaar Caterna
Weitere Kostenlose Bücher